Verteidigung
befördert. Ich werde leitender Anwalt, und Sie sind mein zweiter Mann.«
»Die Show geht also weiter?«, fragte Rochelle.
»O ja«, erwiderte David. »Wir haben praktisch keinen Einfluss darauf, was jetzt passiert. Varrick hat das Sagen. Das Unternehmen will eine mündliche Verhandlung, weil es sich rehabilitieren will. Varrick will einen großen Sieg. Schlagzeilen. Den Beweis dafür, dass die Wunderdroge doch nicht so schlecht ist. Und der Richter sympathisiert eindeutig damit.« Noch ein Bissen Speck. »Sie haben die Fakten, das Geld, die Sachverständigen, kompetente Rechtsanwälte und den Richter auf ihrer Seite.«
»Und was haben wir?«, wollte sie wissen.
Beide Anwälte überlegten eine Weile und schüttelten dann einhellig den Kopf. Nichts. Wir haben nichts.
»Na ja, wir haben Iris«, meinte Wally schließlich, was ihm einen Lacher einbrachte. »Die liebe Iris.«
»Und wird sie vor den Geschworenen aussagen?«
»Nein. Einer ihrer Ärzte hat per E-Mail eine Bestätigung geschickt, dass sie körperlich nicht in der Lage ist, vor Gericht auszusagen«, erklärte David.
»Gott sei Dank«, sagte Wally.
Nachdem sie eine Stunde lang die Zeit totgeschlagen hatten, beschlossen sie einstimmig, in die Kanzlei zurückzufahren, um hoffentlich etwas Produktives zu leisten. David und Wally hatten Dutzende von Dingen für das Verfahren vorzubereiten. Um 11.30 Uhr rief eine Krankenschwester mit der erfreulichen Nachricht an, dass Oscar aus dem Operationssaal heraus und die Operation problemlos verlaufen sei. In den nächsten vierundzwanzig Stunden durfte er keinen Besuch empfangen, was ebenfalls gut in den Plan passte. David mailte den aktuellen Stand an das Büro von Richter Seawright und erhielt fünfzehn Minuten später eine Antwort, mit der alle Anwälte für vierzehn Uhr ins Richterzimmer geladen wurden.
»Bitte grüßen Sie Mr. Finley«, begann der Richter beiläufig, als die Anwälte saßen – David und Wally auf der einen, Nadine Karros und vier ihrer Lakaien auf der anderen Seite.
»Danke, Euer Ehren«, erwiderte Wally, um überhaupt etwas zu sagen.
»Der neue Plan sieht folgendermaßen aus«, fuhr Seawright ungerührt fort. »Auf der Liste stehen noch vierunddreißig potenzielle Geschworene. Die werde ich für Freitag, den 21. Oktober, morgens laden – das ist in drei Tagen –, damit eine neue Jury ausgewählt werden kann. Montag, der 24. Oktober, wäre dann der nächste Verhandlungstermin. Irgendwelche Anmerkungen oder Fragen?«
Jede Menge, hätte Wally gern gesagt. Aber womit soll ich anfangen?
Keiner der Anwälte äußerte sich.
»Mir ist klar, dass das den Anwälten der Klägerin nicht viel Zeit lässt, sich neu zu organisieren«, fuhr der Richter fort, »aber ich bin davon überzeugt, dass Mr. Figg ebenso kompetent ist wie Mr. Finley. Offen gesagt hat keiner von beiden Erfahrung am Bundesgericht. Den einen durch den anderen zu ersetzen wird daher der Sache der Klägerin in keiner Weise abträglich sein.«
»Wir sind bereit, in die Verhandlung zu gehen«, verkündete Wally laut, weil er das nicht auf sich sitzen lassen wollte.
»Gut. Nun zu Ihnen, Mr. Figg. Ich werde in meinem Gerichtssaal keine Ihrer abstrusen Äußerungen mehr dulden, ob die Geschworenen anwesend sind oder nicht.«
»Ich entschuldige mich, Euer Ehren«, erklärte Wally mit offenkundig gespielter Demut.
»Und ich nehme die Entschuldigung an. Allerdings verhänge ich gegen Sie und Ihre Kanzlei ein Bußgeld in Höhe von fünftausend Dollar wegen Ihres rücksichtslosen und unprofessionellen Verhaltens in der Verhandlung und werde es wieder tun, falls Sie sich noch einmal danebenbenehmen.«
»Das ist aber hart!«, platzte Wally heraus.
Der Ader lass geht also weiter, dachte David. Fünfundsiebzigtausend für Dr. Borsow, fünfzigtausend für Dr. Herbert Threadgill, ihren sachverständigen Pharmakologen, fünfzehntausend Dollar für Dr. Kanya Meade, ihre sachverständige Wirtschaftswissenschaftlerin, und fünfundzwanzigtausend für Consuelo, die Geschworenenberaterin. Noch einmal fünfzehntausend, um alle Sachverständigen nach Chicago zu schaffen, zu verpflegen und in gehobenen Hotels unterzubringen – schon kosteten Iris Klopeck und ihr verstorbener Ehemann Finley & Figg mindestens einhundertachtzigtausend Dollar. Jetzt hatten sie noch einmal fünftausend Dollar verloren, nur weil Wally sein loses Mundwerk nicht im Zaum halten konnte.
David versuchte, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass es trotzdem die billigere
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