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Versuchung

Versuchung

Titel: Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Maibach
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zischte ein Junge leise, andere
nickten und kicherten.
      Mir war sofort
klar, dass er es nicht leicht haben würde. Die anderen hatten ihn schon jetzt auf
dem Kieker, vielleicht weil sie spürten, dass er anders war und nicht zu ihnen
gehörte. Es schien ihm jedoch nichts auszumachen. Er ging vollkommen ruhig auf
den freien Platz zu und setzte sich.
      Ich hörte das
Klingeln einer Schulglocke und folgte mit meinem Blick den Schülermassen, die
auf den Hof rannten. Devil saß etwas abseits der anderen Kinder an einen Baum gelehnt
und las ein Buch. Es dauerte nicht lange, bis die ersten Jungen auf ihn
zukamen. Ich erkannte den, der zuvor im Unterricht die Bemerkung über ihn
gemacht hatte. Er trug einen Fußball unterm Arm und blickte ihn finster an.
      „Hey, du“, rief er
Devil zu und kickte mit seinem Schuh Dreck nach ihm.
      Dieser sah kurz
auf, ignorierte die Gruppe dann aber wieder. Es war erstaunlich, wie gelassen
er war, als interessiere ihn das alles gar nicht.
      „Neuer, wir reden
mit dir, klar?!“
      „Los, verpiss dich,
wir wollen hier spielen.“
      Noch immer hörte er
ihnen nicht zu, was sie erst recht wütend zu machen schien. Ich sah einige
Meter entfernt einen kleinen Fußballplatz. Es ging ihnen also gar nicht wirklich
um das Spielen, sondern vielmehr darum, ihn zu ärgern.
      „Verfluchter
Pisser, du sollst aufstehen!“, schrie ihn ein anderer wütend an und kickte ihm mit
einem Tritt das Buch aus der Hand. Devil schaute auf und sah seine Mitschüler
mit kühlem Blick an. Er erhob sich wortlos, ging zu seinem Buch, das im Dreck
lag, und bückte sich danach.
      „Du hörst wohl
schlecht?“, schrie der Mitschüler ihn an und packte ihn am Kragen. „Wir wollen
hier spielen!“
      Da legte Devil den
Kopf schief und seine Augen glühten ganz kurz gefährlich auf. Erschrocken wich
der Junge einen Schritt zurück, besann sich dann aber wieder und ging erneut
auf ihn los.
      Endlich ergriff
Devil das Wort: „Ich habe schon verstanden. Ihr wollt spielen. Na, dann wollen
wir mal.“
      Sein Gesicht nahm
einen seltsam gefährlichen Ausdruck an, weshalb die Kinder alle ein Stück
zurückwichen. Er streckte seinen Arm nach vorn und ballte seine Hand mit
solcher Kraft zur Faust, als habe er etwas darin, das er zerquetschen wollte. Der
Kerl, der ihn zuvor angegriffen hatte, begann mit einem Mal zu würgen und zu
ächzen. Er bekam offenbar keine Luft mehr. Langsam hob Devil die Hand und der
Körper des Jungen folgte, sodass er in die Höhe gezogen wurde und seine Füße im
Leeren zappelten. Der Junge war inzwischen vollkommen panisch, machte gurgelnde
Geräusche und strampelte verzweifelt mit den Beinen, während seine Freunde nur wie
erstarrt danebenstanden. Nun ließ Devil die Hand sinken und der Junge krachte zu
Boden, wo er zunächst einige Male hustete, dann aufstand und zusammen mit den
anderen panisch davonrannte.
      Devil kehrte zu dem
Baum zurück, setzte sich und las in seinem Buch weiter, als sei nichts
geschehen.
      Ich war zunächst
ein wenig verwundert, dass er in Morbus über seine magischen Kräfte verfügen
konnte. Immerhin war dies uns Hexen, bis auf die Radrym und Mitglieder der
Regierung, nicht möglich. Allerdings lag dies natürlich an einem Zauber und der
schien keine Gewalt über Dämonen zu haben.
      „Du kannst dir
sicherlich vorstellen, dass diese Geschichte nicht gut für ihn ausgegangen
ist“, wandte sich Alron an mich. „Er wurde noch am selben Tag von der Schule verwiesen.
Die Würgemale am Hals des Jungen waren allzu deutlich zu sehen. Lilith wurde
gebeten, ihren Sohn abzuholen, und musste sich so einiges über ihr gewalttätiges
Kind anhören. Die beiden sind daraufhin erneut untergetaucht und in eine andere
Stadt gezogen, doch es war weiterhin schwer. Immer wieder mussten sie
verschwinden, sich verstecken und neu anfangen, sei es wegen ähnlicher
Vorkomnissenoder weil sie die Befürchtung
hatten, dass Chamus ihnen auf der Spur war. Es dauerte jedenfalls sehr lange,
bis Devil sich dem Verhalten um sich herum angepasst hatte und seine
eigentliche Kraft so weit unterdrücken konnte, dass er nicht mehr auffiel.“
      Ich nickte. Er
hatte also seine dämonische Kraft, sein wahres Wesen von sich weggeschoben,
unterdrückt und abgespalten. Das musste ein sehr langer und äußerst schwerer
Prozess gewesen sein. Er hatte sich immer wieder so sehr verändern müssen, bis
er von seiner Außenwelt endlich akzeptiert wurde.
      Ich dachte an
unsere gemeinsame

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