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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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wirken schien. Er hatte zwanzig Jahre lang geraucht, es aber mit einundvierzig geschafft aufzuhören – mithilfe von NicoRoll, einem Nikotinkaugummi mit hohem Suchtpotenzial. Er kaute es ununterbrochen und verbrauchte mindestens drei Packungen pro Tag. Laut einer Blutuntersuchung, die ein Jahr vor seinem Tod durchgeführt worden war, war die Leberfunktion eingeschränkt. Percy hatte eine Schwäche für Gin, und seinen Kreditkartenauszügen zufolge, die Ms. Karros sich unter Strafandrohung hatte vorlegen lassen, hatte er bei Bilbo’s Spirits in der Stanton Avenue, einen halben Kilometer von seinem Haus entfernt, mindestens drei Dreiviertelliterflaschen pro Woche gekauft. Morgens fühlte er sich oft schlecht und klagte über Kopfschmerzen, daher standen auf seinem unaufgeräumten Schreibtisch in der Arbeit mindestens zwei große Gläschen Ibuprofen griffbereit.
    Als Dr. Parkin mit ihrer langatmigen Schilderung von Percys Gewohnheiten und Gesundheit fertig war, schien es auf der Hand zu liegen, dass unmöglich ein einzelnes Medikament für seinen Tod verantwortlich gemacht werden konnte. Da keine Autopsie durchgeführt worden war – Iris war zu verstört gewesen, um auch nur daran zu denken –, gab es keinen objektiven Beweis dafür, dass er überhaupt an einem Herzinfarkt gestorben war. Sein Tod mochte auf Atemstillstand zurückzuführen sein, was so ziemlich alles bedeuten konnte.
    Wally und Oscar hatten erwogen, den Toten exhumieren zu lassen, um die genaue Todesursache zu ermitteln, aber Iris hatte bei dem Gedanken daran einen Wutanfall bekommen. Außerdem hätten Exhumierung, Autopsie und erneute Beisetzung fast zehntausend Dollar gekostet, die Oscar auf keinen Fall investieren wollte.
    Dr. Parkin war davon überzeugt, dass Percy Klopeck jung gestorben war, weil das seiner genetischen Veranlagung entsprach, die durch seine Lebensweise verstärkt worden war. Außerdem war sie der Meinung, dass sich die kumulative Wirkung dieses erstaunlichen Bombardements mit Medikamenten unmöglich einschätzen ließ.
    Armer Percy, dachte David. Da lebte er ein kurzes, ereignisloses Leben und starb friedlich im Schlaf, ohne zu ahnen, dass seine Gewohnheiten und Krankheiten eines Tages in einer öffendichen Verhandlung von Fremden seziert werden würden.
    Die Aussage war vernichtend und enthielt nichts, was David im Kreuzverhör hätte hinterfragen wollen. Um 12.30 Uhr vertagte Richter Seawright die Verhandlung auf vierzehn Uhr. David und Helen verließen fluchtartig das Gerichtsgebäude und gönnten sich ein ausgiebiges Mittagessen. David bestellte eine Flasche Weißwein, und sogar Helen, die selten trank, nahm ein Glas. Sie stießen auf Percy an, Gott hab ihn selig.
     
    Davids bescheidene Meinung war, dass Nadine Karros und die Beklagtenpartei mit dem ersten Zeugen des Nachmittags leichte Schwächen erkennen ließen. Das war Dr. Litchfield, Kardiologe und Herz- und Gefäßchirurg an der weltbekannten Cleveland Clinic, wo er Patienten behandelte, lehrte und forschte. Er hatte die undankbare Aufgabe, den Geschworenen Percys letztes Echokardiogramm zu erklären, dasselbe Video, mit dem Dr. Borsow ihnen den Rest gegeben hatte. Da ihr klar war, dass eine erneute Betrachtung des Materials nicht gut ankommen würde, gab Nadine Gas und entschied sich für eine beschleunigte Version der Aussage. Fazit: Es gab keinen Rückfluss von Blut durch die Mitralklappe. Die linke Herzkammer war nicht vergrößert; falls der Patient tatsächlich an einem Herzinfarkt gestorben war, ließ sich die Ursache nicht ermitteln. Fazit: Borsow war ein Idiot.
    Vor Davids geistigem Auge tauchte eine Vision von Wally auf, wie er im Bademantel oder Schlafanzug – was auch immer er im Harbor House bekommen hatte –, mittlerweile nüchtern und durch entsprechende Medikamente ruhiggestellt, friedlich in seinem bequemen Bett lag und las oder auf den Lake Michigan hinaussah, ohne auch nur einen Gedanken an das Gemetzel in Sitzungssaal 2314 zu verschwenden. Dabei war alles seine Schuld. In den Monaten, in denen er durch Chicago gedüst, billige Bestattungsunternehmen besucht und in Fitnessklubs und Fast-Food-Restaurants Broschüren verteilt hatte, hatte er sich nicht ein einziges Mal mit der physiologischen und pharmakologischen Wirkung von Krayoxx und der angeblichen Schädigung der Herzklappen durch das Mittel befasst. Er war bereitwillig davon ausgegangen, dass das Medikament fehlerhaft war, hatte sich, angestachelt von gewieften Sammelklagengrößen wie

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