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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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erklärte der, »den Arzt, der unsere Mandanten untersucht hat. Nachdem alle Tests gestoppt wurden, ist er wieder zu Hause in Atlanta. Er würde in der Sache Klopeck aussagen, für ein Honorar von fünfundsiebzigtausend, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Sein Akzent ist ziemlich stark.«
    »Fünfundsiebzigtausend?«, wiederholte Oscar. »Und er kann sich noch nicht mal verständlich ausdrücken?«
    »Er ist Russe, und sein Englisch ist nicht so besonders, was sich in der Verhandlung zu unserem Vorteil auswirken könnte, weil es die Geschworenen verwirrt.«
    »Tut mir leid, jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
    »Wir müssen davon ausgehen, dass Nadine Karros den Mann im Kreuzverhör in der Luft zerreißt. Wenn die Geschworenen merken, wie wenig er auf dem Kasten hat, schadet das unserer Sache. Wenn sie sich aber nicht sicher sind, weil sie ihn nicht gut verstehen, hält sich der Schaden vielleicht in Grenzen.«
    »Und das haben Sie in Harvard gelernt?«
    »Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, was ich in Harvard gelernt habe.«
    »Und wieso sind Sie plötzlich Spezialist für Prozessführung?«
    »Bin ich ja gar nicht, aber ich lese viel und sehe mir die Wiederholungen von Perry Mason im Fernsehen an. Die kleine Emma schläft nicht gut, da bin ich nachts oft wach.«
    »Klingt sehr beruhigend.«
    »Mit etwas Glück finden wir für fünfundzwanzigtausend Dollar oder so einen Pharmakologen, der es nicht so genau nimmt«, sagte Wally. »Möglicherweise gibt es noch ein paar Zusatzkosten, aber bisher hat sich Rogan kaum zur Wehr gesetzt.«
    »Jetzt wissen wir auch, warum«, stellte Oscar fest. »Die wollen eine Hauptverhandlung, und zwar schnell. Sie wollen Gerechtigkeit. Sie wollen ein schnelles, eindeutiges Urteil, mit dem sie an die Öffentlichkeit gehen können. Wir sind in eine Falle getappt. Varrick brauchte das Wort ›Vergleich‹ nur zu erwähnen, und schon hatten sich die Sammelklagenanwälte neue Jets bestellt. Die haben euch bis einen Monat vor dem Verhandlungstermin hingehalten, um euch dann den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Deine lieben Freunde bei Zell & Potter haben sich durch die Hintertür davongestohlen, und wir stehen vor dem finanziellen Ruin.«
    »Das haben wir doch schon ausführlich besprochen, Oscar«, sagte Wally energisch.
    Es folgte eine halbe Minute Pause, in der sich die Gemüter etwas beruhigten.
    »Das Gebäude ist dreihunderttausend Dollar wert und unbelastet«, stellte Wally nach einiger Überlegung fest. »Ich schlage vor, wir gehen zur Bank, lassen uns einen Kreditrahmen von zweihunderttausend Dollar einräumen und suchen uns Sachverständige.«
    »Hab ich’s mir doch gedacht«, erwiderte Oscar. »Warum sollen wir dem schlechten Geld gutes hinterherwerfen?«
    »Das weißt du ganz genau. Du hast als Prozessanwalt mehr Erfahrung als ich, was nicht viel heißen will, aber …«
    »Zumindest damit hast du völlig recht.«
    »Wir können nicht einfach in die Sitzung spazieren, die Geschworenen auswählen und in Deckung gehen, wenn Ms. Karros das Feuer eröffnet. Wenn wir nicht ein paar Sachverständige auftreiben, gibt es gar keine Verhandlung. Das allein ist Verletzung der Anwaltspflichten.«
    David versuchte, Wally beizuspringen. »Dieser Shaw sitzt hundertprozentig im Gericht und beobachtet uns.«
    »Stimmt«, pflichtete Wally bei. »Und wenn wir nicht wenigstens versuchen, unsere Sache vernünftig zu vertreten, kommt Seawright vielleicht zu dem Schluss, dass die Klage missbräuchlich war, und verhängt Sanktionen. So verrückt es klingt: Wenn wir jetzt kein Geld ausgeben, kommt uns das vielleicht später teuer zu stehen.«
    Oscar holte tief Luft und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Das ist Wahnsinn. Der totale Wahnsinn.«
    Wally und David waren ganz seiner Meinung.
     
    Wally zog seinen Antrag auf Klageabweisung zurück und setzte Bart Shaw auf Kopie. Nadine Karros nahm ihre Erwiderung und ihren Antrag auf Sanktionen gemäß Prozessordnungsvorschrift 11 zurück. Als Richter Seawright die entsprechenden Beschlüsse unterzeichnet hatte, atmete man in der Boutiquekanzlei Finley & Figg erst einmal auf. Für den Augenblick waren die drei Anwälte aus der Schusslinie.
    Nach Prüfung der finanziellen Lage der Kanzlei zeigte sich die Bank nicht bereit, das Darlehen zu gewähren, obwohl das Bürogebäude unbelastet war. Ohne Helen einzuweihen, übernahm David eine persönliche Bürgschaft für den Kreditrahmen, genau wie die beiden Partner. Nachdem nun

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