Verteidigung
Party ist vorbei.«
David wurde schlagartig wach. Augen und Mund waren weit aufgerissen, als er Abner anstarrte. »Was, was, was?«, stotterte er.
»Es ist fast fünf. Zeit, nach Hause zu gehen, David. Ihr Taxi steht vor der Tür.«
»Fünf Uhr!«, rief David überrascht. Außer ihm waren noch ein halbes Dutzend andere Gäste in der Bar, die ihn voller Mitgefühl ansahen. Morgen würde es ihnen vielleicht ähnlich ergehen … David stand auf, und mit Abners Hilfe gelang es ihm, den Mantel anzuziehen und den Aktenkoffer zu finden. »Wie lange bin ich schon hier?«, fragte er, während er sich verwirrt umsah, als hätte er gerade erst begriffen, wo er sich befand.
»Ziemlich lange«, erwiderte Abner. Er steckte eine Visitenkarte in Davids Manteltasche. »Rufen Sie mich morgen an, dann regeln wir das mit der Rechnung.« Arm in Arm schwankten sie zur Tür. Das Taxi wartete am Bordstein. Abner öffnete die Fondtür, bugsierte David hinein, sagte zu dem Taxifahrer: »Er gehört Ihnen«, und machte die Tür zu.
David starrte ihm nach, bis er in der Bar verschwunden war. Dann sah er den Taxifahrer an. »Wie heißen Sie?«
Der Taxifahrer erwiderte etwas Unverständliches, woraufhin David ihn anfuhr: »Sprechen Sie Englisch?«
»Wohin?«
»Das ist jetzt wirklich eine brillante Frage. Kennen Sie ein paar gute Bars in der Gegend?«
Der Fahrer schüttelte den Kopf.
»Ich will noch nicht nach Hause, denn zu Hause ist sie , und … auweia.« Das Innere des Taxis hatte angefangen, sich zu drehen. Hinter ihnen hupte jemand. Der Wagen rollte an, der Fahrer fädelte in den Verkehr ein. »Nicht so schnell«, stöhnte David mit geschlossenen Augen. Sie fuhren keine zwanzig Stundenkilometer. »Nach Norden.«
»Ich brauche eine Adresse«, entgegnete der Taxifahrer, während er auf die South Dearborn abbog. Es war Hauptverkehrszeit, und wegen des dichten Verkehrs kam er nur langsam voran.
»Ich glaube, mir wird schlecht.« David schluckte schwer und hatte Angst, die Augen aufzumachen.
»Bitte nicht in meinem Wagen.«
Zwei Häuserblocks lang standen sie im Stau und kamen nur schrittweise voran. David gelang es, seinen Magen zu beruhigen. »Sir? Eine Adresse«, beharrte der Taxifahrer.
David öffnete das linke Auge und sah aus dem Fenster. Neben dem Taxi stand ein Stadtbus, vollgestopft mit müden Arbeitern, und wartete mit spuckendem Auspuff darauf, dass es weiterging. An der Seitenwand des Busses war eine große Werbeanzeige angebracht, in der die Dienste der Rechtsanwälte Finley & Figg angepriesen wurden. »Alkohol am Steuer? Rufen Sie die Experten an. 773-718-JUSTICE.« Die Adresse folgte in einer kleineren Schriftgröße. David machte sein rechtes Auge auf, und für einen kurzen Moment sah er das lächelnde Gesicht von Wally Figg vor sich. Er starrte auf das Wort »Alkohol« und fragte sich, ob diese Anwälte ihm irgendwie helfen konnten. Hatte er so eine Werbung schon einmal gesehen? Hatte er schon einmal von dieser Kanzlei gehört? Er war sich nicht sicher. Nichts war mehr klar, nichts ergab mehr einen Sinn. Plötzlich drehte sich das Taxi wieder, dieses Mal noch schneller.
»Vier-achtzehn Preston Avenue«, sagte er. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.
Rochelle hatte es nie eilig, das Büro zu verlassen, weil sie nicht nach Hause wollte. Die Atmosphäre in der Kanzlei war zwar manchmal angespannt, doch dort ging es noch weitaus harmloser zu als in ihrer überfüllten, chaotischen Wohnung.
Die Scheidung der Flanders hatte einen schwierigen Start, doch dank Oscars geschicktem Manöver lief jetzt alles wie gewohnt. Mrs. Flander hatte die Kanzlei mit ihrer Vertretung beauftragt und siebenhundertfünfzig Dollar als Vorschuss gezahlt. Letzten Endes würde man sich einigen und doch eine einvernehmliche Scheidung beantragen, allerdings erst, nachdem Oscar ihr zweitausend Dollar abgenommen hatte. Trotzdem schäumte er vor Wut wegen der Bingokarte und lag auf der Lauer, um seinen Juniorpartner abzupassen.
Wally kam um 17.30 Uhr in die Kanzlei zurück, nachdem er den ganzen Tag nach Opfern von Krayoxx gesucht hatte. Gefunden hatte er nur Chester Marino, doch ließ er sich nicht entmutigen. Er war an etwas ganz Großem dran. Die Mandanten waren dort draußen, und er würde sie finden.
»Oscar telefoniert gerade«, sagte Rochelle. »Und er ist stinksauer.«
»Was ist passiert?«, fragte Wally.
»Eine Bingokarte ist passiert. Dreihundertneunundneunzig Dollar.«
»Gut, was? Mein Onkel spielt in dem Klub
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