Verteidigung
Vater lächelte, führte ebenfalls einen Bissen Essen zum Mund und kaute lange darauf herum. Helen fragte nach Davids Schwestern, und Caroline griff mit beiden Händen zu, als sich die Gelegenheit für einen Themawechsel bot.
Beim Dessert erkundigte sich sein Vater freundlich: »Und was für Fälle bearbeitest du so?«
»Oh, ich habe eine Menge guter Mandate. Diese Woche habe ich ein Testament aufgesetzt, für eine Frau, die ihr Vermögen vor ihren Kindern verstecken will. Sie vermuten, dass sie von ihrem dritten Mann Geld geerbt hat, was auch stimmt, aber sie können es nicht finden. Sie will alles ihrem FedEx-Paketboten hinterlassen. Außerdem vertrete ich ein schwules Paar, das versucht, ein Kind aus Korea zu adoptieren. Ich habe zwei Abschiebungsfälle, bei denen es um illegale Mexikaner geht, die als Mitglieder eines Drogenrings festgenommen wurden. Ich vertrete die Familie einer Vierzehnjährigen, die seit zwei Jahren cracksüchtig ist und keinen Therapieplatz in einer geschlossenen Anstalt findet. Und zwei Mandanten, die betrunken Auto gefahren sind.«
»Klingt wie eine Menge Gesindel«, bemerkte der Richter.
»Nein, genau genommen sind das echte Menschen mit echten Problemen, die Hilfe brauchen. Das ist das Schöne an einer Allgemeinkanzlei – man trifft seine Mandanten persönlich, man lernt sie kennen, und wenn alles gut geht, kann man ihnen helfen.«
»Wenn du dabei nicht verhungerst.«
»Ich werde nicht verhungern, Dad, das verspreche ich dir. Außerdem landen die beiden Partner auch hin und wieder mal einen Volltreffer.«
»Ich weiß, ich weiß. Solche Volltreffer habe ich gesehen, als ich noch als Anwalt gearbeitet habe, und jetzt sehe ich sie in der Berufung wieder. Letzte Woche haben wir ein Urteil bestätigt, bei dem die Geschworenen dem Kläger Schadenersatz in Höhe von neun Millionen Dollar zugesprochen haben, ein furchtbarer Fall, bei dem es um einen hirngeschädigten Jungen ging, der durch sein Spielzeug mit Blei vergiftet wurde. Der Anwalt war Einzelkämpfer und hatte die Mutter bei einer Verurteilung wegen Alkohol am Steuer vertreten. Er hat den Fall bekommen, für das Verfahren einen bekannten Prozessanwalt hinzugezogen, und jetzt teilen sie sich vierzig Prozent von neun Millionen Dollar.«
Die Zahlen hingen noch eine Weile über dem Tisch. »Möchte jemand Kaffee?«, fragte Helen. Da alle ablehnten, gingen sie ins Wohnzimmer hinüber. Nach einer Weile ließen Helen und Caroline die beiden allein, um sich das Gästezimmer anzusehen, das zum Kinderzimmer werden sollte.
Als die Frauen außer Hörweite waren, ging der Richter zu seinem letzten Angriff über. »Einer meiner Referendare hat zufällig einen Artikel über das Krayoxx-Verfahren gefunden. Er hat dein Foto im Internet gesehen, das aus der Tribune , mit Mr. Figg zusammen. Ist das ein ehrlicher Mann?«
»Eigentlich nicht«, gab David zu.
»Er sieht auch nicht so aus.«
»Sagen wir einfach, dass Wally etwas kompliziert ist.«
»Ich bin nicht sicher, ob es deine Karriere voranbringt, wenn du bei dieser Kanzlei bleibst.«
»Da könntest du recht haben, aber fürs Erste macht es mir eine Menge Spaß. Ich freue mich darauf, ins Büro zu kommen. Ich mag meine Mandanten, auch wenn ich noch nicht viele habe, und ich bin ungeheuer erleichtert, endlich aus dem Hamsterrad von Rogan Rothberg raus zu sein. Wenn es schiefgeht, werde ich es mit etwas anderem versuchen.«
»Wie bist du eigentlich in das Krayoxx-Verfahren hineingeraten?«
»Wir haben einige Mandate übernommen.« David lächelte, als er daran dachte, wie sein Vater reagieren würde, wenn er die Wahrheit über die Mandantensuche wüsste. Wally und seine.44er-Magnum. Wally, der Bargeld als Vermittlungsprovision für Namen bot. Wally, der seine Runde in den Bestattungsinstituten machte. Es gab einiges, was der Richter nie erfahren durfte.
»Hast du dich über Krayoxx informiert?«
»Ich bin gerade dabei«, erwiderte David. »Und du?«
»Ja, ich habe mich informiert. Die Fernsehspots laufen auch in Minnesota. Das Medikament ist in allen Schlagzeilen. Für mich sieht das wie eine von diesen betrügerischen Sammelklagen aus. Der Hersteller des Medikaments wird so lange mit Klagen überzogen, bis er kurz vor dem Bankrott steht, dann wird ein Vergleich mit riesigen Entschädigungssummen ausgehandelt, der die Anwälte noch reicher macht und es dem Hersteller erlaubt, im Geschäft zu bleiben. Die Frage der Haftung geht bei dem ganzen Hin und Her allerdings verloren, ganz zu
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