Verteidigung
der Geschworenen je so sicher?«, fragte Massey.
Nadine nippte an ihrem Wein und überlegte einen Augenblick, dann schüttelte sie den Kopf. »Nicht dass ich wüsste.«
»Wie sind unsere Chancen auf einen Sieg, wenn wir bis zum Geschworenenspruch gehen?«
Alle Blicke hingen an ihr, während sie einen weiteren winzigen Schluck trank. »Auf Vorhersagen sollte man sich als Anwalt nicht einlassen, Mr. Massey.«
»Aber Sie sind keine typische Anwältin, Ms. Karros.«
»Fünfundneunzig Prozent.«
»Fünfundneunzig.« Nick Walker lachte.
Massey trank von seinem dritten Scotch und schnalzte mit den Lippen. »Ich will ein Geschworenenurteil. Ich will, dass die Geschworenen nach – natürlich – kurzer Beratung zugunsten von Varrick entscheiden. Für mich ist ein Geschworenenurteil eine Generalabrechnung, Rache, Vergeltung, viel mehr als ein Sieg. Mit diesem Geschworenenurteil gehe ich auf breiter Front an die Öffentlichkeit. Unsere PR-Leute und die Werbeagenturen sitzen schon in den Startlöchern. Koane, unser Mann in Washington, ist davon überzeugt, dass die FDA bei einem Geschworenenurteil ihre Blockadehaltung aufgeben und das Medikament wieder zulassen wird. Unsere Anwälte im ganzen Land setzen auf ein Geschworenenurteil, das die Sammelklagenhaie endgültig in ihre Schranken weist. Ich will ein Geschworenenurteil, Ms. Karros. Können Sie das erreichen?«
»Wie gesagt, mit fünfundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit.«
»Damit wäre alles klar. Kein Urteil im beschleunigten Verfahren. Die machen wir fertig.«
44
Punkt neun Uhr am Donnerstagmorgen kündigte ein Gerichtsdiener den Richter an, und der gesamte Saal erhob sich. Als die Geschworenen wieder Platz genommen hatten, kam Seawright gleich zur Sache. »Sie haben das Wort, Mr. Zinc.«
David erhob sich. »Euer Ehren, die Beweisführung der Klägerpartei ist abgeschlossen.«
Der Richter war nicht überrascht. »Sind Ihnen noch mehr Zeugen abhandengekommen, Mr. Zinc?«
»Nein. Das waren alle.«
»Gut. Möchten Sie einen Antrag stellen, Ms. Karros?«
»Nein. Wir sind bereit, das Verfahren weiter durchzuführen.«
»Das hatte ich mir gedacht. Rufen Sie Ihren ersten Zeugen auf.«
Genau das war auch Davids Befürchtung gewesen. Er hatte auf ein rasches Ende gehofft, aber offenkundig hatten Nadine Karros und ihre Mandantin Blut gerochen. Von nun an konnte er im Grunde nichts anderes mehr tun, als einer richtigen Prozessanwältin bei der Arbeit zuzusehen.
»Die Beklagtenpartei ruft Dr. Jesse Kindorf in den Zeugenstand.« David entdeckte erfreute Gesichter bei den Geschworenen. Sie würden einen echten Prominenten zu Gesicht bekommen.
Jesse Kindorf war Leiter der Bundesgesundheitsbehörde gewesen. Er hatte das Amt sechs Jahre lang inne und ging keinem Konflikt aus dem Weg. Praktisch täglich geißelte er die Tabakindustrie. Er hielt große Pressekonferenzen ab, in denen er den Fett- und Kaloriengehalt beliebter Fast-Food-Lebensmittel bekannt gab. Er urteilte vernichtend über einige der bekanntesten und beliebtesten Firmen Amerikas, einen Hersteller von Konsumprodukten, der sich auf die Massenproduktion und Vermarktung von stark verarbeiteten Lebensmitteln verlegt hatte. In verschiedenen Phasen seiner Amtszeit hatte er Butter, Käse, Eier, rotes Fleisch, Zucker, Limonade und Alkohol den Krieg erklärt; am meisten Aufsehen erregte jedoch das von ihm vorgeschlagene Kaffeeverbot. Er genoss es von Herzen, im Rampenlicht zu stehen, und mit seinem attraktiven Äußeren, seiner sportlichen Figur und seiner Schlagfertigkeit wurde er schnell zum bekanntesten Leiter in der Geschichte der Bundesgesundheitsbehörde. Die Tatsache, dass er nun auf der anderen Seite stand und für ein großes Unternehmen aussagte, war für die Geschworenen ein klares Signal dafür, dass er von dem Medikament überzeugt war.
Außerdem war er Kardiologe und aus Chicago. Als er in den Zeugenstand trat, lächelte er den Geschworenen, seinen Geschworenen, kurz zu. Nadine Karros begann mit dem mühseligen Nachweis seiner Qualifikation, um seine Eignung als Sachverständiger zu belegen.
David sprang auf. »Euer Ehren, wir akzeptieren Dr. Kindorf als sachverständigen Kardiologen.«
Nadine drehte sich um und lächelte ihn an. »Danke.«
»Danke, Mr. Zinc«, knurrte der Richter.
Im Großen und Ganzen sagte Dr. Kindorf aus, er habe Krayoxx in den letzten Jahren Tausenden von Patienten verschrieben, ohne irgendwelche Nebenwirkungen zu beobachten. Bei neunzig Prozent seiner Patienten
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