Verstohlene Kuesse
als Spionin, dachte sie. Sie räusperte sich und wandte ihre Augen wieder den gegenüberliegenden Balkonen zu.
Sie sah sofort, dass Edison aus Mirandas Loge verschwunden und dass ein anderer Mann an seine Stelle getreten war.
»Tja, ich denke, dann gehe ich mal wieder.« Basil erhob sich abrupt und beugte sich tief über Emmas Hand. »Ihr Verlobter scheint auf dem Weg zurück hierher zu sein. Vielleicht hat es ihn gestört, mich mit Ihnen plaudern zu sehen.«
Sie erkannte an dem zufriedenen Glitzern in seinen Augen, dass Basil ging, weil er meinte, dass er sein Ziel erreicht hatte. Er hatte sich auf ihre Kosten amüsiert. Für ihn war es nichts anderes als ein netter Sport, mit der Frau eines anderen zu flirten, dachte sie. Und heute Abend hatte das Spiel wegen der Anwesenheit von Lady Exbridge zweifellos einen ganz besonderen Reiz für ihn gehabt.
»Bleiben Sie doch noch, Mr. Ware.« Emma sah ihn mit einem kühlen Lächeln an. »Ich bin sicher, dass Edison mit Ihnen zu sprechen wünscht.«
»Ich habe kein Bedürfnis, mich zu einem Duell zu verabreden.« Statt Belustigung drückte sein Blick nun ernste Sorge aus. »Ich hoffe, Sie werden nicht vergessen, was ich auf Ware Castle zu Ihnen gesagt habe, Miss Greyson. Falls Sie jemals in irgendwelchen Schwierigkeiten stecken sollten, wenden Sie sich bitte umgehend an mich.«
»Wirklich, Mr. Ware, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was für Schwierigkeiten das sein sollen.«
»Sie haben mein Versprechen, dass ich dafür sorgen werde, dass Sie nicht ohne Freunde und Einkommen dastehen, wenn Stokes sein Spielchen beendet hat.«
Ehe Emma noch etwas erwidern konnte, hatte sich Basil aus dem Staub gemacht.
Ein paar Minuten später bewegte sich abermals der schwere Vorhang an der Rückwand der Loge, und Edison trat ein. Er nickte den um Letty versammelten Herren zu und nahm neben Emma Platz.
»Was zum Teufel hat Ware hier getrieben?«, fragte er ohne Einleitung.
Emma setzte eine höflich überraschte Miene auf. »Er hat mir ganz einfach seine Aufwartung gemacht.«
»Den Teufel hat er getan. Er ist fest entschlossen, Sie zu verführen. Und er wird sich nicht eher zufrieden geben, als bis dieses Ziel von ihm erreicht worden ist.«
»Wie eigenartig«, murmelte Emma. »Mr. Ware hat mir gerade dieselbe Warnung in Bezug auf Sie und Miranda zuteil werden lassen. Er ist der festen Überzeugung, dass Lady Ames Sie in die Falle locken will und dass sie nicht eher aufgeben wird, als bis sie Sie tatsächlich erobert hat. Ich glaube, er dachte, sie hätte Sie heute Abend zu sich in die Loge gelockt.«
Edison bedachte sie mit einem strengen Seitenblick. »Sie wissen, verdammt noch mal genau, weshalb ich in Mirandas Loge war.«
»Allerdings, das weiß ich, Sir.« Sie setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Und, haben Sie Erfolg gehabt?«
»Nein.« Seine Stimme klang erbost. »Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Frau tatsächlich früher Schauspielerin gewesen ist. Sie hat eine Art, Fragen zu umgehen, ohne dass -«
»Emma, meine Liebe«, zwitscherte Letty von der anderen Logenseite her. »Ich würde gern kurz etwas mit Ihnen besprechen, falls das möglich ist.«
Emma blickte an Edison vorbei in Richtung der Stelle, wo Lady Mayfield umringt von ihren ergrauten Galanen saß. »Ja, Madam?«
»Bickle hier -«, Letty machte eine Pause und bedachte den behäbigen Bickle mit einem liebevollen Blick, »hat mich gerade eingeladen, nach der Vorstellung in seiner Kutsche mitzufahren. Er lädt mich ein auf die Turleysche Soiree. Würde es Ihnen also sehr viel ausmachen, wenn ich Sie für den Rest des Abends der Obhut Ihres charmanten Verlobten überließe?« Sie zwinkerte Edison fröhlich zu. »Ich bin sicher, dass er sich bestens um Sie kümmern wird.«
Emma spannte sich an, ehe ihr ein halb furchtsamer, halb freudiger Schauder über den Rücken rann. Sie und Edison waren nicht mehr allein gewesen, seit Edison vorletzte Nacht aus Lettys Bibliothek gegangen war und ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte, aber sie war sich nicht sicher, ob sie abermals mit ihm allein sein wollte, merkte sie.
Ein Teil von ihr fürchtete sich davor, dass er auf das, was sie den Zwischenfall in der Kutsche nannte, zu sprechen kommen würde, und ein anderer Teil von ihr befürchtete, dass er darüber hinweggehen würde, als wäre nichts geschehen.
Aber was sollte sie schon tun? »Natürlich macht es mir nichts aus. Genießen Sie den Abend, Letty.«
»Oh, das werde ich ganz sicher
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