Verstohlene Kuesse
tanzte.
»Das haben Sie.« Er blickte zum anderen Ende des überfüllten Ballsaals, in dem Victoria umgeben von einigen teuer gekleideten Matronen stand.
Emma folgte seinem Blick. Victoria trug ein schillerndes Kleid aus silbrigem Satin, das von ebenfalls silbrigen Blumen gesäumt und durch einen passenden Turban komplettiert wurde. Während Emma in ihre Richtung sah, fächerte sie sich mit lässiger Eleganz mit einem hübsch dekorierten silberfarbenen Fächer zu.
»Dieses Kleid steht ihr wirklich hervorragend«, stellte sie fest. »Sie stellt all die anderen Damen in ihrer Umgebung in den Schatten. Ihre Großmutter hat wirklich ein Gespür für Mode, finde ich.«
»Das gebe ich zu.« Edison zog seine Brauen hoch und bedachte den Ausschnitt von Emmas Kleid mit einem bedeutungsvollen Blick. »Ich wusste, dass die Kleider, die Letty für Sie ausgesucht hat, viel zu gewagt waren.«
»Sie dürfen Letty deshalb keine Vorwürfe machen. Sie war wirklich mehr als hilfsbereit. Sie hat genau das getan, worum Sie sie gebeten hatten, obgleich sie noch nicht einmal wusste, worum es eigentlich ging.«
Letty hatte sich in höchstem Maße überrascht gezeigt, als Emma von Victoria in ihr Haus eingeladen worden war. »Wer hätte je gedacht, dass sich das alte, starrsinnige Mädchen je dazu herablassen würde?«, hatte Letty gekichert, als Emma ihr am Nachmittag die Situation erklärt hatte. »Aber das sind wunderbare Neuigkeiten, meine Liebe. Ich kann es kaum erwarten, allen zu erzählen, dass die Kluft zwischen Victoria und ihrem Enkelsohn endlich überwunden ist. Ich sage Ihnen, Sie sind heute Abend auf sämtlichen Soireen und Bällen Gesprächsthema Nummer eins.«
Vergnügt war sie aus dem Haus geschossen, um den neuen Klatsch zu verbreiten, während Emma zu einer Schneiderin verfrachtet worden war, die die Ausschnitte all ihrer Kleider höher gesetzt hatte. Edison hatte sich seiner geheimnisvollen Nachforschungen wegen für den Rest des Nachmittages aus dem Staub gemacht und war gerade rechtzeitig nach Hause gekommen, um Emma und Victoria auf den Broadrickschen Ball zu eskortieren.
»Und was haben Sie jetzt vor, nun, da ich sicher bei Ihrer Großmutter untergekommen bin?«, fragte Emma, während sie weiter im Takt der Musik über das Parkett schwebten.
»Ich habe zwei Detektive angeheuert, die das Haus Tag und Nacht bewachen sollen. Einer von ihnen wird Sie darüber hinaus begleiten, falls Sie ohne mich aus dem Haus gehen.«
»Glauben Sie nicht, dass der Schurke es merken wird, wenn sich die ganze Zeit zwei Detektive in meiner Nähe aufhalten?«
»Sie werden als Stallburschen verkleidet sein.«
»Hmm.« Emma dachte kurz darüber nach. »Und was ist mit Ihnen, Sir? Wie wollen Sie mit Ihren Nachforschungen fortfahren?«
»Nun, da ich jemanden habe, der ein Auge auf Sie hat, werde ich als nächstes den mysteriösen Vanzakämpfer aus der Reserve locken. Sobald ich ihn in den Fingern habe, werde ich ihn dazu bringen, dass er mir den Namen seines Meisters nennt.«
»Sie glauben, dass dieser falsche Vanzameister der Mörder ist, nicht wahr?«
»Ich bin mir noch nicht sicher, aber ich bin der festen Überzeugung, dass er in die ganze Sache verwickelt ist. Wenn ich erst mal erfahren habe, wer er ist, habe ich damit sicher den Schlüssel zur Lösung des gesamten Rätsels in der Hand.«
Emma sah ihn unbehaglich an. »Irgendetwas sagt mir, dass es sicher nicht ganz so einfach werden wird.«
»Ganz im Gegenteil, ich bin sicher, dass alles ganz simpel ist. Die meisten Dinge sind wenig kompliziert, wenn man sie sorgfältig plant und logisch und intelligent zu Werke geht.«
»Und bitte sagen Sie mir doch, was ich machen soll, während Sie dieses gefährliche Spiel mit dem Vanzakämpfer ausfechten.«
»Nichts.«
»Nichts?« Emma runzelte die Stirn. »Aber Sie haben doch gesagt, dass ich Ihnen helfen soll. In der Tat haben Sie mich extra deshalb angestellt. Ich muss darauf bestehen, dass ich meine Pflicht erfüllen darf.«
»Ihre Pflicht besteht darin, sich aus sämtlichen möglichen Schwierigkeiten heraus zu halten«, sagte Edison. »Ich möchte mir nicht auch noch Ihretwegen Sorgen machen müssen, solange ich auf der Suche nach diesem verdammten Vanzakämpfer bin.«
Seine geradezu beiläufige Ablehnung ihrer Hilfe bei den Nachforschungen war zu viel. »Hören Sie, Edison. Ich bin ein Profi, und ich dulde es nicht, wenn man mich behandelt wie ein Gepäckstück, das man in einem Schrank abstellt, bis man es vielleicht mal
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