Versuchung
dennoch war es mir vollkommen ernst damit. Ich würde ihn um
jeden Preis beschützen. Bei diesem Gedanken hellte sich mein Gesicht auf,
während ich ihn ansah.
„Schön, dass du
wieder lächeln kannst.“
Sein Blick war
sanft, aber zugleich so intensiv, dass er bis in meine Seele drang und meine
Knochen zu schmelzen drohte. Ich versuchte mich zu erinnern, wann wir zuletzt
so nah beieinander gewesen waren. Ich fühlte seine Wärme, nahm seinen
unvergleichlichen Duft wahr und wäre nur zu gern in seine Arme gesunken. Er
beugte sich zu mir und küsste mich sanft auf die Stirn, nur um mich danach wieder
mit diesen unglaublichen Augen anzusehen.
„Ich hoffe, du
kannst jetzt einigermaßen schlafen. Mach dir bitte nicht zu viele Gedanken.“
„Danke, dass du so
offen zu mir warst.“
„Ich habe es dir doch
versprochen.“
Er lächelte, stand
auf, ging zur Tür und sah mich noch ein letztes Mal an, bevor er mich mit
bebendem Herzen zurückließ.
Laute, dröhnende
Schritte waren zu hören, die durch die Halle eilten und zielstrebig auf den
kleinen, steinernen Tisch zuhasteten, auf dem mehrere Apparaturen, kleine
Flakons und Flaschen standen.
Chamus Velmont nahm
eine schwarze Schale in die Hand und füllte den Inhalt einer Phiole hinein.
Seine dunklen Augen blickten in die Flüssigkeit, die allmählich Kreise zu
ziehen begann, die sich nach und nach zu einem Strudel verstärkten. Es war an
der Zeit, dass er sich erneut mit seiner Kontaktperson in Verbindung setzte. Er
berührte mit einem Finger die Oberfläche des Tranks und spürte, wie sich die
Hitze in ihm ausbreitete. Ganz langsam drangen die zähen Gedanken zu ihm durch.
Sie hatte also noch nichts herausfinden können. Zumindest nichts, was er nicht
bereits wusste.
Er fluchte
innerlich und lauschte den Worten, die durch seinen Kopf hallten und ihn über
die letzten Tage informierten. Wut durchzuckte ihn. Devil befand sich also in
Laconia und hatte noch immer diese kleine Hexe im Schlepptau. Wie sehr er
seinen Sohn verabscheute! Bräuchte er ihn nicht so dringend, hätte er ihn schon
längst getötet. Hin und wieder hatte er sogar bezweifelt, dass diese Macht all
die Probleme wert war. Er hatte dafür schon so viel in Kauf nehmen müssen: die
lange und schwierige Suche nach dem Kristall; die ständige Vorsicht vor den
Feinden, die seinen Sohn ebenfalls in die Hände bekommen wollten, und vor der
drohenden Gefahr aus den eigenen Reihen. So hatte beispielsweise seine widerspenstige
Frau ständig irgendwelche Ränke hinter seinem Rücken geschmiedet und sogar
Devil entführt … Wenn er nur an Lilith dachte, durchfuhr ihn der Hass wie ein
siedend heißes Messer. Dieses Weib war noch nie für etwas gut gewesen.
Ungehorsam, durchtrieben und nicht einzuschüchtern. Letztendlich hätte sie
beinahe alles zerstört. Doch sein Sohn war zurückgekehrt.
Er lauschte den
folgenden Worten und konnte es kaum fassen. Seine Hände spannten sich so fest um
die Schale, dass sie zu zerbrechen drohte. Devil war tatsächlich zu dieser Hexe
aufs Zimmer gegangen und hatte ihr aus seiner Vergangenheit erzählt. Die beiden
schien doch weitaus mehr zu verbinden, als er bisher angenommen hatte. Konnte
sein Sohn wirklich so tief sinken, dass er sich auf eine Hexe einließ?! Ekel,
Abscheu und Wut durchzuckten ihn. Es wurde Zeit, er durfte und konnte nicht
mehr länger warten. Alles, was zählte, war, sein Vorhaben in die Tat
umzusetzen. Er gab der Kontaktperson neue Befehle. Sollte sie es auf eine
andere Weise versuchen, um an die alles entscheidende Information zu gelangen.
Seine Hand schloss
sich wieder fester um das Gefäß. Sie würde ihren Auftrag erfüllen müssen, dies
bläute er ihr nochmals ein.
Er lächelte, als er
die Antwort erhielt. Das waren gute Aussichten. Möglicherweise konnte es auf
diese Art funktionieren. Chamus nickte zufrieden. Wie es aussah, hatte er wohl
doch die richtige Wahl getroffen. Bald würde er sein Ziel erreichen, es war fast
zum Greifen nahe. Die absolute Macht lag vor ihm. Nur noch wenige Schritte,
dann würde er seinen Sohn endlich töten können …
Wir waren bereits am
nächsten Morgen aufgebrochen, um Laconia zu verlassen. Ich wäre gern länger
geblieben und sah deshalb noch einmal voller Sehnsucht zu den Stadttoren
zurück. Es war so aufregend gewesen, endlich einmal wieder unter Leuten zu
sein, Sachen einkaufen zu können und in einem richtigen Bett zu schlafen. Ich
gähnte müde und blinzelte in die
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