Versunkene Staedte
sei ein Schwein gewesen. «
Schnell wie eine Schlange ergriff der Leutnant Mahlia und drehte sie herum. Er schlang ihr den Arm um den Hals und würgte sie. Der Arzt schrie etwas, aber die anderen Soldaten zerrten ihn weg.
» Was soll die Haarspalterei? « , fragte der Leutnant. » Wie wärâs, wenn wir dich mitnehmen? Damit du Ocho pflegst? Wenn mein Sergeant am Leben bleibt, lasse ich dir vielleicht sogar deine linke Hand. « Sein Atem fühlte sich heià auf ihrer Wange an. » Würde dir das gefallen? Oder ich hacke sie dir ab und hänge sie dir um den Hals. Dann hast du sie immer noch bei dir. «
Mahlia konnte nicht atmen. Der Leutnant hatte ihr komplett die Luft abgedrückt. Er hob sie hoch, sodass ihre FüÃe in der Luft baumelten.
» Aber vielleicht lasse ich dich auch einfach nur strampeln, bis dir die Luft ausgeht. «
Mahlia sah Sterne. Aus der Ferne hörte sie Doktor Mahfouzâ Stimme. » Bitte. Wir haben nur noch ganz wenig für Notfälle. Es ist so schwierig zu beschaffen. «
» Ist mein Soldat etwa kein Notfall? «
» Das meinte ich nicht⦠«
» Holen Sie Ihre Medikamente, Doc. Bevor das Mädchen erstickt. «
Mit hängendem Kopf stieg Doktor Mahfouz die Leiter zu seiner Behausung hoch. Erst als er mit ein paar Tabletten in der Hand wieder herunterkam, lieà Leutnant Sayle Mahlia los.
Nach Atem ringend stolperte sie von ihm weg, die Hand an der Kehle. Die Luft brannte wie Feuer in ihren Lungen.
Die Soldaten packten sie und schoben sie zu Sergeant Ocho zurück. Mahlia sank neben dem verwundeten Soldaten auf die Knie.
Hinter sich hörte sie den Leutnant sagen: » Los, Jungs. Sichert die Umgebung. Wir werden noch eine Weile hier sein. «
Nein.
9
Das Wundfieber wütete in Tools Körper wie eine feindliche Armee. Er war kaum noch bei Bewusstsein, nahm seine Umgebung nur noch undeutlich wahr. Dunkelheit hatte sich über die Sümpfe gelegt. Die Nacht war vom Zirpen der Grillen und dem hohen Surren der Moskitos erfüllt.
Tool öffnete sein Auge und betrachtete den rothaarigen Jungen. Seine dürre Gestalt war im Mondlicht deutlich zu erkennen. Gerade hob er einen scharfkantigen Stein von der GröÃe eines Hühnereis hoch.
Tool hätte beinahe gelächelt. Menschenkinder waren alle gleich. Nur Haut und Knochen. Vogelscheuchen, die man nur allzu leicht in Stücke reiÃen und im Wind verstreuen konnte wie Strohpuppen.
Egal auf welchem Kontinent, überall war es dasselbe. Der Junge sprang umher wie ein blasser, sommersprossiger Grashüpfer, auf der Suche nach einem Stein, mit dem er Tool den Schädel einschlagen könnte. Er war genau wie alle anderen.
» Ich weiÃ, was du vorhast, Junge. «
Der Junge sah ihn mit seinen funkelnden graublauen Augen an und tastete weiter nach den Steinen in seiner Reichweite. Tool hatte ihn immer noch fest am Arm gepackt.
» Wieso tust du dann nichts dagegen? « , fragte der Junge.
» Das werde ich schon noch. Früher als dir lieb sein wird. «
» Mahlia wird zurückkommen. «
Tool schnaubte. » Deine Schwester ist schon seit Stunden weg. Und du suchst nach einer Waffe. Ich denke, wir brauchen uns keinen Illusionen mehr hinzugeben. «
» Sie ist nicht meine Schwester. «
» Ihr seid beide Menschen. Also ist sie deine Schwester. «
» Dann bist du demnach ein Hund? «
Tool knurrte drohend. Er versuchte, sich aufzusetzen, aber es strengte ihn zu sehr an. Der Schlamm, den er gegen seine Wunden gedrückt hatte, um den Blutfluss zu stillen, brach auf. Er war überrascht, dass er schon eingetrocknet war. Offenbar verging die Zeit noch schneller, als er gedacht hatte.
Schwer atmend lehnte er sich zurück. Er sollte besser mit seinen Kräften haushalten.
Auch wenn es vermutlich keinen Zweck mehr hatte, aber das lag nun einmal in seiner Natur. Seine Schöpfer hatten ganze Arbeit geleistet. Sogar jetzt noch, verletzt, dem Tode nahe und umgeben von feindseligen Menschen, kämpfte er ums Ãberleben. Die Natur kämpfte immer weiter, selbst wenn alle Hoffnung längst verloren war.
Der Junge versuchte erneut, Tools Griff zu lockern.
» Fordere mich nicht heraus, Junge. «
» Du könntest mich gehen lassen. Ich könnte die Medikamente für dich besorgen. «
Tool hätte beinahe darüber gelacht. » Ich glaube, ein Verrat ist genug. «
» Was weiÃt du denn schon? « ,
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