Verstrickung des Herzens
immer wieder, ob der Krieg jemals enden würde.
»General!« Durch das hohe Gras des einst so schönen, gepflegten Rasens, der sich vor dem ausgebrannten Plantagenhaus erstreckte, eilte John zu ihm, ein junger Adjutant, und salutierte hastig. Hernandez erwiderte den Gruß. »Als wir dem Neger folgten, fanden wir das Indianerlager, Sir. Wahrscheinlich wird uns der Angriff keine Mühe bereiten.«
»Ah.« Hernandez nickte. Wenn die Seminolen nicht unter den Attacken der Weißen litten, mußten sie sich mit rebellischen Negern herumschlagen. In dieser Nacht war der Army-Trupp hierhergekommen, weil ein schwarzer Diener des Mikasuki-Häuptlings Philip des beschwerlichen Indianerlebens müde geworden war. Ständig mußten sie fliehen, in immer armseligeren Schlupfwinkeln unterkriechen, und sie konnten ihre Familien und Dienstboten kaum noch ernähren.
Philips einstiger Diener hatte versprochen, die Weißen zum Lager des Häuptlings zu führen, und Wort gehalten.
»Sir?« fragte John, und Hernandez seufzte tief auf.
»Geben Sie den Männern Bescheid. Wir umzingeln das Lager, beobachten den Feind und greifen im ersten Tageslicht an.«
»Ja, Sir.«
Um Mitternacht umstellte Hernandez das Indianerlager an drei Seiten mit Freiwilligen. Seine Regulären blieben auf den Pferden sitzen — bereit, im Morgengrauen loszupreschen.
Kein Hund bellte, kein Wachposten wanderte umher. In der Tiefe des Laubwalds schliefen die Indianer unbewacht, obwohl sie sich damit tödlichen Gefahren aussetzten.
Sobald das rosige Licht des neuen Tages am Horizont erschien, gab Hernandez den Befehl zum Angriff. Ein Kampf fand nicht statt, kein einziger Indianer starb, nur einer entkam, die restlichen wurden gefangengenommen. Von der blitzschnellen Attacke überrumpelt, hatten die Seminolen gar keine Gelegenheit gefunden, sich zu wehren.
»Oh, Seine königliche Hoheit!« rief ein Soldat und lachte schallend.
Beim Anblick des kleinen, nur mit einem Lendenschurz bekleideten Indianers, der seinen Kopf voller Stolz in den Nacken warf, mußte auch Hernandez lächeln. »Häuptling Philip?«
Der Seminole nickte. An seiner Seite stand ein Dolmetscher, aber der mico hatte seinen Namen offensichtlich verstanden.
»Nun sind Sie mein Gefangener, Sir. Rufen Sie Ihre Anhänger zusammen und verhandeln Sie mit uns.«
Der Dolmetscher wiederholte die Worte, und Philip starrte den General an. Dann sprach er mit einem seiner Männer.
»Philip wird Boten entsenden und seine Verbündeten holen lassen«, erklärte der Dolmetscher.
»Sagen Sie ihm, ich will auch mit seinem Sohn Coacoochee reden, den Weißen unter dem Namen Wildcat bekannt.«
Nun schien Philip zu lächeln und wandte sich wieder an seine Krieger.
»Was hat er gesagt?« fragte Hernandez.
»Daß er nach Wildcat schicken wird, Sir. Und die weißen Männer sollen sich in acht nehmen.
Man kann nie wissen, welche Kreatur erscheinen wird, wenn man eine Wildkatze ruft.«
Grinsend nickte der General dem Häuptling zu und ging davon.
Noch war die Nacht nicht vorbei. Ein Gefangener namens Tomoka Jon hatte versprochen, den Trupp zu einem anderen Indianerlager zu führen. Nachdenklich starrte Hernandez vor sich hin. Er müßte stolz sein, weil er Philip festgenommen hatte, einen so bedeutsamen Feind. Je mehr Häuptlinge unschädlich gemacht wurden, desto eher würden die Weißen den Widerstand der Seminolen brechen.
Aber er empfand keine Freude und fühlte sich nur müde. Würde man die Wildkatzen und übrigen Waldbewohner jemals zähmen können? Das bezweifelte er.
Wieviel Blut mochte noch fließen, ehe die amerikanische Regierung zu dieser Erkenntnis gelangen würde?
20
Auf seltsame Weise verstrichen die Tage, so als wäre die Zeit in der Tiefe des Waldes, am Flußufer, irgendwie stehengeblieben. Das stimmte natürlich nicht. Teela und James wußten, daß jenseits ihrer Idylle der Krieg weitertobte. Aber vorerst noch in weiter Ferne.
Anfangs wirkte er bedrückt und versuchte ihr klarzumachen, sie sei nicht für das Leben in der Wildnis geschaffen. Wenn er betonte, es gebe nichts zu essen, erwiderte sie gleichmütig, sie sei nicht hungrig. Er sammelte Wurzeln und zeigte ihr, wie man sie zermahlen mußte.
Immer wieder verkündete er, die Seminolinnen würden ihren Männern dienen, und sie entgegnete, sie sei keine Seminolin.
Zweimal wurde ihr am Morgen übel. Sie versuchte es zu verbergen. Aber er merkte es. Damit sie sich stärken konnte, pflückte er Beeren, holte Kartoffeln von einer verlassenen
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