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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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verurteilen.
    Goodloe Stamm, der Anwalt, der die Klage einreichte, vertrat auch Paula Finley im Scheidungsverfahren. Offenbar hatte Stamm Bardall überredet, Oscar zu verklagen – trotz dessen Vorstrafenregisters und obwohl ihm wegen versuchter Brandstiftung eine Gefängnisstrafe drohte.
    Die Scheidung erwies sich als weniger einvernehmlich, als Wally und Oscar gehofft hatten, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Oscar nur sein Auto und seine Kleidung behalten wollte. Stamm redete von großen Krayoxx-Honoraren und vermutete eine Verschwörung, um die Zahlungen zu verschleiern.
    Oscar kochte vor Wut wegen der 15-Millionen-Dollar-Klage und gab David die Schuld. Ohne das Arbeitsgerichtsverfahren gegen Cicero Pipe wäre er Bardall nie begegnet. Wally gelang es, einen Waffenstillstand zu vermitteln, und das Gebrüll verstummte. Er nahm Kontakt mit ihrer Versicherung auf und bestand darauf, dass sie die Kosten für die Abwehr der Ansprüche übernahm.
    Mit dem großen Vergleich vor Augen fiel es deutlich leichter, Frieden zu schließen, ein freundliches Gesicht zu machen und sogar Witze darüber zu reißen, dass ein Kleinkrimineller wie Bardall vor ein Geschworenengericht hinken und ein Vermögen dafür verlangen wollte, dass er als Brandstifter versagt hatte.

34
    Im Vorspann der verschlüsselten E-Mail standen die üblichen Vertraulichkeitshinweise. Die Nachricht stammte von Jerry Alisandros und war an rund achtzig Anwälte versandt worden; einer von ihnen war Wally Figg. Darin hieß es:
     
    Ich bedauere, Ihnen mitteilen zu müssen, dass die morgigen Vergleichsverhandlungen durch Varrick Labs abgesagt wurden. Heute Morgen hatte ich ein längeres Telefongespräch mit Nicholas Walker, dem Leiter der Rechtsabteilung von Varrick, bei dem mir mitgeteilt wurde, dass das Unternehmen sich entschieden hat, die Vergleichsverhandlungen bis auf Weiteres auszusetzen. Die Strategie wird noch einmal überdacht, insbesondere im Hinblick darauf, dass in vier Wochen in Chicago der Klopeck-Prozess beginnt. Varrick sieht dieses Verfahren als Versuchsballon und will abwarten, wie ein Geschworenengericht Faktenlage und Haftungsfrage beurteilt. Das ist zwar nicht ungewöhnlich, aber ich habe Mr. Walker und seinem Unternehmen wegen der überraschenden Änderung der Pläne trotzdem die Meinung gesagt. Ich habe ihm bösgläubige Verhandlungsführung unterstellt und so weiter, aber es hat nicht viel Sinn, darauf herumzureiten. Da wir uns nicht auf konkrete Einzelheiten geeinigt hatten, gab es keine Ergebnisse, auf die man sich hätte berufen können. Es sieht so aus, als würde sich alles in der Verhandlung in Chicago entscheiden.
    Ich halte Sie auf dem Laufenden. JA
     
    Wally druckte die E-Mail aus, schleppte sie – sie schien tonnenschwer – in Oscars Büro und legte sie ihm auf den Schreibtisch. Dann ließ er sich, den Tränen nahe, in einen Ledersessel fallen.
    Oscar las langsam, während die Falten auf seiner Stirn mit jedem Satz tiefer wurden. Er atmete schwer durch den Mund.
    Rochelle versuchte, einen Anruf durchzustellen, aber Oscar nahm nicht ab. Sie hörten, wie sie sich mit schwerem Schritt der Tür näherte und klopfte. Da niemand reagierte, steckte sie den Kopf zur Tür herein. »Mr. Finley, Richter Wilson für Sie.«
    Oscar schüttelte nur den Kopf. »Ich kann jetzt nicht reden. Ich rufe zurück.«
    Sie schloss die Tür. Die Minuten verstrichen, dann klopfte David, kam ins Büro und wusste beim ersten Blick auf die beiden Partner, dass der Weltuntergang bevorstand. Oscar reichte ihm die E-Mail, die er las, während er vor den Bücherregalen auf und ab ging.
    »Das ist noch nicht alles«, sagte er.
    »Was soll das heißen?«, krächzte Wally mit schwacher Stimme.
    »Ich war gerade online und wollte mir die vorgelegten Beweismittel ansehen; dabei bin ich auf eine aktuelle Mitteilung gestoßen. Vor knapp zwanzig Minuten hat Jerry Alisandros im Auftrag von Zell & Potter beantragt, als Rechtsanwalt in der Sache Klopeck entlassen zu werden.«
    Wallys sank in sich zusammen. Oscar schien etwas sagen zu wollen, brachte aber nur ein Grunzen zustande.
    Auch David wirkte blass und benommen. »Ich habe gleich meinen Ansprechpartner bei Zell & Potter angerufen, einen gewissen Worley, der mir im Vertrauen erzählt hat, dass es sich um einen Rückzug auf breiter Front handelt. Die Sachverständigen – unsere Sachverständigen – sind allesamt eingeknickt; keiner will aussagen. Der McFadden-Bericht wird der Prüfung vor Gericht nicht

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