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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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einem Tablett voller Kaffeetassen herein. Toni stellte sie einander vor.
    David hatte noch nie eine Myanmarin kennengelernt, aber er schätzte sie auf sechzig. Sie war sehr klein, mit kurzen grauen Haaren und einem Gesicht, das ständig lächelte.
    »Sie spricht sehr gut Englisch«, sagte Toni. »Setzen Sie sich doch zu uns, Zaw.«
    Zaw setzte sich auf einen kleinen Hocker neben ihre Chefin, und es war ihr anzumerken, wie unangenehm ihr das war.
    »Wie lange sind Sie denn schon in den Vereinigten Staaten?«, fragte David.
    »Zwanzig Jahre.«
    »Und Ihre Familie ist auch hier?«
    »Mein Mann ist hier, arbeitet für Sears. Mein Sohn auch. Arbeitet für Baumfirma.«
    »Und er ist der Vater des Enkels, der im Krankenhaus liegt?«
    Sie nickte langsam. Das Lächeln verschwand, als David den Jungen erwähnte. »Ja.«
    »Hat der Junge Geschwister?«
    Sie hob zwei Finger in die Höhe. »Zwei Schwestern.«
    »Sind sie auch krank gewesen?«
    »Nein.«
    »Können Sie mir sagen, was passiert ist, als der Junge krank wurde?«
    Sie sah Toni an, die sagte: »Ist okay, Zaw. Sie können ihnen vertrauen. Mr. Zinc muss das wissen.«
    Zaw nickte und begann zu erzählen, den Blick die ganze Zeit auf den Boden gerichtet. »Er sehr müde die ganze Zeit, schlafen viel, dann viel Schmerz hier.« Sie legte die Hand auf ihren Bauch. »Er so viel weinen wegen Schmerz. Dann anfangen sich übergeben, jeden Tag sich übergeben, und er nimmt ab, wird ganz dünn. Wir ihn bringen zum Arzt. Sie ihn bringen ins Krankenhaus, und er dann eingeschlafen.« Sie berührte ihren Kopf. »Sie glauben, er hat Problem mit Gehirn.«
    »Hat der Arzt gesagt, dass es eine Bleivergiftung ist?«
    Sie nickte. »Ja.« Ohne zu zögern.
    Auch David nickte, während er kurz überlegte. »Wohnt Ihr Enkel bei Ihnen?«
    »Nebenan. Wohnung.«
    Er sah Toni an. »Weißt du, wo sie wohnt?«
    »Rogers Park, in einem alten Wohnblock. Ich glaube, dort sind alle aus Myanmar.«
    »Zaw, könnte ich mir die Wohnung ansehen, in der der Junge wohnt?«
    Sie nickte. »Ja.«
    »Warum musst du dir die Wohnung ansehen?«, fragte Toni.
    »Um die Quelle für das Blei zu finden. Es könnte in der Farbe an den Wänden stecken oder in seinem Spielzeug. Es könnte auch im Wasser sein. Ich sollte nachsehen.«
    Zaw stand auf. »Entschuldigung, bitte.« Gleich daraufkam sie mit einem kleinen Plastikbeutel zurück, aus dem sie ein pinkfarbenes Plastikgebiss mit zwei großen Vampirzähnen herausholte. »Das ihm gefallen sehr. Er erschreckt seine Schwestern, macht lustige Geräusche.«
    David nahm das billige Spielzeug in die Hand. Der Kunststoff war spröde, die Farbe an einigen Stellen abgesplittert. »Haben Sie gesehen, wie er damit gespielt hat?«
    »Ja. Oft.«
    »Wann hat er das bekommen?«
    »Letztes Jahr. Alloween. Ich weiß nicht, ob ihn krank gemacht, aber er hat oft benutzt, ganze Zeit. Pink, grün, schwarz, blau, viele Farbe.«
    »Dann gibt es davon einen ganzen Satz?«
    »Ja.«
    »Wo sind die anderen?«
    »In Wohnung.«
     
    Es war schon dunkel und schneite stark, als David und Helen den Wohnblock fanden. Die Gebäude waren in den 1960er-Jahren aus Sperrholzplatten und Dachpappe errichtet worden, mit ein paar Ziegelsteinen als Treppen und hie und da ein paar Büschen. Alle Wohnungen gingen über zwei Stockwerke, und bei einigen, die offensichtlich leer standen, waren die Fenster mit Brettern vernagelt. Davor waren eine Handvoll Fahrzeuge geparkt, alles uralte Importe aus Japan. Es drängte sich der Eindruck auf, dass der Wohnblock sofort abgerissen werden würde, wenn die myanmarischen Einwanderer nicht wären.
    Zaw wartete vor 14B auf sie und führte sie die wenigen Schritte bis zu 14C. Thuyas Eltern sahen wie zwanzig aus, gingen aber auf die vierzig zu. Sie wirkten müde, traurig und so besorgt wie alle Eltern in einer solchen Situation. Obwohl sie Angst vor dem amerikanischen Rechtssystem hatten und sich damit nicht auskannten, waren sie dankbar, dass ein echter Anwalt zu ihnen nach Hause gekommen war. Die Mutter, Lwin, huschte in der Wohnung herum und brachte Tee. Der Vater, Zaws Sohn, hieß Soe, und als Herr des Hauses führte er das Gespräch. Sein Englisch war gut, viel besser als das seiner Frau.
    Wie Zaw gesagt hatte, war er bei einer Firma angestellt, die alle möglichen Baumarbeiten ausführte. Seine Frau putzte Büros in der Innenstadt. Sowohl David als auch Helen war sofort klar, dass ihrem Besuch eine heftige Diskussion vorangegangen war.
    Die Wohnung war nur spärlich möbliert,

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