Verteidigung
dann erwiderte Jerry: »Aufgrund meiner Erfahrungen, die, wie Sie wissen, sehr umfangreich sind, rechne ich damit, dass wir in zwölf Monaten einen Vergleich haben und dann sofort mit der Auszahlung des Geldes anfangen können. Wer weiß, Wally, vielleicht haben Sie in einem Jahr ja schon Ihr eigenes Flugzeug.«
17
Nicholas Walker flog mit Judy Beck und zwei anderen von Varricks Anwälten in einem der Firmenjets nach Chicago, einer Gulfstream, die genauso neu war wie die Maschine, die Wally so beeindruckt hatte. Der Zweck ihrer Reise bestand darin, die Zusammenarbeit mit ihrer bisherigen Kanzlei zu beenden und eine neue zu suchen. Walker und sein Chef, Reuben Massey, hatten die Details ihrer Strategie ausgearbeitet, mit der sie dem Krayoxx-Debakel begegnen wollten, und die erste große Schlacht sollte in Chicago stattfinden. Zuerst jedoch mussten sie die richtigen Leute in Stellung bringen.
Die falschen Leute gehörten zu einer Kanzlei, die Varrick Labs seit einem Jahrzehnt vertreten hatte, und ihre Arbeit hatte stets als erstklassig gegolten. Ihr Manko war nicht selbstverschuldet. Walker und sein Team hatten nach ausführlichen Nachforschungen herausgefunden, dass es noch eine andere Kanzlei in der Stadt gab, die engere Bindungen zu Richter Harry Seawright besaß. Und diese Kanzlei hatte zufällig eine Partnerin, die die beste Prozessanwältin der Stadt war.
Sie hieß Nadine Karros, war vierundvierzig Jahre alt und hatte seit zehn Jahren keinen Geschworenenprozess mehr verloren. Je öfter sie gewann, desto schwieriger wurden ihre Fälle und desto beeindruckender ihre Siege. Nachdem sie mit Dutzenden von Anwälten gesprochen hatten, die ihr im Gerichtssaal begegnet waren, beschlossen Nick Walker und Reuben Massey, dass Ms. Karros die Hauptanwältin für das Krayoxx – Verfahren in Chicago sein sollte. Was das kosten würde, war ihnen egal.
Zuerst jedoch mussten sie sie dazu überreden, sich ihnen anzuschließen. Bei einer langen Telefonkonferenz hatte sie sich skeptisch gezeigt und gezögert, einen großen Fall zu übernehmen, der mit jedem Tag gewaltiger wurde. Sie hatte schon viel zu viel Arbeit auf ihrem Schreibtisch liegen; ihr Terminkalender war voll, was auch nicht anders zu erwarten gewesen war. Sie hatte noch nie eine Sammelklage verhandelt, doch als Prozessanwältin war das kein großes Hindernis für sie. Walker und Massey wussten, dass es bei ihren letzten Siegen vor Gericht um eine ganze Reihe unterschiedlicher Themen gegangen war: Grundwasserverunreinigung, Fahrlässigkeit im Krankenhaus, der Zusammenstoß zweier Passagierflugzeuge in der Luft. Nadine Karros war eine exzellente Anwältin und konnte jeden Fall vor jede Jury bringen.
Karros war Partnerin in der Prozessabteilung von Rogan Rothberg im vierundachtzigsten Stock des Trust Tower und hatte ein Eckbüro mit Aussicht auf den See, die sie jedoch nur selten genoss. Mit den Abgesandten von Varrick traf sie sich in einem großen Konferenzraum im fünfundachtzigsten Stock, und nachdem alle schnell einen Blick auf den Lake Michigan geworfen hatten, nahmen sie Platz zu einer Besprechung, für die zwei Stunden angesetzt waren, Minimum. Auf ihrer Seite des Tisches hatte Ms. Karros die übliche Eskorte aus jungen Anwälten und Assistenten um sich versammelt, eine beeindruckende Entourage grimmig dreinschauender Lakaien, die vermutlich in jeden Abgrund gesprungen wären, auf den sie deutete. Rechts von ihr saß ein weiterer Partner aus der Prozessabteilung namens Hotchkin, ihre rechte Hand.
Später, in einem Telefongespräch mit Reuben Massey, berichtete Nicholas Walker: »Sie ist sehr attraktiv. Lange dunkle Haare, starkes Kinn, gute Zähne, wunderschöne braune Augen, die so warm und einladend sind, dass man sie sofort mit nach Hause nehmen und der eigenen Mutter vorstellen möchte. Sehr sympathisch, sehr nett. Eine tiefe, dunkle Stimme, wie eine Opernsängerin. Man sieht auf den ersten Blick, warum die Geschworenen ihr alles glauben. Aber sie ist zäh, keine Frage. Sie hat das Sagen und gibt Befehle, und man bekommt den Eindruck, dass ihre Mitarbeiter absolut loyal sind. Ich würde dieser Frau nicht gern als Gegner in einem Gerichtssaal begegnen.«
»Dann nehmen wir sie?«, fragte Reuben.
»Auf jeden Fall. Ich freue mich sogar auf den Prozess, nur um sie in Aktion zu sehen.«
»Beine?«
»O ja. Die Frau ist der Hammer. Schlank, angezogen wie aus einem Modemagazin. Sie sollten sie so schnell wie möglich kennenlernen.«
Ms. Karros hatte
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