Versunkene Staedte
Hals. «
Ocho sah auf den Jungen hinab. Seine Augen waren gerötet, und ihm lief die Nase vom vielen Weinen.
» Tut mir leid, kleine Made. « Er gab seinen Jungs ein Zeichen. Tweek und Gutty packten die Made und griffen nach einer Machete. Als vorbildliche Soldaten wussten sie, dass sie auf den Jungen keine Kugel verschwenden mussten.
» Leg einen Holzklotz unter seinen Hals « , sagte Tweek. » Nicht, dass sich die Klinge noch verbiegt. «
Gutty legte den Jungen über einen Baumstamm, und in dem Moment schien endlich Leben in ihn zurückzukehren. Als hätte er jetzt erst begriffen, was sie vorhatten. Er begann zu schreien und sich zu wehren, während Tweek und Gutty Mühe hatten, ihn festzuhalten. Dafür, dass er so ein magerer Wicht war, besaà er ziemlich viel Kraft.
Plötzlich hörte der Junge auf zu kämpfen. Er atmete schwer und war völlig verschwitzt, aber er leistete keinen Widerstand mehr. Er sah zu Ocho hoch, während Gutty und Tweek auf seinem Rücken knieten. Ocho hatte das unangenehme Gefühl, dass der Läusefresser ihn gerade mit irgendeinem Fluch der Hochwasserchristen belegte, aber der Junge sagte nichts.
Ocho wandte sich ab und ging zum brennenden Dorf zurück.
Tut mir leid, Made. Du warst zur richtigen Zeit am falschen Ort.
Es war immer dasselbe. Manchmal hatte einer Glück und wurde rekrutiert, statt getötet zu werden. Dann lief er mit einer Machete und einer Flasche Säure herum und gab sich alle Mühe, seinen Wert für die Truppe unter Beweis zu stellen. Er brachte so viele Leute wie möglich um, damit Sayle ihn nicht tötete und die Leiche in den nächsten StraÃengraben warf. Und manchmal wurde einem eben der Kopf abgehackt.
Hinter sich hörte er, wie der Junge sich erneut wehrte.
» Verdammt! Kannst du ihn nicht festhalten, Gutty? «
» Das tu ich doch! Der Läusefresser hat ganz schön Kraft. «
Ocho machte kehrt. Er hinkte zu dem Läusefresser hinüber und ging vor ihm in die Hocke. Seine Jungs mit der Machete winkte er beiseite.
» Willst du am Leben bleiben? « , fragte er.
Der Junge wusste offenbar nicht, was er darauf antworten sollte. Er lag auf dem Baumstamm, das Gesicht ganz verquollen vom Weinen und angstverzerrt. Ocho wartete einen Moment und stieà ihn dann an.
» Jetzt sag schon, Made. Willst du leben? «
Der Junge nickte zögernd.
» Denkst du, du taugst zum Soldat? Willst du dich uns anschlieÃen? Für die VPF kämpfen? Für die patriotische Sache? «
Der Junge gab einen undefinierbaren Laut von sich. Tweek und Gutty hielten ihn immer noch fest gepackt.
Ocho grinste und gab dem Jungen einen Klaps auf den Hinterkopf. » Klar willst du das. « Er sah zu Tweek hinüber. » Hol mir mal ein bisschen heiÃes Eisen. «
» Willst du ihn brandmarken? «
» Sicher. Geboren aus dem Feuer, nicht wahr? « Er blickte der Kriegsmade in die Augen. » So wie wir alle. «
Kurz darauf kehrte Tweek mit einem glühenden, rauchenden Stück Eisenstange aus einem der brennenden Gebäude zurück. Er hielt es in ein Stück Stoff gewickelt in einer Hand.
Ocho nahm die Eisenstange entgegen. Er ging neben dem zitternden Jungen in die Hocke. Selbst in Stoff gewickelt war das Eisen noch heiÃ. Heià und gut.
» Wie heiÃt du? «
» Mouse. «
Ocho schüttelte den Kopf. » Jetzt nicht mehr. Wir müssen dir einen neuen Namen geben. Mouse passt nicht mehr. « Er lieà den Blick über das zerstörte Dorf wandern und dachte angestrengt nach.
Das Dorf erinnerte ihn an sein Heimatstädtchen vor langer Zeit. Es erstaunte ihn, dass es überhaupt so lange standgehalten hatte. Man konnte nicht so nahe an einem Kriegsgebiet leben, ohne irgendwann selbst etwas abzubekommen. Seine Familie war sich immer sicher gewesen, dass der Krieg auf die versunkenen Städte beschränkt bleiben würde, wo die ganzen Idioten lebten, aber der Krieg war wie das Meer. Der Pegel stieg immer weiter an, bis einen irgendwann die Flut überrollte und man bis zum Hals im Wasser stand.
Der Wind drehte, und Rauch wurde zu ihnen herübergeweht. War das der Name des Jungen? Smoke?
Nachdenklich betrachtete Ocho die ruÃgeschwärzten Häuser. Auch in den Bäumen loderten Flammen, manche waren halb verbrannt und hatten gruselige Formen angenommen. Steine glühten von der Hitze. Ocho glaubte, den Geruch von verbranntem Fleisch
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