Verteidigung
annehmen, was ich allerdings noch nicht entschieden habe. Alles andere haben wir bereits geklärt, und wir haben sogar eine Eigentumsregelung unterschrieben, die ich im Internet gefunden habe. Es steht alles hier drin.« Sie hielt einen großen, zugeklebten Umschlag in der Hand.
»Sie hat dich nur nach deinem Namen gefragt«, sagte Mr. Flander.
»Das habe ich schon verstanden.«
»Kann sie ihren alten Namen einfach so zurückhaben? Wissen Sie, es ist jetzt zweiundvierzig Jahre her, seit sie ihn zum letzten Mal benutzt hat, und ich sage ihr die ganze Zeit, dass niemand wissen wird, wer sie ist, wenn sie sich wieder Scarbro nennt.«
»Der Name ist bedeutend besser als Flander«, gab Barbara zurück. »Flander klingt wie ein Land in Europa. Finden Sie nicht auch?«
Beide starrten Rochelle an, die seelenruhig fragte: »Minderjährige Kinder unter achtzehn?«
Sie schüttelten den Kopf. »Zwei erwachsene Kinder«, sagte Mrs. Flander. »Sechs Enkel.«
»Nach Enkeln hat sie nicht gefragt«, sagte Mr. Flander.
»Ich habe es ihr trotzdem gesagt. Was dagegen?«
Rochelle schaffte es, die Geburtsdaten, Adresse, Sozialversicherungsnummern und Berufe in Erfahrung zu bringen, ohne dass es zu Handgreiflichkeiten kam. »Und Sie sind seit zweiundvierzig Jahren miteinander verheiratet?«
Beide nickten trotzig.
Sie hätte gern gefragt, warum sich die beiden scheiden lassen wollten, was schiefgelaufen und ob gar nichts mehr zu retten war, hütete sich aber, das Gespräch in diese Richtung zu lenken. Damit sollten sich die Anwälte herumschlagen. »Sie haben eine Eigentumsregelung erwähnt. Ich nehme an, Sie haben an eine einvernehmliche Scheidung aufgrund unüberbrückbarer Differenzen gedacht?«
»Genau«, sagte Mr. Flander. »Und je eher, desto besser.«
»Steht alles hier drin«, sagte Mrs. Flander, die krampfhaft den Umschlag festhielt.
»Haus, Autos, Bankkonten, Pensionsrücklagen, Kreditkarten, Schulden, auch Möbel und Haushaltsgeräte?«, erkundigte sich Rochelle.
»Alles«, erwiderte er.
»Steht alles hier drin«, wiederholte Mrs. Flander.
»Und Sie sind beide mit der Vereinbarung einverstanden?«
»O ja«, sagte er. »Wir haben schon alles geregelt, jetzt muss nur noch ein Anwalt den Antrag aufsetzen und mit uns zum Gericht gehen. Keine große Sache.«
»Genau so sollte man das auch machen«, sagte Rochelle mit der Autorität ihrer jahrelangen Erfahrung. »Ich werde einen unserer Anwälte holen, der Ihnen alles ganz genau erklärt. Für eine einvernehmliche Scheidung verlangt unsere Kanzlei siebenhundertfünfzig Dollar, von denen die Hälfte bei der ersten Besprechung mit dem Anwalt gezahlt werden muss. Die zweite Hälfte wird an dem Tag fällig, an dem Sie vor Gericht erscheinen.«
Die Flanders reagierten sehr unterschiedlich. Mrs. Flander klappte der Unterkiefer herunter, als hätte Rochelle gerade zehntausend Dollar in bar verlangt. Bei Mr. Flander verengten sich die Augen zu schmalen Schlitzen, und auf der Stirn bildeten sich tiefe Falten, als wäre genau das eingetreten, was er erwartet hatte – ein Haufen schleimiger Anwälte wollte ihn über den Tisch ziehen. Keiner der beiden sagte etwas, bis Rochelle fragte: »Ist was?«
»Was soll das? Ist das eines von diesen Lockvogelangeboten?«, brummte Mr. Flander. »Ihr macht Reklame damit, dass ihr für so eine Scheidung dreihundertneunundneunzig Dollar verlangt, und wenn ihr die Leute in der Kanzlei sitzen habt, wollt ihr plötzlich das Doppelte.«
Rochelles erste Reaktion bestand darin, sich zu fragen, was Wally jetzt schon wieder angestellt hatte. Er machte so viel Werbung an so vielen ungewöhnlichen Orten, dass es unmöglich war, über alles auf dem Laufenden zu sein.
Mr. Flander stand abrupt auf, kramte etwas aus seiner Hosentasche und warf es Rochelle auf den Schreibtisch. »Sehen Sie sich das an«, verlangte er. Es war eine Bingokarte aus einem Klub für Kriegsveteranen in McKinley Park. Am unteren Rand war eine Werbeanzeige in auffälligem Gelb aufgedruckt: »Finley & Figg, Rechtsanwälte. Einvernehmliche Scheidungen – nichts leichter als das. $ 399. Rufen Sie an: 773-718-JUSTICE.«
Rochelle war schon so oft überrascht worden, dass sie mittlerweile durch nichts mehr zu erschüttern sein sollte. Aber Bingokarten? Sie hatte erlebt, dass potenzielle Mandanten in Hand- und Hosentaschen gekramt und ihr dann Kirchenblätter, Programme von Footballspielen, Gewinnlose des Rotary Club, Gutscheine und alle möglichen anderen Werbeartikel
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