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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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fin­den.
    „Lie­ben Sie ihn?“
    „Ob ich ihn lie­be?“ Sie sah mich ver­blüfft an. „Ich weiß nicht, dar­über ha­be ich noch nicht nach­ge­dacht …“
    „Warum ma­chen Sie sich dann dau­ernd Sor­gen um ihn? Wenn er ein ego­zen­tri­scher Scheiß­kerl sein will, dann ist das sei­ne Sa­che, nicht die Ih­re. Und mei­ne eben­falls nicht.“
    „Aber Sie kön­nen ihn nicht ein­fach links lie­gen­las­sen …“
    „Hö­ren Sie, wenn er et­was von mir will, dann kann er mich fra­gen. Und er hat es mehr als deut­lich ge­macht, daß er nichts von dem braucht, was ich ihm ge­ben könn­te. Hö­ren Sie auf da­mit, ihn mir sym­pa­thisch ma­chen zu wol­len, Jen­ny. Das geht ein­fach nicht.“
    „Sie neh­men wohl nie­mals An­teil an den Sor­gen und Nö­ten an­de­rer, was?“
    „Nicht, wenn ich es ver­mei­den kann.“
    „Nicht ein­mal, was Paul an­geht?“
    Bei­nah hät­te ich die Tas­se fal­len­ge­las­sen. „Paul? Pauls Sor­gen soll­ten mir et­was be­deu­ten? Ich wer­de Ih­nen was über Paul er­zäh­len, mein Kind­chen. Hö­ren Sie gut zu …“ Und ich er­zähl­te es ihr, wi­der al­le Ver­nunft, zor­nig und wü­tend. Sie starr­te mich mit wach­sen­der Ver­blüf­fung an, mit wach­sen­dem Ab­scheu. Aber ich konn­te nicht auf­hö­ren; ich muß­te ihr al­les ent­ge­gen­schleu­dern, je­des ein­zel­ne De­tail. Sie un­ter­brach mei­nen Vor­trag mit ei­nem spit­zen Schrei, ver­grub die Hän­de in ih­ren Haa­ren und zerr­te an den Sträh­nen. Ich sprang auf die Bei­ne, kam um den Tisch her­um, pack­te sie bei den Schul­tern und schüt­tel­te sie mit al­ler Kraft.
    „Was jetzt? Scho­ckiert? Ist Ih­nen schlecht? Was jetzt, Jen­ny? Ha­ben Sie Angst, er hät­te das auch mit Ih­nen an­stel­len kön­nen?“ Ich zwang die Wor­te durch die auf­ein­an­der­ge­preß­ten Zäh­ne hin­durch und schüt­tel­te sie, bis das schwar­ze Haar ihr blei­ches Ge­sicht zu­deck­te. „Wür­den Sie auch da­für Ver­ständ­nis auf­brin­gen, Jen­ny?“
    Ich gab ihr einen Stoß, und sie fiel schrei­end auf den Tisch. Ich wand­te mich um und woll­te die Kom­bü­se ver­las­sen doch …
    „Tia!“ rief sie.
    Sie stemm­te sich in die Hö­he und starr­te mich an. Trä­nen schwam­men und glänz­ten in ih­ren Au­gen, und sie flüs­ter­te: „Ich bin nicht so wie er.“
    „Tat­säch­lich nicht?“ fauch­te ich. Ich tas­te­te mit der Hand zum Saum mei­nes Haft­an­zugs, doch sie schrie auf, stieß sich mit sol­cher Wucht vom Tisch ab, daß er um­stürz­te, und rann­te den Kor­ri­dor hin­un­ter. Ich starr­te auf den hoch­kant ste­hen­den Tisch, spür­te Wut in mir em­por kei­men, Trä­nen, die mei­nen Blick ver­schlei­er­ten, dann wand­te ich mich um und floh in das ab­ge­schie­de­ne Asyl des Mi­na­retts.
     

39
     
    Um zehn Uhr an die­sem Mor­gen ver­sam­mel­ten sich die Un­s­terb­li­chen auf dem Mo­sa­ik­deck un­ter mei­nem Turm, um das Die­bes­gut des vor­an­ge­gan­ge­nen Ta­ges ein­zu­ord­nen. Meh­re­re mit Beu­te be­la­de­ne Schwe­ber glit­ten aus dem Bauch des Schif­fes und summ­ten zur Mit­te des Decks, wo die Im­mor­ta­len in lo­cke­rem Halb­kreis zu­sam­men­ge­tre­ten wa­ren, und Gre­ville be­gann mit der Klas­si­fi­zie­rung.
    Wort fet­zen flat­ter­ten mir durch die war­me Luft ent­ge­gen, als Gre­ville je­des ein­zel­ne Ob­jekt be­schrieb. Lan­ge, dum­me Vor­trä­ge über je­den Ge­gen­stand, falsch iden­ti­fi­zier­te Ar­te­fak­te, schwüls­ti­ge Aus­las­sun­gen über das Aus­se­hen und die ver­schie­de­nen For­men, dann das Bie­ten und Feil­schen. Hart bot wie üb­lich so­wohl für sich selbst als auch für Har­kness, der auf der Brücke ge­blie­ben war. Be­ni­to war wie ge­wöhn­lich nicht da­bei und hock­te un­ten im Ma­schi­nen­raum bei sei­nen in­nig ge­lieb­ten Me­tal­lun­ge­tü­men. Für ihn mach­te nie­mand ein An­ge­bot. Jen­ny ließ sich nicht bli­cken, aber Paul bot ganz au­to­ma­tisch für al­les und brach­te so einen auf­ra­gen­den Sta­pel Trö­del in sei­nen Be­sitz.
    Gü­ti­ger Him­mel. Plas­tik­bau­stei­ne, Mo­del­le von Schweb wa­gen und Mond­fäh­ren, wei­che Kunst­stoff win­deln für Säug­lin­ge. Plas­tik­krü­ge mit dün­nen, ge­wölb­ten Vor­sprün­gen, Gum­mi­ku­geln,

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