Versunkene Inseln
der Gezeiten an meiner Körperflüssigkeit zerrte. Und plötzlich war ich nicht mehr die Andersartige, die Zielscheibe des makabren Streiches, den mir die Sterblichkeit spielte. Ich wogte als ein Teil des Ozeans, tauchte tief hinein, verschmolz mit der Erde, wurde eins mit dem Wechsel der Jahreszeiten und den Phasen des Mondes. Ich, mein Selbst, Tia, Körper und Geist, der Schöpfer und das Erschaffene, der Wein und seine Flasche, der Tempel und das Portal. Schönheit. Freude. Frieden. Lachen.
Als wir die Reise des Entzückens beendeten und zurückkehrten, die Freude und ich, da hatten sich die schwarzen Arme des Bodenauswuchses, auf dem ich lag, zurückgezogen und mich freigegeben. Das Bild auf dem Schirm pulsierte nicht mehr, sondern war unbewegt und zeigte folgende Worte:
SIE HABEN JETZT DIE ERSTE EINMONATIGE UNTERWEISUNGSFOLGE ERFOLGREICH ABGESCHLOSSEN. RATSAM IST NUN EIN LÄNGERES RUHE- UND ERHOLUNGSINTERVALL. DANACH KÖNNEN SIE MIT DEM ZWEITEN ABSCHNITT BEGINNEN.
Achtundzwanzig Tage? fragte ich meinen Körper. Nein, versicherte er mir, nicht einmal annähernd so lange. Ich erhob mich, warf einen prüfenden Blick auf das Chronometer des Servos und stellte fest, daß nicht mehr als zwei Stunden seit der Aktivierung der Maschine vergangen waren. Hatten sich während der langen Zeiträume, seit denen dieses Gebäude unter den Wogen des Meeres begraben war, einige Fehlfunktionen in den Mechanismus des Raumes geschlichen? Aus irgendeinem Grund bezweifelte ich das. Dann fielen mir die Fähigkeiten und Talente ein, die ich mitgebracht hatte, das Eintauchen in die Innenwelt, das Beobachten der Körperfunktionen, und ich begriff. Drei Viertel des Lehrstoffes der Maschine waren mir bereits zuvor vertraut gewesen – nur das letzte Stadium hatte etwas Neues für mich dargestellt.
Dieses letzte Stadium aber …
Ich hatte meine Innenwelt berührt, kontrolliert und manipuliert. Ich hatte die Meere in den winzigsten Lymphgefäßen durchschwömmen und die Wellen nach meinem Willen geformt. Ich hatte mein Herz gestreichelt. Ich tastete in mich hinein und veränderte den pochenden Rhythmus erneut. Und ich spürte, wie das Herz meinen Gedanken willig gehorchte. Dann ließ ich mich wieder nieder, überwältigt von dieser neuen Erfahrung.
35
In dem Sommer, als ich vierzehn Jahre alt wurde, verließen meine Mutter und ich unser gemeinsames Heim. Sie ging ihren Weg – zu den Sandwüsten des Mars – und ich den meinen, nach Sevilla und der Universität. Ich verfügte über eine Studienplatzzuweisung und einen Kreditfond, den mir mein Vater als Geschenk überschrieben hatte, als ich ihm zum zweitenmal begegnete. Sechs Monate zuvor hatte ich meine Unschuld verloren, auf einem Ergschweber, der durch die heißen Sümpfe der Everglades glitt. Ich war auf herrliche Weise meiner Jungfräulichkeit beraubt worden; wir hatten uns hin und her gewälzt unter dem matten Schimmer des Kraftfeldes, das unsere Körper vor den Insekten und der glühend heißen Sonne schützte.
Ich reiste nach Sevilla, nahm meine Registrierungswürfel in Empfang und wählte mein Hauptstudienfach. Ich fand eine kleine Wohnung über einem der alten Plätze, und von dort aus konnte ich über die sorgsam restaurierten Ziegeldächer bis hin zu den Turmspitzen einer wiederaufgebauten Kathedrale blicken. Bald schon fand ich Anschluß an eine Clique von Studenten in meinem Alter, und wir sangen und schliefen gemeinsam. Ich kam mit meinem Studium gut voran. Während dieses Sommers sprach ich ein- oder zweimal mit meiner Mutter, dann ging sie einen Kontrakt für ein weiteres Kind ein, und wir verloren uns aus den Augen. Der Sommer ging
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