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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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immer das Gleiche.«
    »Hat sie dir gefallen?«
    »Ich bete sie an. Sie ist süß. Ein ganz heißer Feger.«
    »Verstehe. Ist sie verheiratet?«
    »Nein, Witwe. Sie ist vierundneunzig und ein paar Milliarden schwer.«
    »Noch andere Frauen?«
    »Nein, nur Miss Spence. Um die Mittagszeit herum ist sie gegangen, und dann … Lass mich überlegen. Ich habe einen Hamburger und Pommes frites gegessen, dann wieder Bier getrunken und irgendwann ein kleines Nickerchen gemacht.«
    »Das heißt, bei dir sind die Lichter ausgegangen?«
    »Ist mir egal, wie du es nennst.«
    Während sie fuhr und er durch die Windschutzscheibe starrte, entstand eine Pause.
    »Und wie bist du von der Bar zur Kanzlei gekommen?«
    »Mit einem Taxi. Ich habe dem Typen vierzig Dollar gezahlt.«
    »Wo bist du in das Taxi gestiegen?«
    Pause. »Daran kann ich mich nicht erinnern.«
    »Wir machen Fortschritte. Und nun die große Frage: Wie hast du Finley & Figg gefunden?«
    David schüttelte den Kopf, als er darüber nachdachte. Schließlich sagte er: »Ich habe keine Ahnung.«
    Sie mussten über so vieles reden. Die Trinkerei – obwohl sie Wally das Gegenteil versichert hatte, fragte sie sich, ob David ein Problem damit hatte. Rogan Rothberg – würde er zurückkehren? Sollte sie Roy Bartons Ultimatum erwähnen? Finley & Figg – war es ihm ernst mit der Kanzlei? Helen ging so vieles im Kopf herum, sie hatte so viel zu sagen und eine lange Liste mit Beschwerden. Doch gleichzeitig konnte sie nicht anders, als die ganze Situation ziemlich amüsant zu finden. Sie hatte ihren Mann noch nie so betrunken gesehen, und aus der Tatsache, dass er den glitzernden Büroturm in der Innenstadt verlassen und im Hinterland gelandet war, würde in ihrer Familie bald eine Anekdote von monumentalen Ausmaßen werden. Es ging ihm gut, und das war im Grunde genommen alles, was zählte. Und verrückt war er wohl nicht. Ein Nervenzusammenbruch ließ sich behandeln.
    »Ich habe eine Frage«, sagte David, während seine Augenlider immer schwerer wurden.
    »Und ich habe eine Menge Fragen«, erwiderte sie.
    »Ich weiß, aber ich will jetzt nicht darüber reden. Spar dir das für morgen auf, wenn ich wieder nüchtern bin, ja? Es ist nicht fair, auf mich einzuschlagen, wenn ich betrunken bin.«
    »Na gut. Was willst du mich fragen?«
    »Sind deine Eltern zufällig bei uns zu Hause?«
    »Ja. Schon eine ganze Weile. Sie machen sich große Sorgen.«
    »Wie nett von ihnen. Hör zu: Ich werde unser Haus nicht betreten, solange deine Eltern dort sind. Ich will nicht, dass sie mich so sehen. Ist das klar?«
    »David, sie haben dich gern. Wir haben uns Sorgen um dich gemacht.«
    »Warum machen sich alle Sorgen um mich? Ich habe dir zweimal eine SMS geschickt, dass es mir gut geht. Du wusstest, dass ich noch am Leben bin. Was soll die Panik?«
    »Hör bloß damit auf.«
    »Ich hatte einen schlechten Tag. Das ist doch keine große Sache.«
    »Einen schlechten Tag?«
    »Eigentlich war es ein verdammt guter Tag, wenn ich es mir recht überlege.«
    »Warum streiten wir nicht morgen, David? Das wolltest du doch, oder?«
    »Ja, aber ich steige erst aus dem Auto, wenn sie weg sind. Bitte.«
    Sie befanden sich auf dem Stevenson Expressway, und der Verkehr wurde immer dichter. Beide schwiegen, während es zentimeterweise vorwärtsging. David versuchte, wach zu bleiben. Schließlich griff Helen zu ihrem Mobiltelefon und rief ihre Eltern an.

9
    Etwa einmal im Monat kam Rochelle Gibson in Erwartung ihrer üblichen ruhigen Minuten in die Kanzlei, um festzustellen, dass die Tür bereits aufgeschlossen, der Kaffee durchgelaufen und der Hund gefüttert war, während Mr. Figg wie ein aufgeregtes Huhn hin und her rannte, weil er sich wieder einmal etwas ausgedacht hatte, um Menschen, die bei einem Unfall verletzt worden waren, als Mandanten zu gewinnen. Es machte sie wahnsinnig. Nicht nur dass es ihr die wenigen friedlichen Momente an einem ansonsten hektischen Tag ruinierte, es bedeutete auch mehr Arbeit.
    Kaum war sie zur Tür hereingekommen, überfiel Wally sie vom Tisch aus mit einem dröhnenden »Oh, guten Morgen, Ms. Gibson!«, als würde es ihn überraschen, dass sie an einem Donnerstag um 7.30 Uhr zur Arbeit erschien.
    »Guten Morgen, Mr. Figg«, erwiderte sie weitaus weniger enthusiastisch. Um ein Haar hätte sie »Und was machen Sie so früh hier?« hinzugefügt, doch sie biss sich auf die Zunge. Sie würde früh genug erfahren, was er vorhatte.
    Rochelle machte es sich mit Kaffee, Joghurt und

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