Verstohlene Kuesse
keine besondere Intuition, um zu erkennen, dass sie unglücklich und höchstwahrscheinlich einsam war.
»Ich frage mich -« Plötzlich klang Basil nachdenklich. »Ja?« Emma wandte sich ihm wieder zu. »Was fragen Sie sich?«
»Nichts, wirklich. Vergessen Sie es.«
»Das ist wohl kaum möglich, wenn Sie derart geheimnisvoll tun, Sir. Was hatten Sie sagen wollen?«
»Natürlich geht es mich nichts an, aber, nun ...« Basil stieß einen Seufzer aus. »Vielleicht ist es nur fair, wenn ich Sie warne.«
»Mich warnen? Wovor?«
Er senkte seine Stimme auf ein verschwörerisches Flüstern herab und beugte sich mit ernster Miene vor. »Bitte sehen Sie das, was ich jetzt sage, als Ausdruck der natürlichen Besorgnis eines Freundes an. Aber mit einem Mal kam mir der Gedanke, ob Sie nicht vielleicht als Schachfigur in dem Krieg zwischen den beiden missbraucht werden.«
»Was in aller Welt wollen Sie damit sagen?«
Basil kniff die Augen zusammen. »Vielleicht haben Sie bereits gehört, dass Stokes' Mutter eine Gouvernante war, für die die Affäre mit Wesley den Ruin bedeutet hat.«
»Ja, das habe ich gehört. Aber was hat das mit mir zu tun?«
»Ob es ihr nun gefällt oder nicht, ist Edison Stokes Lady Exbridges einziger Blutsverwandter. Der Abkömmling ihres einzigen Kindes. Er ist ihre einzige Hoffnung auf Fortführung des Familiennamens. Stokes hat es geschafft und sich durch seinen Reichtum eine gewisse Respektabilität erkauft. Seine eigenen Kinder, ihre zukünftigen Urenkel, werden in der Gesellschaft einiges Ansehen genießen. Das weiß sie besser als jeder andere.«
»Und was wollen Sie damit sagen, Sir?«
»Mir kam gerade der Gedanke, dass sicher nichts auf der Welt Lady Exbridge stärker verärgern würde als mit ansehen zu müssen, dass sich Stokes eine Frau sucht, die sie für nicht passend hält. Eine Frau, die obendrein einmal einen sozialen Status hatte, der dem seiner Mutter ähnlich ist. Schließlich wird diese Frau die Mutter ihrer Urenkel.«
Angesichts der unterschwelligen Bedeutung seiner Worte rang Emma fassungslos nach Luft. Allerdings hatte sie sich sofort wieder in der Gewalt. Schließlich, dachte sie, kannte sie den wahren Grund dafür, dass Edison sich offiziell mit ihr verlobt hatte. Er hatte nichts mit Rachegedanken gegenüber seiner Großmutter zu tun.
»Da irren Sie sich, Mr. Ware.«
»Wahrscheinlich«, gab er großmütig zu. »Bitte verzeihen Sie mir. Ich wollte Sie nur davor schützen, dass Sie für irgendwelche hinterhältigen Vorhaben benutzt werden.«
»Ich werde nicht benutzt, Sir.« Zumindest nicht so, wie er sich das vorstellte, fügte Emma stumm hinzu.
»Natürlich nicht.« Basil ließ seinen Blick über den Zuschauerraum schweifen und wandte sich dann einem anderen Thema zu. »Wie ich sehe, ist Miranda mal wieder ganz in ihrem Element. Sie ist wirklich eine sehr zielstrebige Person, finden Sie nicht auch? Und bei ihrem Aussehen ist sie Niederlagen sicher nicht gewohnt.«
Emma wandte ihre Aufmerksamkeit gerade rechtzeitig wieder Mirandas Loge zu, um zu sehen, dass Edison in ihre Richtung sah. Sie meinte, dass er die Stirn runzelte, als er Basil neben ihr ausmachte, aber aus der Entfernung konnte sie es nicht genau erkennen. Noch während sie ihn beobachtete, wandte er sich wieder Miranda zu und antwortete auf etwas, das sie offenbar gesagt hatte.
Er versuchte, das Geheimnis ihrer Vergangenheit zu lüften, erinnerte sie sich.
Aber schließlich beherrscht auch sie die feine Kunst, Menschen Informationen zu entlocken, dachte sie.
»Sie haben vollkommen Recht, Mr. Ware. Lady Ames ist wirklich ein reizendes Geschöpf.« Emma hoffte, ihre Stimme klänge möglichst beiläufig. »Kennen Sie sie schon lange?«
»Nicht wirklich.« Basil zuckte mit den Schultern. »Wir wurden kurz nach Eröffnung der Saison auf einem Fest bei den Connervilles einander vorgestellt. Ich fand sie durchaus amüsant, und so habe ich sie zu meiner Landparty eingeladen.«
»Kannten Sie ihren verstorbenen Gatten?«
»Ich habe den Mann nie gesehen.« Basil setzte ein wissendes Grinsen auf »Aber ich kann mir durchaus vorstellen, woran er gestorben ist.«
»Wie bitte?«
»Lady Ames kann selbst für einen Mann in den besten Jahren etwas anstrengend sein. Wie ich hörte, war ihr Gatte ein älterer Mann. Wahrscheinlich hatte er nicht die geringste Chance. Ich nehme an, dass er an Erschöpfung gestorben ist.«
Emma spürte, dass ihr die Röte in die Wangen schoss. »Ich verstehe.« So viel zu ihrem Talent
Weitere Kostenlose Bücher