Verteidigung
Drugstore erstanden – in die erwartungsvollen Augen von Mrs. Flander. »Sie bekommen die Waschmaschine und den Trockner, außerdem die Mikrowelle, das Laufband und den Flachbildfernseher?«
»Ja.«
»Genau genommen bekommen Sie etwa achtzig Prozent der Möbel und Haushaltsgeräte, richtig?«
»Ich glaube schon. Was ist daran falsch?«
»Nichts, bis auf die Tatsache, dass er fast das ganze Bargeld bekommt.«
»Ich halte das für gerecht«, sagte Mr. Flander.
»Das glaube ich Ihnen.«
»Halten Sie es für gerecht?«, fragte sie.
Oscar zuckte die Achseln, als ginge ihn das nichts an. »Ich würde sagen, das ist recht typisch. Aber Bargeld ist wichtiger als ein Haufen gebrauchter Möbel. Sie werden vermutlich in eine Wohnung ziehen, die erheblich kleiner ist als Ihr Haus, und gar nicht genug Platz für Ihre alten Sachen haben. Er dagegen hat dann Geld auf dem Konto.«
Mrs. Flander warf ihrem zukünftigen Exehemann einen finsteren Blick zu. Oscar holte zum nächsten Schlag aus. »Und Ihr Auto ist drei Jahre älter. Sie bekommen also das alte Auto und die alten Möbel.«
»Das war seine Idee«, sagte sie.
»War es nicht. Darauf haben wir uns geeinigt.«
»Du wolltest das Konto mit den Pensionsrücklagen und das neuere Auto.«
»Weil das schon immer mein Auto gewesen ist.«
»Nein. Weil du schon immer das bessere Auto hattest.«
»Das ist doch gar nicht wahr, Barbara. Jetzt fang nicht schon wieder an zu übertreiben.«
Barbara wurde lauter. »Und du, Cal, fang bloß nicht an, vor dem Anwalt zu lügen. Wir waren uns einig, dass wir herkommen, die Wahrheit sagen und vor dem Anwalt nicht streiten. Stimmt doch, oder?«
»Ja, sicher, aber wie kannst du hier sitzen und behaupten, ich hätte schon immer das bessere Auto gehabt? Hast du den Toyota Camry vergessen?«
»Um Himmels willen, Cal, das ist zwanzig Jahre her.«
»Es zählt trotzdem.«
»Also gut. Ja, ich erinnere mich an den Camry, und ich erinnere mich auch an den Tag, an dem du ihn zu Schrott gefahren hast.«
Rochelle hörte die Stimmen der beiden und lächelte versonnen. Sie blätterte eine Seite ihres Buches um. AJ, der neben ihr schlief, stand plötzlich auf und knurrte leise. Rochelle warf einen Blick auf ihn, dann erhob sie sich langsam und ging zum Fenster. Sie verstellte die Lamellen der Jalousie, damit sie nach draußen sehen konnte. Jetzt hörte sie es – das Jaulen einer Sirene in einiger Entfernung. Je näher es kam, desto lauter knurrte der Hund.
Auch Oscar stand am Fenster und sah wie beiläufig zu der Kreuzung, in der Hoffnung, einen Blick auf den Rettungswagen zu erhaschen. Alte Gewohnheiten ließen sich nur schwer ablegen, was er im Grunde gar nicht wollte. Er, Wally und inzwischen auch Rochelle und vielleicht Tausende andere Anwälte in der Stadt konnten einen Adrenalinstoß nicht unterdrücken, wenn sie die Sirene eines Rettungswagens hörten. Sah Oscar einen Notarzt, der an ihm vorbei die Straße hinunterfuhr, brachte ihn das immer zum Lächeln.
Die Flanders lächelten nicht. Sie schwiegen, starrten ihn finster an und hassten einander. Als die Sirene leiser wurde, kehrte Oscar zu seinem Stuhl zurück und sagte: »Hören Sie, wenn Sie sich nur streiten wollen, kann ich Sie nicht beide vertreten.«
Die Flanders waren kurz davor, aufzustehen und zu verschwinden. Dann konnten sie getrennte Wege gehen und sich jeder einen angeseheneren Anwalt suchen. Doch ein, zwei Sekunden lang zögerten sie. Mr. Flander kapitulierte als Erster. Er sprang auf und stürmte zur Tür. »Kein Problem, Finley. Ich suche mir einen richtigen Anwalt.« Er riss die Tür auf und knallte sie hinter sich zu. Dann marschierte er an Rochelle und dem Hund vorbei, die gerade wieder zum Schreibtisch gingen. Er knallte auch die Kanzleitür hinter sich zu und verabschiedete sich für immer von Finley & Figg.
7
Die Happy Hour dauerte von siebzehn bis neunzehn Uhr, doch Abner war der Meinung, sein neuer bester Freund sollte gehen, bevor sie anfing. Er bestellte ein Taxi, tauchte ein sauberes Geschirrtuch in kaltes Wasser, ging auf die andere Seite der Bar und rüttelte ihn sanft. »David, aufwachen, es ist schon fast fünf.« David war seit einer Stunde komplett weggetreten. Wie alle guten Barkeeper wollte Abner den Leuten, die nach der Arbeit etwas bei ihm trinken wollten, den Anblick eines Betrunkenen, der mit der Wange auf dem Tresen lag und schnarchte, ersparen. Er fuhr David mit dem nassen Geschirrtuch über das Gesicht und sagte: »Na los, Großer. Die
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