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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Alisandros erbot sich, Nicholas Walker bei Varrick zu kontaktieren und zu versuchen, den Vergleich zu beschleunigen. Alle sechs verpflichteten sich, in großem Umfang Aktien von Varrick zu kaufen, um den Kurs in die Höhe zu treiben. Für eine Aktiengesellschaft war der Aktienkurs alles. Wenn Varrick den Eindruck hatte, ein Vergleich komme der Wall Street entgegen, ließ sich das Unternehmen vielleicht darauf ein, um sich die Krayoxx – Sache vom Hals zu schaffen, selbst wenn das Medikament harmlos war.
    Die Telefonkonferenz dauerte zwei Stunden und endete etwas optimistischer, als sie begonnen hatte. Sie würden versuchen, noch ein paar Tage herauszuschlagen, ihr Pokerface aufsetzen, ihr Blatt ausspielen und auf ein Wunder hoffen. Doch auf keinen Fall würden sie noch mehr Geld in ihre Krayoxx-Fälle investieren. Es war vorbei; jetzt war Schadensbegrenzung angesagt, und dann hieß es: auf in die nächste Schlacht.
    Die Verhandlung in der Sache Klopeck, die in sechs Wochen stattfinden sollte, wurde kaum erwähnt.

33
    Zwei Tage später rief Jerry Alisandros scheinbar routinemäßig bei Nicholas Walker von Varrick Labs an. Sie redeten über das Wetter und Football, dann kam Alisandros zum Thema.
    »Ich bin nächste Woche bei Ihnen in der Gegend und würde gern vorbeikommen, falls Sie da sind und Zeit haben.«
    »Könnte klappen«, erwiderte Walker vorsichtig.
    »Wir kommen gut voran und sind zumindest bei den Todesfällen schon relativ weit. Ich habe in langen Sitzungen mit dem Prozessausschuss alles so weit geklärt, dass wir jetzt offizielle Vergleichsverhandlungen aufnehmen können, ich meine natürlich nur einen ersten Durchgang. Und wenn wir die großen Fälle abgearbeitet haben, können wir uns mit den kleineren befassen.«
    »So haben wir das auch geplant«, stimmte Walker zu, und Alisandros atmete zum ersten Mal tief durch. »Reuben Massey setzt mich gehörig unter Druck, weil er die Sache erledigt haben will. Heute Morgen hat er mich zusammengestaucht, deswegen wollte ich Sie sowieso anrufen. Ich habe Anweisung, gemeinsam mit unserer internen Rechtsabteilung und unseren Rechtsanwälten in Florida einen Vergleich auszuarbeiten, der im Großen und Ganzen so aussieht, wie wir beide das bereits besprochen hatten. Ich schlage vor, wir treffen uns heute in einer Woche in Fort Lauderdale, unterschreiben die Vergleichsvereinbarung, legen sie dem Richter vor, und die Sache ist gegessen. Bei den Fällen ohne Todesfolge wird es länger dauern, aber dann sind zumindest die wichtigsten schon mal abgeschlossen. Einverstanden?«
    Einverstanden? Das ist gar kein Ausdruck, dachte Alisandros. »Gute Idee. Ich organisiere das hier.«
    »Voraussetzung ist, dass alle sechs Mitglieder des Prozessausschusses dabei sind.«
    »Das bekomme ich hin, kein Problem.«
    »Können Sie dafür sorgen, dass jemand vom Büro des Richters anwesend ist? Ich gehe da nicht weg, bis wir eine schriftliche und vom Gericht genehmigte Vereinbarung haben.«
    »Sehr gute Idee.« Alisandros grinste wie ein Honigkuchenpferd.
    »Dann ist ja alles klar.«
    Nach dem Telefonat prüfte Alisandros die Aktienkurse. Varrick notierte bei sechsunddreißig Dollar, und der einzige plausible Grund für diese positive Entwicklung war die erfreuliche Aussicht auf einen Vergleich.
     
    Das Telefonat war von einem Spezialunternehmen für Lügendetektoren aufgezeichnet worden. Die Kanzlei Zell & Potter arbeitete regelmäßig mit der Firma zusammen, um zu ermitteln, wie aufrichtig ihre Gesprächspartner waren. Eine halbe Stunde nachdem Alisandros aufgelegt hatte, betraten zwei Experten mit Kurven und Diagrammen in der Hand sein Büro. Sie hatten das Gespräch von einem kleinen Besprechungszimmer der Kanzlei aus verfolgt, in dem sie sich mit ihren Mitarbeitern und Geräten niedergelassen hatten. Eine Messung des Stimmstresslevels hatte eindeutig ergeben, dass beide Männer logen. Alisandros’ Lügen waren natürlich geplant gewesen, um Walker aus der Reserve zu locken.
    Walkers Stimmstressanalyse deutete auf ein hohes Täuschungspotenzial hin. Bei der Aussage, Reuben Massey wolle sich den drohenden Prozess vom Hals schaffen, blieb er bei der Wahrheit. Die Sache mit dem für die nächste Woche geplanten großen Vergleichs-Gipfeltreffen war jedoch eindeutig gelogen.
    Nach außen hin ließ sich Alisandros nichts anmerken. Als Beweismaterial vor Gericht taugten solche Analysen nicht, dafür waren sie viel zu unzuverlässig. Er fragte sich selbst oft, warum er sich mit der

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