Verstoßen: Thriller (German Edition)
letzten Mal gesehen?«
Maier holte tief Luft und verdrehte die Augen nach rechts oben. Über Körpersprache hatte er einige Bücher gelesen. Und setzte das Gelernte praktisch um. Dieser Stand der Augen signalisierte Nachdenken.
»Ich glaube, letzte Woche oder so.«
»Geht es ein wenig genauer?«
Maier gab sich alle Mühe, aufrichtig zu wirken, strich sich mit der Hand über den Mund, hob die Arme. »Puh. Keine Ahnung. Letzte Woche Montag? Oder Dienstag? So was in dem Dreh. Warten Sie … Samstag. Wahrscheinlich Samstagvormittag. «
Der Fragensteller machte sich eifrig Notizen.
»Versuchen Sie bitte, sich noch einmal Ihr letztes Gespräch mit Ihrem Nachbarn in Erinnerung zu rufen. Wissen Sie noch, was er zu Ihnen gesagt hat?«
Maier sah den Mann erstaunt an und kratzte sich an der Schläfe. »Er war mit seinem kleinen Sohn hier. Er lebt in Scheidung … ich meine: lebte in Scheidung. Ich weiß noch, dass er mit dem Kleinen in den Efteling-Märchenpark fahren wollte. Und dass er froh war, jedes zweite Wochenende mit dem Knirps verbringen zu können.«
»Das war alles?«
»Mehr oder weniger schon.«
»Ist Ihnen weiter nichts Besonderes aufgefallen? War Ihr Nachbar beispielsweise irgendwie nervös?«
Resolut schüttelte Maier den Kopf. »Nein, absolut nicht. Das hätte ich gesehen. Im Gegenteil, er war ziemlich ausgelassen.«
»Wissen Sie noch, wie er am Samstag gekleidet war?«
Maier brachte die Augen wieder in Nachdenk-Stellung. »Ich habe wirklich keine Ahnung. Normal, Freizeitkleidung, glaube ich.«
»Hatte er eine Freundin?«
»Nicht dass ich wüsste.«
Sie verstanden ihr Fach. Aber sie hatten anscheinend keinen Anhaltspunkt. Vielleicht hatte Sven seiner neuen Wahrheit noch irgendeinen besonderen Dreh gegeben, der es Valerie erschwert hatte, sich einen Reim darauf zu machen.
Er musste ihnen allmählich irgendetwas vor die Füße werfen, sie auf die richtige Spur bringen.
»Wenn Ihr Nachbar so oft hier war, müssten Sie das doch von ihm wissen.«
»Er hat nie was dazu gesagt. Über so was haben wir nicht gesprochen.«
»Sondern worüber?«
»Alltagskram. Wir standen uns nicht besonders nahe. Manchmal hat er von seiner Arbeit erzählt, von irgendwelchen schwierigen Operationen. Dass er darüber nachdachte, seine Wohnung zu kaufen. Oder wir redeten über witzige Fernsehwerbung und so was.«
»Was wissen Sie über die Tierarztpraxis Ihres Nachbarn?«
»Wenig. Manchmal ist er plötzlich wegen irgendwelcher Notfälle auf dem Handy angerufen worden, wenn wir gerade zusammensaßen.«
»Kam das oft vor?«
»Wie meinen Sie?«
»Dass er plötzlich telefonisch weggerufen wurde?«
Die Frage ließ Maier aufhorchen. Er bemühte sich jedoch, sich nichts anmerken zu lassen.
»Mir fällt da plötzlich was ein«, sagte er nachdenklich. Ließ absichtlich eine kurze Pause entstehen.
Die Männer beugten sich ein Stück nach vorne.
»Einmal hat er, als er gerade hier war, einen Anruf bekommen, der ihn ziemlich aus der Fassung brachte. Es war nur ein kurzes Gespräch, aber das Komische war, dass er plötzlich französisch redete. Es hatte irgendwas mit Pferden zu tun.«
Der Hinweis verfehlte seine Wirkung nicht. Wie Enterhaken schlugen sich die Blicke in ihn und versuchten, sein Inneres nach außen zu kehren. Jetzt kam es nur noch darauf an, Zurückhaltung zu üben, vage zu bleiben. Sonst ließen sie ihn vom heutigen Tage an keine Sekunde mehr in Ruhe.
»Könnten Sie das etwas genauer erläutern?«
Maier hob erneut die Hände. »Ich kann mich nicht genau dran erinnern, mein Französisch ist nicht besonders gut. Ich weiß auch nicht, ob es was damit zu tun hat, aber … ich fragte mich halt, warum er Französisch sprach. Soweit ich weiß, hatte er keine Verwandten oder Freunde in Frankreich. Also hab ich gefragt, worum es ging, nur so aus Interesse. Er sagte irgendwas von wegen, sie könnten ihm gestohlen bleiben, und als ich nachfragte, wollte er nicht weiter darauf eingehen.«
»Und es hatte etwas mit Pferden zu tun, sagten Sie?«
»Ja. Wie gesagt, mein Französisch ist nicht besonders gut, aber ich kenne das Wort cheval , und das kam in dem Gespräch öfters vor, das weiß ich noch. Ich hab dann aber nicht nachgefragt. «
»Wann war das?«, fragte der Ermittler rasch.
»Ich glaube … vor etwa zwei Wochen. Aber nageln Sie mich nicht drauf fest.«
»Abends, mittags?«
»Abends. Ziemlich spät. Gegen elf oder so.«
»Und was hat Ihr Nachbar im Anschluss an dieses Telefonat gemacht?«
»Nichts, er
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