Verteidigung
Ton vor weiteren Verstößen, die unerfreuliche rechtliche Schritte nach sich ziehen würden.
Oscar und Wally, die es gewohnt waren, dass ihnen standeswidriges Verhalten vorgeworfen wurde, beunruhigten die einzelnen Behauptungen weniger als die Botschaft an sich: Sollten die Klagen abgewiesen werden, würde die Kanzlei umgehend wegen Verletzung der Anwaltspflichten verklagt werden. David dagegen fand jedes einzelne Wort in Shaws Brief verstörend.
Sie saßen am Tisch, alle drei niedergeschlagen und mutlos. Keiner schrie oder fluchte. David wusste, dass sich die beiden anderen bereits in die Haare bekommen hatten, als er nicht im Büro gewesen war.
Die Situation war ausweglos. Wenn die Klopeck-Klage abgewiesen wurde, würde Ms. Karros mit ihrem Antrag auf Sanktionen Hackfleisch aus ihnen machen, und der gute Seawright würde sie dabei bereitwillig unterstützen. Dann drohten der Kanzlei Strafzahlungen in Millionenhöhe. Außerdem würde sie dieser Hai Shaw mit einem Verfahren wegen Verstoßes gegen die Standesregeln überziehen und sie die nächsten beiden Jahre mit Schmutz bewerfen. Wenn sie ihren Antrag auf Abweisung jedoch zurückzogen, mussten sie in nur fünfundzwanzig Tagen in die Verhandlung.
Während Wally auf einem Block herummalte, als stünde er unter Beruhigungsmitteln, redete Oscar ununterbrochen. »Entweder schaffen wir uns diese Fälle vom Hals und sind finanziell ruiniert, oder wir gehen am Montag in drei Wochen mit einer Klage vor ein Bundesgericht, mit der sich kein Anwalt bei klarem Verstand vor eine Geschworenenjury wagen würde. Einer Klage, bei der die Haftungsfrage ungeklärt ist, ohne Sachverständige, ohne solide Tatsachen, dafür mit einer Mandantin, die die Hälfte der Zeit irre ist und während der restiichen Zeit unter Drogen steht, einer Mandantin, deren verstorbener Ehemann einhundertfünfundvierzig Kilo wog und sich im Grunde zu Tode gefressen hat, gegen ein ganzes Heer hoch bezahlter und hoch qualifizierter Anwälte, die über unbegrenzte finanzielle Mittel und Sachverständige von den besten Kliniken des Landes verfügen, vor einen Richter, der uns nicht ausstehen kann, weil er uns für unerfahren und inkompetent hält und … was noch? Habe ich etwas vergessen, David?«
»Wir haben kein Geld für die Prozesskosten«, sagte David, nur der Vollständigkeit halber.
»Stimmt. Gut gemacht, Wally. Diese Sammelklagen sind wirklich eine wahre Goldgrube.«
»Hör auf, Oscar«, sagte Wally leise. »Das hat doch keinen Sinn. Ich übernehme die volle Verantwortung. Es ist alles meine Schuld. Du kannst mich mit dem Ochsenziemer auspeitschen, wenn du dich dann besser fühlst. Ich möchte trotzdem vorschlagen, dass wir das Gespräch auf konstruktive Vorschläge beschränken. Einverstanden?«
»Klar. Was hast du denn für einen Plan? Noch mehr brillante Einfälle?«
»Wir müssen kämpfen.« Wallys Stimme war immer noch belegt, die Worte kamen nur langsam. »Wir müssen versuchen, irgendwas an Beweismaterial zusammenzubekommen. Damit gehen wir vor Gericht und kämpfen wie die Löwen. Wenn wir dann verlieren, können wir unseren Mandanten und diesem Mistkerl Shaw zumindest sagen, dass wir unser Bestes getan haben. Bei jedem Prozess gibt es Gewinner und Verlierer. Natürlich werden wir sang- und klanglos untergehen, aber ich verlasse den Gerichtssaal lieber erhobenen Hauptes, als dass ich mich mit Sanktionen und Verfahren wegen Verstoßes gegen die Standesregeln überziehen lasse.«
»Hast du schon mal vor einem Geschworenengericht gestanden?«, fragte Oscar.
»Nein. Du?«
»Nein.« Oscar sah David an. »Und Sie, David?«
»Nein.«
»Habe ich’s mir doch gedacht. Drei Hampelmänner, die mit der liebenswerten Iris Klopeck im Schlepptau vor Gericht antreten und keine Ahnung haben, was sie tun sollen. Welches Beweismaterial willst du eigentlich auftreiben? Würdest du uns bitte aufklären, Wally?«
Wally fixierte ihn wütend. »Wir versuchen, ein paar Sachverständige zu finden, einen Kardiologen und vielleicht einen Pharmakologen. Es gibt jede Menge Sachverständige, die für Geld alles sagen. Wir bezahlen sie, rufen sie als Zeugen auf und hoffen, dass wir damit durchkommen.«
»Das werden wir natürlich nicht, weil kein seriöser Sachverständiger für uns aussagen wird.«
»Kann gut sein, aber wir müssen es zumindest versuchen. Wir dürfen nicht ohne Gegenwehr aufgeben.«
»Was kosten diese Quacksalber?«
Wally sah David an.
»Ich habe heute Nachmittag Dr. Borsow kontaktiert«,
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