Versuchung Pur
hochgeschlossenen Kragen und den langen Manschetten war an Schlichtheit kaum zu übertreffen, aber Dottie gestand zu, dass die Trägerin ihr Eleganz verlieh. »Dem Himmel sei Dank, dass du deinen Stil nicht verloren hast.«
Lachend drückte Eden einen zweiten Kuss auf Dotties Wange. »Du hast mir gefehlt. Ich bin froh, dass du gekommen bist.«
»Wirklich?« Diskret wie immer, führte Dottie sie zur Tür. »Ich hatte den Eindruck, dass du nicht unbedingt begeistert warst, mich hier zu sehen.« Sie ließ die Fliegentür ins Schloss schlagen, als sie auf die Terrasse hinaustraten. »Vor allem nicht die Überraschung, die ich mitgebracht habe.«
»Doch! Ich freu mich wirklich, dich hier zu sehen!«
»Aber nicht Eric.«
Eden lehnte sich an das Verandageländer. »Hattest du das erwartet?«
»Ja.« Dottie seufzte und strich sich über die Spitze. »Davon war ich eigentlich sogar fest ausgegangen. Und dann dauerte es keine fünf Minuten, bevor mir klar wurde, was für einen kapitalen Fehler ich gemacht habe. Liebes, ich hoffe, du weißt, dass ich nur helfen wollte.«
»Natürlich weiß ich das, und dafür liebe ich dich umso mehr.«
»Was immer zwischen euch schiefgelaufen ist – ich dachte, die Zeit hätte die Wunden geheilt.« Gedankenverloren bot Dottie Boo Boo den Rest ihres Kartoffelchips. »Um ehrlich zu sein … Nach allem, was Eric mir erzählt hat, war ich überzeugt, ich würde dir praktisch das Leben retten.«
»Kann ich mir vorstellen«, murmelte Eden.
»So viel also zu den großen Gesten.« Dottie lockerte ihre Schultern, dass der Rubin blinkte. »Du hast mir nie erzählt, wieso ihr beide die Hochzeit abgesagt habt, Eden. Das kam alles so plötzlich.«
Eden öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Es gab keinen Grund, die Tante nach all den Monaten zu verletzen und aufzuregen. Wenn sie jetzt davon anfing, dann würde es aussehen wie Rache – oder noch schlimmer: wie Selbstmitleid. Eric war beides nicht wert. »Uns wurde einfach klar, dass wir nicht zusammenpassen.«
»Ich hatte eigentlich immer einen anderen Eindruck.« Ein Schwall lauter Musik und Gelächter drang nach draußen, Dottie wandte den Kopf zur Tür. »Eric scheint das auch anders zu sehen. In den letzten Wochen hat er mich mehrere Male aufgesucht.«
Eden strich sich das Haar aus der Stirn und ging zum Ende der Veranda. Vielleicht hatte Eric ja inzwischen festgestellt, dass der Name Carlbough sein Ansehen doch nicht gänzlich verloren hatte. Sie war kein zynischer Mensch, aber das schien die einzig logische Erklärung zu sein. Ihm musste auch klar geworden sein, dass sie eines Tages, wenn sie geerbt hatte, wieder reich sein könnte. Sie schluckte die Bitterkeit hinunter und drehte sich zu ihrer Tante um.
»Er täuscht sich, Tante Dottie. Bitte glaub mir, wenn ich sage, dass er keine echten Gefühle für mich hat. Vielleicht glaubt er das«, fügte sie hastig hinzu, als sie die tiefe Falte auf der Stirn ihrer Tante sah. »Ich würde es eher Gewohnheit nennen.«
Mit ausgestreckten Armen kam sie auf Dottie zu und nahm ihre Hände. »Ich habe Eric nie wirklich geliebt. Es hat einige Zeit gedauert, bevor mir klar wurde, dass ich ihn aus all den falschen Gründen geheiratet hätte – weil es erwartet wurde, weil es der leichteste Weg gewesen wäre. Und …«, sie holte tief Luft, »… weil ich fälschlicherweise annahm, Eric wäre wie Dad.«
»Oh, Liebes.«
»Das war mein größter Fehler, und somit ist es eigentlich meine Schuld.« Jetzt, da sie es laut ausgesprochen hatte, konnte sie es auch akzeptieren. »Ich habe jeden Mann, mit dem ich je ausgegangen bin, mit Dad verglichen. Weil er der liebevollste und herzlichste Mann war, den ich gekannt habe. Doch obwohl ich ihn geliebt und bewundert habe, war es falsch von mir, andere Männer an ihm zu messen.«
»Wir alle haben ihn geliebt, Eden.« Dottie zog Eden in ihre Arme. »Er war ein guter Mann, ein gütiger Mann. Sicher, er war ein Spieler, der das Risiko liebte, aber …«
»Mir macht es nichts aus, dass er ein Spieler war.« Als Eden sich aus der Umarmung löste, konnte sie sogar lächeln. »Ich weiß, dass er, wäre er nicht so plötzlich gestorben, wieder nach ganz oben gekommen wäre. Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig, Tante Dottie. Denn auch ich bin ein Spieler.« Sie drehte sich und zeigte auf das gesamte Camp. »Ich habe gelernt, selbst etwas zu riskieren.«
»Wie ähnlich du ihm doch bist.« Dottie musste ein Taschentuch aus ihrer Handtasche hervorholen. »Als du
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