Versunkene Staedte

gewählt « , sagte Tool. » Die Soldaten in der Stadt werden einen Bogen um dieses Schlachtfeld machen. Sie wollen nicht daran erinnert werden, was hier geschehen ist. «
    Â» Du hast das gerochen? «
    Â» Natürlich. «
    Es ergab Sinn. Aber Mahlia wurde dennoch übel bei dem Gedanken, dass sie über einem Haufen Leichen kauerte. Sie verspürte den abergläubischen Drang, sofort von diesem Ort zu verschwinden, aber sie zwang ihn nieder. Sie hatte in ihrem Leben schon viele Leichen gesehen. Ein paar mehr spielten da keine Rolle. Vielmehr erinnerten sie Mahlia daran, wozu die Gottesarmee fähig war.
    Als ob sie das nicht längst wüsste.
    Â» Wir müssen einen anderen Weg finden « , sagte sie.
    Tool sah sie an. » Hast du Angst? «
    Â» Das kann man wohl sagen. Die Gottesarmee… « Sie schüttelte den Kopf. » Mit Fanatikern kann man nicht reden. Die machen einen einfach einen Kopf kürzer. «
    Â» Wie unterscheidet sich das von der VPF ? « , fragte Tool. » Dein Plan klang gut. Wir gehen zum Flussufer und suchen uns einen Führer. «
    Aber jetzt wurde Mahlia bewusst, wie riskant ihr Plan gewesen war. Selbst als die VPF noch in Moss Landing das Sagen gehabt hatte, war es immer Doktor Mahfouz gewesen, der in die Stadt hineingegangen und lebend wieder herausgekommen war.
    Sie beobachtete die Leute an den Lagerfeuern. Hörte das Lachen der Mädchen, wobei offensichtlich war, dass sie damit nur die Soldaten bei Laune halten wollten und in Wahrheit Angst hatten.
    Ein Mann kam zum Dschungelrand geschlendert, zog seine Hose herunter und erleichterte sich. Ein Erwachsener. Wie viele Erwachsene hatte Mahlia gesehen, seit der Krieg wieder aufgeflammt war? In Banyan Town hatten natürlich einige gelebt, aber aus den versunkenen Städten? Nur die großen Namen. Die Männer, die das Sagen hatten. Leutnant Sayle. Das Gesicht von Oberst Glenn Stern, dem Anführer der VPF . Und doch sah sie hier einen erwachsenen Mann vor sich.
    Hinter ihm standen zwei Soldaten und warteten. Kriegsmaden, die noch nicht einmal Flaum auf der Oberlippe hatten. Abgebrühte Läusefresser mit Waffen, vermutlich high auf Rotbrand und völlig durchgeknallt. Der eine hatte eine Schrotflinte, ein anderer ein Jagdgewehr, nicht nur Macheten oder Säure. Sie lechzten also wahrscheinlich nach Blut, zumal sie die persönliche Wache eines Erwachsenen waren. Jungs mit Waffen jagten Mahlia Angst ein. Mit den Waffen fühlten sie sich überlegen, was sie besonders gefährlich machte.
    Von irgendwoher war ein Schluchzen zu hören. Jemand bettelte mit schmerzerfüllter Stimme um Gnade. Es war nicht zu erkennen, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelte. Die Stimme klang kaum noch menschlich. Mahlia wurde bewusst, dass sie zitterte. Sie kannte den Klang dieser Stimme. So ähnlich hatte auch sie selbst geklungen, als die Soldaten ihr die Hand abgehackt hatten.
    Â» Ich geh nicht in die Stadt. Wir müssen einen anderen Weg finden. «
    Tools großer Kopf drehte sich zu ihr um. » Es gibt keinen anderen Weg, und du bist diejenige, die in die Stadt gehen muss. « Er nickte in Richtung der Häuser. » Halbmenschen sind die Erzfeinde dieser Soldaten. Die würden mich auf der Stelle niederschießen. Ich bin ihr schlimmster Albtraum. Im Norden an der Grenze kämpfen sie gegen solche wie mich. Wenn sie mich hier sehen, werden sie mich für einen Kundschafter oder Angreifer halten und mich töten. «
    Â» Und wenn du nun bloß auf der Durchreise bist? «
    Â» Halbmenschen wie ich sind nicht einfach nur ›auf der Durchreise‹. Das musste ich auf meiner letzten Reise am eigenen Leib erfahren « , sagte Tool. » Die Soldaten gehen davon aus, dass ein Halbmensch immer einen Herrn hat, dessen Befehle er befolgt. Wenn hier also einer wie ich auftaucht, dann nur, um gegen sie Krieg zu führen. «
    Er nickte noch einmal in Richtung der Stadt. » Du musst zum Flussufer gehen und einen Schmuggler für uns finden. «
    Â» Und was soll ich sagen, wenn ich einen entdecke? «
    Â» Wir brauchen ein Boot, und wir brauchen jemand, der weiß, wie man in die versunkenen Städte gelangt. Ohne Hilfe werden wir es nicht schaffen. «
    Â» Wir haben nichts, womit wir bezahlen könnten. «
    Â» Wenn du einen Schmuggler findest, bring ihn zu mir. « Tool fletschte die Zähne. » Die Details der Bezahlung kläre ich