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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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dass sich Zell & Potter zurückzog. Ein langwieriges Verfahren gegen einen Profi wie Jerry Alisandros mochte eine Herausforderung sein, aber mit Finley, Figg oder beiden würde sie schon fertigwerden, da hatte Ms. Karros keine Bedenken.
    Richter Seawright handelte ebenfalls mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit und lehnte schon am Folgetag einen Aufschub ab. Der erste Verhandlungstag sei auf den 17. Oktober angesetzt, und dabei solle es bleiben. Er habe sich zwei Wochen in seinem Terminkalender frei gehalten, und es sei anderen Prozessparteien gegenüber unfair, den Zeitplan zu ändern. Mr. Figg habe (»… unter großem Aufsehen«) Klage eingereicht und ausreichend Zeit zur Vorbereitung gehabt. Wofür gebe es schließlich beschleunigte Verfahren?
    Für Jerry Alisandros fand Richter Seawright deutliche Worte, aber letztendlich gab er seinem Entlassungsantrag statt. Verfahrenstechnisch wurden solche Anträge praktisch nie abgelehnt. Schließlich sei die Mandantin Iris Klopeck auch nach dem Ausscheiden von Mr. Alisandros angemessen anwaltlich vertreten, stellte der Richter fest. Wie angemessen diese Vertretung war, stand nicht zur Debatte, und der Richter sah großzügig darüber hinweg, dass Mr. Figg, Mr. Finley und Mr. Zinc keinerlei Erfahrung am Bundesgericht vorweisen konnten.
    Wally konnte nur noch einen Antrag auf Abweisung der Klage in der Sache Klopeck und in den sieben anderen Fällen stellen. Das Glück hatte sich gewendet, und er stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch, aber so schwer ihm das Aufgeben auch fiel, der Gedanke, mutterseelenallein, als einziger Vertreter Tausender Krayoxx-Opfer, in Seawrights Gerichtssaal zu marschieren und einen Prozess zu führen, mit dem selbst die gewieftesten Prozessanwälte nichts mehr zu tun haben wollten, war unerträglich. Kam nicht infrage. Wie alle anderen, die in die Falle getappt waren, dachte Wally nur noch an Flucht. Oscar bestand darauf, die Mandanten zuerst zu benachrichtigen. Auch David fand, ohne ihre Zustimmung könne er sich nicht aus dem Verfahren zurückziehen. Wally willigte halbherzig ein, brachte es aber nicht über sich, seinen Mandanten mitzuteilen, dass er sie fallen ließ, nachdem er ihnen wenige Tage zuvor in seinem optimistischen Schreiben zwei Millionen so gut wie versprochen hatte.
    Er feilte bereits an Ausreden. Iris und den anderen wollte er erzählen, Varrick habe eine Abweisung des Verfahrens am Bundesgericht erreicht und er und die anderen Anwälte planten jetzt eine Klage beim zuständigen Gericht des Bundesstaats, das werde aber dauern und so weiter. Wally wollte auf Zeit spielen, ein paar Monate herausschinden, indem er die Leute hinhielt, ihnen Lügen auftischte, die Verzögerung dem bösen, großen Varrick-Konzern in die Schuhe schob. Erst einmal musste sich der Staub legen. Der Traum vom schnellen Geld würde allmählich verblassen. Nach einem Jahr oder so würde er sich neue Ausflüchte einfallen lassen, und irgendwann war alles vergessen.
    Er tippte den Antrag selbst, und als er fertig war, starrte er lange auf das Dokument auf seinem Bildschirm. Er hatte die Tür abgeschlossen und die Schuhe ausgezogen, als er schließlich auf »Senden« klickte und dem Traum vom großen Geld Lebewohl sagte.
    Er brauchte einen Drink. Er musste alles vergessen. Wally war allein und stand vor dem finanziellen Ruin, sein großer Traum war zerplatzt, sein Schuldenberg höher denn je. Er brach zusammen und fing an zu weinen.

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    So nicht, sagte Ms. Karros. Ihre prompte und scharf formulierte Erwiderung auf den Antrag auf Abweisung, den Wally für Routine gehalten hatte, kam völlig unerwartet. Zunächst einmal erklärte sie, ihre Mandantin bestehe auf einer mündlichen Verhandlung. Dann schilderte sie in allen Einzelheiten das Sperrfeuer der Medien, dem Varrick Labs seit über einem Jahr ausgesetzt und das weitgehend von den Anwälten der Kläger entfacht und geschürt worden sei, was sie durch einen beigefügten acht Zentimeter dicken Ordner mit Presseausschnitten aus dem ganzen Land belegte. Hinter jedem Artikel stecke ein großsprecherischer Anwalt (unter anderem Wally), der Varrick wegen Krayoxx geißelte und Millionen forderte. Daher sei es nun in hohem Maße unfair, denselben Anwälten zu gestatten, sich ohne ein Wort der Entschuldigung an das Unternehmen davonzustehlen.
    Ihre Mandantin wolle im Grunde auch keine Entschuldigung, sondern Gerechtigkeit. Einen fairen Prozess vor einem Geschworenengericht. Varrick Labs habe den Streit

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