Verstohlene Kuesse
die Suche nach einer wohlhabenden Witwe oder reichen Erbin begeben«, äußerte Victoria ihre Schlussfolgerung. »Das ist der Weg, auf dem Gentlemen für gewöhnlich ihre Finanzen aufbessern.«
»Eine Witwe wäre mir lieber gewesen als eine reiche Erbin, denn ich wollte nicht verpflichtet sein, mich erst mit dem Vater irgendeiner jungen Dame auseinander zu setzen. Dabei wäre sicher herausgekommen, in welch desolater finanzieller Situation ich mich befand.«
»Also haben Sie Ihre Suche auf Witwen beschränkt, und eine dieser Witwen war Miranda.« Emma musterte ihn reglos.
»Zunächst kam sie mir wie die geeignete Kandidatin vor«, stimmte Basil unbekümmert zu. »Aber ich hatte nicht die Absicht, Opfer von jemandem zu werden, der dasselbe Spielchen spielte wie ich selbst. Natürlich habe ich, wenn auch diskret, genaue Erkundigungen über sie eingeholt.«
»Und sie stellte sich als Abenteurerin heraus«, schloss Victoria.
»Ich wollte sie gerade von meiner Liste streichen, als ich über die Tatsache stolperte, dass sie eine Zeit lang in Italien gelebt hatte und dafür berüchtigt war, ihren weiblichen Bekannten stets einen widerlichen Tee zu servieren, wenn sich die Gelegenheit dazu ergab. Diese Informationen ergaben zusammen mit den Gerüchten über den Diebstahl des Buchs der Geheimnisse und das Feuer in Blues Villa ein höchst interessantes Bild.«
»Ich muss sagen, es war wirklich clever von Miranda, in die Rolle der Lady Ames zu schlüpfen und als Dame von Welt in London aufzutauchen. Offenbar hat sie diesem Farrell Blue genug Wertsachen gestohlen, um zumindest eine Saison durchhalten zu können«, überlegte Victoria.
Basil sah sie mit einem verkniffenen Lächeln an. »Länger auf keinen Fall. Sie musste jemanden finden, der auf das Elixier in der gewünschten Weise reagiert. Ich hielt es für das Beste abzuwarten, bis sie mit ihren Experimenten erfolgreich war. Für mich als Mann wäre es wesentlich schwieriger gewesen als für sie, einer endlosen Reihe argloser Frauen den Tee zu servieren«, erläuterte er.
Emma sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Sie haben Miranda umgebracht, nicht wahr?«
»Auch wenn es Sie sicher überraschen dürfte - ich habe es nicht getan.«
»Sie lügen«, antwortete Emma ihm erbost. »Sie müssen es gewesen sein.«
»Ich gebe zu, dass ich die Absicht hatte, mich ihrer zu entledigen. Also bin ich an jenem Nachmittag zu ihrem Haus gegangen, nachdem ich gehört hatte, dass sämtliche ihrer Angestellten auf dem Markt waren. Ich nahm an, dass sie in Panik ausgebrochen war.«
»Sie wussten, dass sie mir eine Nachricht geschickt hatte?«, fragte Emma ihn.
»Die Person, die ich angeheuert hatte, damit sie ihr Haus beobachtet, hat es mir gesagt. Ich fürchtete, sie hätte die Absicht, Sie in alles einzuweihen und Ihnen vielleicht anzubieten, als ihre Partnerin bei dem Unternehmen einzusteigen. Das konnte ich unmöglich zulassen. Aber als ich dort ankam, war sie bereits tot. Und das Rezept war fort.«
»Das verstehe ich nicht.« Emma starrte ihn verwundert an. »Sie müssen derjenige sein, der sie ermordet hat. Außer Ihnen gibt es niemanden, der ...«
»Natürlich gibt es außer mir noch jemanden, Miss Greyson. Ihren Verlobten.«
»Er hat Miranda nicht getötet.« Emma war ehrlich empört.
»Natürlich hat er das.« Basils Augen glitzerten. »Und darüber hinaus denke ich, dass er auch das Rezept gefunden hat. Schließlich hat er die Bibliothek gründlich durchsucht.«
Es hatte keinen Sinn zu streiten, wusste Emma, sodass sie lediglich fragte: »Und Sie glauben, dass Edison Ihnen das Rezept im Tausch gegen Lady Exbridge und mich aushändigen wird?«
»Genau. Ich glaube, er wird genau das tun. Anders als ich hat er nämlich die Schwäche, dass ihm seine Ehre wirklich wichtig ist.«
Victoria rückte auf dem kleinen, hölzernen Hocker herum. »Sicher gibt Edison mir die Schuld daran, dass ich es diesem widerlichem Basil Ware ermöglicht habe, Sie zu entführen«, sagte sie.
»Ware hat nicht nur mich, sondern uns beide entführt.« Emma prüfte die Festigkeit des Knotens der Fessel, die um ihre Handgelenke lag. »Aber Sie haben vollkommen Recht. Edison wird nicht gerade begeistert sein. Er schätzt es nicht besonders, wenn nicht alles entsprechend seinen Vorstellungen verläuft.«
Am Ende hatte Ware es geradezu erschreckend leicht gehabt, machte sie sich klar. Er hatte zwei seiner Handlanger damit beauftragt, Victorias Kutscher und Pagen eins über den Schädel zu geben,
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