Versunkene Inseln
einsetzte – bis wir kamen, ich zum zweiten Mal. „Liebste, diesmal ist es ein ziemlich komischer Höhepunkt“, sagte Greg mit weicher und doch lebhafter Stimme, und im Orgasmus bebten und hoben sich seine Hüften unter mir. Ich konnte nicht antworten. Hohe Wogen aus Ekstase spülten durch mich hindurch. Sie gingen von meinem Innersten aus und tauchten jede einzelne Zelle in ihre Gischt aus Freude, jedes Nervenende, bis ich nicht mehr zwischen dem Körper und den Empfindungen des Körpers unterscheiden konnte. Und es schien unendlich lange zu dauern, mich hinauf zukatapultieren, über die Grenzen meiner Fleischlichkeit hinweg. Ich schwebte dahin, ein Konglomerat aus Gefühlen und Wahrnehmungen, ohne physische Basis. Ich schwamm in einer warmen und pulsierenden Leere, war das Zentrum meines Selbst, das ich formte und gestaltete.
Die Zeit wurde greifbar, zu einer sich bewegenden Entität, die in sich selbst verzerrt war, einer visuellen Präsenz, deren Flanken mit funkelndem Leben gespickt waren und die materielle Kühle vermittelte zwischen meinen Fingern und auf der Haut. Die lange Schlange der Zeit und ich, eins und untrennbar, durchstreiften das Universum, schluckten nach Zitronen duftende Sonnen und schieden die blendenden Disharmonien von Novae aus. Zehntausend einzelne Bäche aus Kühle flossen über unsere dahingleitende Haut.
Der rasch verfliegende, durchdringende Geschmackshauch von Licht und Schatten auf den glatten Schuppen der Schlange, ein Duft von Rot, eine Spur von Langsamkeit, der davonwehende Geruch bittersüßer Galaxien, unerreichbar, mysteriös, wunderschön … das alles vermischte sich mit dem Dröhnen und Klirren und Pfeifen und Sirren, als die Schlange und ich an den Saiten des Universums entlangschwebten: Lobgesänge der Ewigkeit, Harmonien aus Licht, die zarten Klänge aus den Pikkoloflöten der Meteore und Kometen, der Trommelwirbel von Sonnen und Planeten. Oh, es war wunderbar – funkelnd und schimmernd, entzückend und verlockend.
Ich bin ein unendlich kleiner Lichtpunkt inmitten der weiten Sternenräume und umfassenden Leere, die ich selbst erschaffen habe. Wo? Wie? Womit? Warum? Das Universum lacht, Böen aus Heiterkeit, und ich bin nichts im Vergleich mit seiner gähnenden Leere, ein Tropfen, der nie mit dem Ozean verschmelzen kann, ein Staubkorn, das nie auf den Berg hinabzusinken vermag. Ich werde zermalmt, verschlungen, in Gleichgültigkeit ertränkt.
Es ist nur eine Droge nur ein Trip nur ein Traum ich bin, ich bin, ich bin, ich bin …
In meinem Zimmer. Von Wänden umgeben. Sicher. Geschützt. Geborgen. Abgeschirmt. Ruhe, der Kopf der Schlange zertreten. Ich hebe meine Hand und lache triumphierend.
Meine Hand besteht aus Knochen. Die sich darüber spannende Haut ist wie eine halb durchsichtige Membran, die Finger gleichen Litzen aus dünnen Drähten, dicke Beulen auf dürren Handgelenken, scheckig, hornig, trocken. Die Haut auf Armen, Schultern und Bauch in losen Falten. Meine Brüste sind zwei schlaffe, leere, haltlose Beutel, die Schultern ragen eckig hervor und sind nach vorn gebeugt. Die Beine gekrümmt und kraftlos, gesäumt von dicken, hervortretenden blauen Adern. Ich hebe die Hand zum Gesicht, fühle die eisige Nässe des Speichels, der von rissigen Lippen rinnt, rauhes Haar auf einem spitzen Kinn und den stark gewölbten Buckel der Nase, die sich unter der Last vieler Jahre meinem Mund entgegenneigt. Nein! NEIN ! Das Geräusch, das ich höre, ist mein eigener Schrei. Der Schmerz, den ich spüre, wird verursacht von spitzen Fingernägeln, die sich ins Fleisch bohren. Der Duft, den ich wahrnehme, stammt vom Schweiß der Angst. Das bin ich nicht! Das bin ich nicht!
Die Schreie
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