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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Richterzimmer. »Euer Ehren, ich muss ins Krankenhaus.«
    »Einen Augenblick Geduld, Mr. Figg.«
    Nadine Karros stand sichtlich aufgebracht im Raum. »Euer Ehren«, sagte sie in bester anwaltlicher Manier, »aufgrund der direkt an die Geschworenen gerichteten unzulässigen Bemerkung von Mr. Figg beantragen wir, das Verfahren für fehlerhaft zu erklären.«
    »Mr. Figg?« Seawrights Ton ließ vermuten, dass er vorhatte, dem Antrag stattzugeben.
    Wally, der ebenfalls stand, fiel keine Antwort ein.
    »Wieso sollten die Geschworenen voreingenommen sein?«, mischte sich David instinktiv ein. »Mr. Finley hat das Medikament doch gar nicht genommen. Natürlich war es eine dumme Bemerkung, die aus der chaotischen Situation entstand, aber von Voreingenommenheit kann keine Rede sein.«
    »Da bin ich anderer Meinung«, konterte Nadine Karros. »Mehrere Geschworene fanden das witzig und hätten fast gelacht. Dumm ist gar kein Ausdruck. Es war eindeutig eine unzulässige und in hohem Maße suggestive Bemerkung.«
    Wenn das Verfahren für fehlerhaft erklärt wurde, bedeutete das eine Verzögerung, was der Klägerpartei sehr entgegenkäme. Von ihnen aus konnte der Prozess ruhig um zehn Jahre verschoben werden.
    »Dem Antrag ist stattgegeben«, erklärte der Richter. »Ich erkläre das Verfahren für fehlerhaft. Was jetzt?«
    Wally hatte sich auf einen Stuhl fallen lassen und sah blass aus.
    David sprach den ersten Gedanken aus, der ihm in den Sinn kam. »Wir brauchen eindeutig mehr Zeit. Wie wäre es mit einem Aufschub oder etwas in der Art?«
    »Ms. Karros?«
    »Die Situation ist allerdings einzigartig. Ich schlage vor, wir warten vierundzwanzig Stunden, wie sich Mr. Finleys Gesundheitszustand entwickelt. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass Mr. Figg die Klage eingereicht hat und bis vor ein paar Tagen leitender Anwalt war. Ich bin mir sicher, dass er den Prozess genauso fuhren kann wie sein Seniorpartner.«
    »Guter Punkt«, stimmte Richter Seawright zu. »Mr. Zinc, ich schlage vor, Sie fahren mit Mr. Figg ins Krankenhaus und erkundigen sich, wie es Mr. Finley geht. Informieren Sie mich per E-Mail, mit Kopie an Ms. Karros.«
    »Geht in Ordnung, Richter Seawright.«
     
    Oscar hatte einen akuten Myokardinfarkt erlitten. Er war stabil und würde wohl überleben, aber bei ersten Untersuchungen war eine starke Verengung von drei Herzkranzgefäßen festgestellt worden. David und Wally verbrachten einen trübseligen Tag im Wartezimmer der Intensivstation, wo sie die Zeit totschlugen, indem sie ihre Prozessstrategie besprachen, E-Mails an Richter Seawright schickten, sich Snacks aus dem Automaten holten und vor lauter Langeweile durch die Gänge wanderten. Wally war sich sicher, dass weder Paula Finley noch ihre Tochter Keely im Krankenhaus waren. Es war mittlerweile drei Monate her, dass Oscar ausgezogen war, und er hatte bereits eine neue Beziehung, die er natürlich nicht publik machte. Angeblich hatte Paula ebenfalls einen neuen Partner gefunden. Auf jeden Fall war die Ehe zur allgemeinen Zufriedenheit beendet, auch wenn die Scheidung noch längst nicht über die Bühne war.
    Um 16.30 Uhr führte sie eine Krankenschwester an Oscars Bett, damit sie kurz mit ihm reden konnten. Er war bei Bewusstsein und atmete selbstständig, war aber an jede Menge Schläuche und Monitore angeschlossen.
    »Eindrucksvolles Eröffnungsplädoyer«, sagte Wally, was mit einem schwachen Lächeln quittiert wurde. Dass das Verfahren für fehlerhaft erklärt worden war, erwähnten sie lieber nicht. Nach ein paar ungeschickten Anläufen, ein Gespräch in Gang zu bringen, merkten sie, dass Oscar zu müde war, um sich zu unterhalten, also verabschiedeten sie sich und gingen. Auf dem Weg nach draußen erfuhren sie von einer Krankenschwester, dass die Operation für den nächsten Morgen um sieben Uhr angesetzt war.
    Am nächsten Tag um sechs Uhr standen David, Wally und Rochelle an Oscars Bett, um ihm alles Gute zu wünschen, bevor er in den Operationssaal kam. Als eine Krankenschwester sie bat zu gehen, zogen sie in die Cafeteria weiter, wo sie ein herzhaftes Frühstück mit wässerigen Eiern und kaltem Speck einnahmen.
    »Was wird aus dem Prozess?«, fragte Rochelle.
    David kaute auf einem Streifen Speck herum. »Weiß nicht, aber ich habe das unbestimmte Gefühl, viel Aufschub werden wir nicht bekommen.«
    Wally rührte in seinem Kaffee und ließ dabei zwei junge Krankenschwestern nicht aus den Augen. »Sieht so aus, als würden wir

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