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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Wir würden uns wiedersehen. Krystyna ahnte das, denn sie drückte noch einmal ungeduldig auf den Knopf, als ob sie ihrem Gefängnis dadurch schneller entkäme.
    »Wie ist er gestorben?«
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Meine Mutter und er waren befreundet. Ich will keine Lügen hören.«
    Der Aufzug hielt. Wir waren im dritten Stock. Krystyna ging voraus und suchte aus einem Schlüsselbund den richtigen heraus. Eine ältere Dame begegnete uns, frisch wie der Morgen, im Sportanzug und mit einem Handtuch um die Schultern.
    »Guten Tag, Frau Reichert. Wieder zum Yoga?«
    »Guten Tag, Christina. Ja, die alten Knochen. Wo ist denn Hanni?«
    »Sie wird schon im Speisesaal sein. Einen schönen Tag noch, Frau Reichert.«
    »Ihnen auch, Christina!«
    Frau Reichert erwischte gerade noch unseren Fahrstuhl.
    »Wir bieten Yoga, Entspannungskurse, aber auch Zirkeltraining und Schwimmen an. Haben Sie unseren Pool schon gesehen?«, fragte die Pflegerin und öffnete die Tür.
    »Nein.«
    Ich betrat einen geräumigen, hellen Raum, ungefähr so individuell wie ein Hotelzimmer. Hochwertiger Teppichboden, Chenillevorhänge, geschmackvolle Sitzecke, ein tipptopp gemachtes extra hohes Bett in einer abgeteilten Schlafecke. Die Küchenzeile mochte ebenfalls teuer gewesen sein, war allerdings höchstens zur Zubereitung von Rühreiern geeignet. Die Frau trat an eine Verbindungstür und öffnete sie.
    »Sie können auch zwei Räume nutzen. Vor allem Eheleute schätzen es, ihr eigenes Reich zu haben.«
    Nichts da. Wenn meine Mutter und Hüthchen bereits seit längerer Zeit in einem Zimmer schliefen, konnten sie das hier auch.
    Krystyna schloss die Tür wieder, ging zum Bett und strich über die Decke. »Das ist unser Apartment Typ A, geeignet für ein bis zwei Personen. Allerdings, für zwei wäre es wie gesagt auf Dauer doch etwas eng. Typ B hat insgesamt fünfundvierzig Quadratmeter …«
    »Wie ist er gestorben?«
    Sie klopfte das Kissen auf.
    »Krystyna. Es ist wichtig. Bitte. Seien Sie barmherzig.«
    Barmherzigkeit war ein großartiges Argument, um die Schmach zu vergessen, soeben fünfzig Euro angenommen zu haben.
    Sie seufzte. »Er hatte Parkinson.« Sie sah mich nicht an. »Wahrscheinlich wurde die Krankheit zu spät festgestellt. Er hat sehr gut auf die Medikamente reagiert. Aber niemand hat etwas von seinen Schluckbeschwerden mitbekommen.«
    »Also ist er erstickt? Hier?«
    Das warf kein gutes Licht auf das Haus Emeritia.
    »Das darf ich nicht sagen. Niemandem.«
    Ich nahm Krystyna das Kissen weg. Sie zitterte. Plötzlich stiegen ihr Tränen in die Augen.
    »Haben Sie ihn gut gekannt?«
    Sie nickte schnell und zog ein Taschentuch hervor, mit dem sie sich über die Augen wischte. »Er war ein Herr. Ein guter Mensch.« Jetzt liefen die Tränen richtig. »Er mochte Schokolade. Und Kekse. Am liebsten beides zusammen.«
    Die Lust auf etwas Süßes. Das Einzige, was er seinem Sohn weitervererbt hatte.
    »Ich … ich habe sie ihm gekauft.«
    Sie ließ sich in einen Sessel fallen. Ihre Schultern bebten. Sie nahm sich den Vorfall richtig zu Herzen, und das rührte mich.
    »Er hat sie nachts gegessen, und dabei ist es dann passiert.« Ihre hellen Augen, eine Mischung aus Grün und Blau, blickten mich verzweifelt an. »Er hat noch versucht zu klingeln. Die … diese Krankheit ist tückisch. Die Bewegungsabläufe sind … eingeschränkt. Er hat den Knopf nicht drücken können.« Wieder schluchzte sie auf. »Er hätte die Kekse nicht essen dürfen.«
    Ich nickte. Sie fühlte sich schuldig und war sichtlich getroffen.
    »Ich habe ihn gefunden, aber da war es schon zu spät. Deshalb, bitte, sagen Sie Ihrer Frau Mutter nicht, was geschehen ist. Sagen Sie ihr, er ist eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht.«
    Genau das würde ich nicht tun.
    »Und seine Sachen?«
    Sie knüllte das Tuch zusammen und steckte es weg. »Das geht zu weit.«
    Ich beanspruchte noch einmal alle Fantasie, zu der ich fähig war. »Meine Mutter hat ihm vor langer Zeit ein besticktes Schnupftuch geschenkt. Vielleicht hat er es aufgehoben?«
    Krystyna dachte nach, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein. Kein Tuch. Es tut mir leid. Es ist immer so schwer, wenn man die Menschen kennenlernt und sie dann sterben. Entschuldigen Sie bitte.«
    Sie stand auf und ging ins Badezimmer, das neben der Küchenzeile lag. Ich hörte, wie Wasser rauschte.
    Der zweite rätselhafte Todesfall. Ich ließ Krystyna allein. Mehr würde ich nicht erfahren. Den Rest musste ich anderen

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