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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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ein­setz­te – bis wir ka­men, ich zum zwei­ten Mal. „Liebs­te, dies­mal ist es ein ziem­lich ko­mi­scher Hö­he­punkt“, sag­te Greg mit wei­cher und doch leb­haf­ter Stim­me, und im Or­gas­mus beb­ten und ho­ben sich sei­ne Hüf­ten un­ter mir. Ich konn­te nicht ant­wor­ten. Ho­he Wo­gen aus Ek­sta­se spül­ten durch mich hin­durch. Sie gin­gen von mei­nem In­ners­ten aus und tauch­ten je­de ein­zel­ne Zel­le in ih­re Gischt aus Freu­de, je­des Ner­ve­n­en­de, bis ich nicht mehr zwi­schen dem Kör­per und den Emp­fin­dun­gen des Kör­pers un­ter­schei­den konn­te. Und es schi­en un­end­lich lan­ge zu dau­ern, mich hin­auf zu­ka­ta­pul­tie­ren, über die Gren­zen mei­ner Fleisch­lich­keit hin­weg. Ich schweb­te da­hin, ein Kon­glo­me­rat aus Ge­füh­len und Wahr­neh­mun­gen, oh­ne phy­si­sche Ba­sis. Ich schwamm in ei­ner war­men und pul­sie­ren­den Lee­re, war das Zen­trum mei­nes Selbst, das ich form­te und ge­stal­te­te.
    Die Zeit wur­de greif­bar, zu ei­ner sich be­we­gen­den En­ti­tät, die in sich selbst ver­zerrt war, ei­ner vi­su­el­len Prä­senz, de­ren Flan­ken mit fun­keln­dem Le­ben ge­spickt wa­ren und die ma­te­ri­el­le Küh­le ver­mit­tel­te zwi­schen mei­nen Fin­gern und auf der Haut. Die lan­ge Schlan­ge der Zeit und ich, eins und un­trenn­bar, durch­streif­ten das Uni­ver­sum, schluck­ten nach Zi­tro­nen duf­ten­de Son­nen und schie­den die blen­den­den Dis­har­mo­ni­en von No­vae aus. Zehn­tau­send ein­zel­ne Bä­che aus Küh­le flos­sen über un­se­re da­hinglei­ten­de Haut.
    Der rasch ver­flie­gen­de, durch­drin­gen­de Ge­schmacks­hauch von Licht und Schat­ten auf den glat­ten Schup­pen der Schlan­ge, ein Duft von Rot, ei­ne Spur von Lang­sam­keit, der da­von­we­hen­de Ge­ruch bit­ter­sü­ßer Ga­la­xi­en, un­er­reich­bar, mys­te­ri­ös, wun­der­schön … das al­les ver­misch­te sich mit dem Dröh­nen und Klir­ren und Pfei­fen und Sir­ren, als die Schlan­ge und ich an den Sai­ten des Uni­ver­sums ent­lang­schweb­ten: Lob­ge­sän­ge der Ewig­keit, Har­mo­ni­en aus Licht, die zar­ten Klän­ge aus den Pik­ko­lo­flö­ten der Me­teo­re und Ko­me­ten, der Trom­mel­wir­bel von Son­nen und Pla­ne­ten. Oh, es war wun­der­bar – fun­kelnd und schim­mernd, ent­zückend und ver­lo­ckend.
    Ich bin ein un­end­lich klei­ner Licht­punkt in­mit­ten der wei­ten Ster­nen­räu­me und um­fas­sen­den Lee­re, die ich selbst er­schaf­fen ha­be. Wo? Wie? Wo­mit? Warum? Das Uni­ver­sum lacht, Böen aus Hei­ter­keit, und ich bin nichts im Ver­gleich mit sei­ner gäh­nen­den Lee­re, ein Trop­fen, der nie mit dem Ozean ver­schmel­zen kann, ein Staub­korn, das nie auf den Berg hin­ab­zu­sin­ken ver­mag. Ich wer­de zer­malmt, ver­schlun­gen, in Gleich­gül­tig­keit er­tränkt.
    Es ist nur ei­ne Dro­ge nur ein Trip nur ein Traum ich bin, ich bin, ich bin, ich bin …
    In mei­nem Zim­mer. Von Wän­den um­ge­ben. Si­cher. Ge­schützt. Ge­bor­gen. Ab­ge­schirmt. Ru­he, der Kopf der Schlan­ge zer­tre­ten. Ich he­be mei­ne Hand und la­che tri­um­phie­rend.
    Mei­ne Hand be­steht aus Kno­chen. Die sich dar­über span­nen­de Haut ist wie ei­ne halb durch­sich­ti­ge Mem­bran, die Fin­ger glei­chen Lit­zen aus dün­nen Dräh­ten, di­cke Beu­len auf dür­ren Hand­ge­len­ken, sche­ckig, hor­nig, tro­cken. Die Haut auf Ar­men, Schul­tern und Bauch in lo­sen Fal­ten. Mei­ne Brüs­te sind zwei schlaf­fe, lee­re, halt­lo­se Beu­tel, die Schul­tern ra­gen eckig her­vor und sind nach vorn ge­beugt. Die Bei­ne ge­krümmt und kraft­los, ge­säumt von di­cken, her­vor­tre­ten­den blau­en Adern. Ich he­be die Hand zum Ge­sicht, füh­le die ei­si­ge Näs­se des Spei­chels, der von ris­si­gen Lip­pen rinnt, rau­hes Haar auf ei­nem spit­zen Kinn und den stark ge­wölb­ten Bu­ckel der Na­se, die sich un­ter der Last vie­ler Jah­re mei­nem Mund ent­ge­gen­neigt. Nein! NEIN ! Das Ge­räusch, das ich hö­re, ist mein ei­ge­ner Schrei. Der Schmerz, den ich spü­re, wird ver­ur­sacht von spit­zen Fin­ger­nä­geln, die sich ins Fleisch boh­ren. Der Duft, den ich wahr­neh­me, stammt vom Schweiß der Angst. Das bin ich nicht! Das bin ich nicht!
    Die Schreie

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