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Versuchung

Versuchung

Titel: Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Maibach
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warme Sonne über uns.
      „Schlecht
geschlafen?“, hörte ich Marid neben mir fragen.
      Ich schüttelte den
Kopf. „Nein, ich hab eigentlich ganz gut geschlafen.“
      Er grinste breit
und zwinkerte mir verschwörerisch zu.   
      „Dafür siehst du
aber ziemlich geschafft aus. Vielleicht solltest du früher schlafen gehen und
dir nicht die halbe Nacht um die Ohren schlagen.“
      Ich sah ihn fragend
an. Was meinte er damit? Hatte er uns gestern Abend gesehen oder gar belauscht?
      „Du brauchst deinen
Schlaf. Immerhin wird es heute bestimmt wieder recht anstrengend.“
      Ich wurde aus
diesem Kerl einfach nicht schlau, doch seine Worte hatten mich gewarnt. Wir
mussten wirklich vorsichtiger sein.
      „Und? Was ist unser
nächstes Reiseziel?“, fragte er in die Runde.
      „Das geht dich wohl
kaum etwas an“, zischte Banshee wütend.
      Devil achtete nicht
auf die beiden, sondern sah mich an.   
      „Wollen wir wieder
etwas schneller gehen?“
      Ich nickte und kaum
hatte ich die Arme um ihn gelegt, rannte er auch schon los. Wieder sauste die
Umgebung an mir vorbei, während ich meine Gedanken schweifen ließ. Noch immer
kamen die Bilder in mir hoch, die ich während der Geistreise gesehen hatte. Ich
dachte an Marids Vater. Inzwischen war ich mir sicher, dass er der Mann auf dem
Pferd gewesen war … der, dessen Bauch bei Liliths und Devils Flucht aufgeschlitzt
worden war. Während der Geistreise war es mir nicht sofort klar gewesen, doch die
beiden hatten große Ähnlichkeit miteinander. Dieselben Augen, die gleiche
Haarfarbe und eine nahezu identische Ausstrahlung. Sein totes Gesicht tauchte
erneut in meiner Erinnerung auf und ich versuchte, es von mir zu schieben. Es
musste schrecklich für Marid gewesen sein, vom Tod seines Vaters zu erfahren.
Ich verstand seine Enttäuschung und in gewisser Weise sogar die Wut, die er empfand.
Aber wieso verstand er nicht, dass Devil keinerlei Schuld am Tod seines Vaters
trug. Immerhin hatte seine Mutter ihn mit einem Zauber belegt, der ihn hatte
schlafen lassen, und er war nie freiwillig geflohen. Vielleicht würde es doch
helfen, mal mit ihm darüber zu sprechen … wenn ich ihm beichten würde, was ich
alles gesehen hatte und inzwischen wusste. Ich seufzte leise. Es hatte
wahrscheinlich wenig Sinn, aber ich musste es zumindest versuchen.
      „Geht es noch oder
sollen wir besser eine Pause machen?“, unterbrach Devil meine Gedanken.
      Ich spürte
inzwischen jeden einzelnen meiner Muskeln und sehnte mich danach, wieder festen
Boden unter den Füßen zu haben. Doch ich wollte versuchen, noch etwas länger
auszuhalten
      „Ein bisschen
schaffe ich noch“, erwiderte ich darum.
      „Wir kommen auch bald
an einen Fluss. Dort machen wir erst mal Rast.“
      Ich war froh über
diese Nachricht und in der Tat konnte ich ihn schon wenig später vor uns
erkennen. Er war recht breit und hatte eine starke Strömung. Devil ließ mich herab
und füllte am Wasser unsere Trinkflaschen. Banshee setzte sich ans Ufer, ließ
sich ins Gras fallen und seufzte erleichtert.
      „Es ist echt schön hier“,
verkündete sie, während der Wind mit ihrem Haar spielte und über die Gräser
strich.
      „Findest du?“,
fragte Marid verächtlich und rümpfte die Nase. „Es gibt wesentlich hübschere
Orte.“
      „Du bist immer nur
am Meckern“, erwiderte sie. Plötzlich wandte sie sich um und schaute Richtung
Wald.
      „Da kommt jemand.“
      Marid zog vorsichtshalber
sein Schwert.
      Keine Sekunde
später kam eine Gestalt aus dem Dickicht auf uns zu. Es war ein junger Mann,
groß gewachsen, schlank und mit blondem Haar. Er trug schwere Stiefel und einen
langen Mantel. Mir fielen sofort seine unglaublich stahlblauen Augen auf, in
deren Mitte ich eine sichelförmige Pupille erblickte.
      „Widerlich!“ Marid spuckte
verächtlich auf den Boden. „Ein Vampir.“
      Hatte ich gerade
richtig gehört?! Vampir? Ich sah ihn erneut an. Auch wenn ich seit knapp zwei
Jahren nur zu gut wusste, dass es Dämonen und Hexen gab – denn schließlich war
ich ja selbst eine –, so hatte ich mir tatsächlich nie überlegt, dass es auch
Vampire geben konnte. Und wenn, hätte ich sie mir ganz anders vorgestellt.
      „Was willst du
Abschaum hier?“, brüllte Marid und verzog wütend das Gesicht.
      „Ignorier ihn einfach“,
erklärte Devil lächelnd und reichte dem Mann die Hand. „Lange nicht gesehen,
Veron. Wie geht’s?“
      Der Fremde schaute
ihn freundlich an und

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