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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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nicht angefangen, werde ihn aber bis zum Ende durchstehen.
    Ihre Erwiderung begleitete sie mit einem eigenen Antrag, wie ihn die Kanzlei Finley & Figg noch nicht gesehen hatte. Schon der Titel »Antrag auf Sanktionen gemäß Prozessordnungsvorschrift 11« ließ ihnen die Knie schlottern. Der Inhalt war geeignet, Wally wieder auf Entzug, David zu Rogan Rothberg und Oscar in eine kärgliche Frührente zu schicken. Ms. Karros argumentierte sehr überzeugend, wenn das Gericht dem Antrag der Klägerin auf Abweisung jetzt stattgebe, sei die Klage von Anfang an leichtfertig und missbräuchlich gewesen. Die Tatsache, dass die Klägerin nun die Abweisung beantrage, sei ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Klage von Anfang an unbegründet gewesen sei und gar nicht erst hätte eingereicht werden dürfen. Genau das sei aber vor mittlerweile neun Monaten geschehen, und Varrick sei als Beklagte gezwungen gewesen, sich entschieden zu verteidigen. Daher habe die Beklagte gemäß den Bestimmungen von Vorschrift 11 der bundesgerichtlichen Prozessordnung Anspruch auf Erstattung der Kosten für ebendiese Verteidigung.
    Bisher – und Ms. Karros machte kein Hehl daraus, dass der Zähler noch in vollem Tempo lief- habe Varrick Labs rund achtzehn Millionen Dollar für die Abwehr der Ansprüche ausgegeben, davon entfalle mindestens die Hälfte auf die Sache Klopeck. Das sei natürlich eine enorme Summe, aber immerhin, darauf verwies Ms. Karros nachdrücklich, habe die Klägerin in ihrem Klageantrag einhundert Millionen Dollar gefordert. In Anbetracht der Natur von Sammelklagen mit ihrem hohen Nachahmungspotenzial sei es nach wie vor unerlässlich, dass Varrick Labs alle Ansprüche in diesem ersten Verfahren entschlossen abwehre. Das Gesetz verlange von den Parteien nicht, die billigste Kanzlei zu wählen oder sich nach dem günstigsten Angebot umzusehen. Nachdem für Varrick Labs so viel auf dem Spiel stehe, sei es eine kluge Entscheidung gewesen, eine Kanzlei zu wählen, die zahlreiche Erfolge im Gerichtssaal vorweisen könne.
    Seite um Seite zitierte sie andere missbräuchliche Klagen, bei denen Bundesrichter mit der ganzen Härte des Gesetzes gegen die skrupellosen Anwälte vorgegangen waren, die leichtfertig Klage eingereicht hatten, wobei auch zwei Fälle aus dem geheiligten Gerichtssaal von Richter Harry L. Seawright Erwähnung fanden.
    Vom Gericht gemäß Prozessordnungsvorschrift 11 verhängte Sanktionen seien von den Anwälten und deren Mandanten zu gleichen Teilen zu tragen.
    »Überraschung, Überraschung, Iris: Sie schulden jetzt die Hälfte von neun Millionen Dollar«, murmelte David vor sich hin, in der Hoffnung, sich mit Humor über diesen deprimierenden Tag zu retten. Er las den Antrag zuerst, und als er damit durch war, war sein Kragen schweißnass. Nadine Karros und ihr kleines Heer bei Rogan Rothberg hatten dafür weniger als achtundvierzig Stunden gebraucht, und David sah die jungen Nachwuchsanwälte geradezu vor sich, wie sie die Nächte durcharbeiteten und an ihren Schreibtischen schliefen.
    Nachdem Wally ihn gelesen hatte, verließ er wortlos das Büro und wurde für den Rest des Tages nicht mehr gesehen. Nachdem Oscar ihn gelesen hatte, schlurfte er zu dem schmalen Sofa in seinem verschlossenen Büro, schlüpfte aus seinen Schuhen, streckte sich lang aus und legte einen Arm über die Augen. Nach ein paar Minuten sah er nicht nur aus wie tot – er betete tatsächlich um ein schnelles Ende.
     
    Rechtsanwalt Bart Shaw hatte sich darauf spezialisiert, andere Anwälte wegen Verletzung der Anwaltspflichten zu verklagen. Diese kleine Nische in einem stark gesättigten Markt machte ihn unter seinen Berufskollegen zum Paria. Er hatte in der Anwaltschaft kaum Freunde, hielt dies jedoch für einen Vorteil. Er war klug, begabt und aggressiv, genau der Mann, den Varrick brauchte, um eine etwas zwielichtige Aufgabe zu erledigen, die trotzdem nicht gegen die Standesregeln verstieß.
    Nach einer Reihe von Telefonaten mit Judy Beck, Nick Walkers Kollegin aus der Rechtsabteilung von Varrick, erklärte sich Shaw mit den Bedingungen eines vertraulichen Mandats einverstanden. Er erhielt einen Vorschuss von fünfundzwanzigtausend Dollar, sein Stundenhonorar belief sich auf sechshundert Dollar. Die Honorare aus eventuellen Verfahren wegen Verletzung der Anwaltspflichten sollten bei Shaw verbleiben.
    Sein erster Anruf galt Iris Klopeck, deren emotionale Stabilität einen Monat vor der Verhandlung gewaltig schwankte. Sie hatte keine

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