Verteidigung
viel zu viel Geld, und so langsam geht uns die Luft aus. Das stört mich.« Er starrte Wally an.
»Es wird sich schon rechnen«, sagte der.
»Das sagst du immer.«
»Nächsten Monat haben wir den Vergleich für den Verkehrsunfall von Groomer in der Tasche, das bringt etwa zwanzigtausend. Oscar, es ist nichts Ungewöhnliches, mal eine Durststrecke zu haben. Du machst das doch nicht erst seit gestern. Du kennst die Höhen und Tiefen. Letztes Jahr haben wir in neun von zwölf Monaten Verlust gemacht, und trotzdem haben wir noch einen schönen Gewinn eingefahren.«
Jemand klopfte an die Haustür. Wally sprang auf und sagte: »O nein, das ist DeeAnna. Tut mir leid, aber ich habe ihr gesagt, dass sie heute nicht kommen soll.« Er rannte zur Tür und öffnete. DeeAnna trat ein – hautenge schwarze Lederhose, Stilettos, enger Baumwollpulli. Wally sagte: »Hallo, Liebling, wir haben gerade eine kleine Besprechung. Warte doch bitte so lange in meinem Büro.«
»Wie lange?«
»Nicht lange.« DeeAnna lächelte Oscar und David wie eine Nutte an, als sie an ihnen vorbeistolzierte. Wally führte sie in sein Büro und machte die Tür zu. Dann setzte er sich leicht verlegen wieder an den Tisch.
»Mr. Figg, wissen Sie, was mich stört?«, fragte Rochelle. »Sie.« Sie wies mit dem Kopf auf Wallys Tür. »Warum muss sie jeden Nachmittag herkommen?«
»Früher hattest du nach fünf noch Mandanten«, fügte Oscar hinzu. »Jetzt schließt du dich mit ihr in deinem Büro ein.«
»Sie belästigt niemanden«, sagte Wally. »Und nicht so laut, bitte.«
»Sie belästigt mich«, sagte Rochelle.
Wally hob abwehrend die Hände und zog die Augenbrauen hoch. Es war klar, dass er einem Streit nicht abgeneigt war. »Zwischen uns wird es langsam ernst, aber das geht niemanden hier etwas an. Verstanden? Und ich werde nicht mehr über sie reden.«
Da alle nach Luft schnappten, entstand eine Pause. Dann holte Oscar zum nächsten Schlag aus. »Ich nehme an, du hast ihr von Krayoxx erzählt und von dem großen Geld, das jeden Moment fließen wird. Da überrascht es mich nicht, dass sie jeden Nachmittag hier aufkreuzt.«
»Oscar, rede ich über deine Frauen?«, erwiderte Wally.
Frauen? Mehr als eine? Rochelle riss die Augen auf, und David fielen plötzlich viele gute Gründe dafür ein, warum er Kanzleibesprechungen hasste. Oscar starrte Wally ungläubig an. Beide schienen wie benommen von dem kurzen Wortwechsel.
»Wir sollten weitermachen«, sagte David. »Ich würde mir gern unsere Honorarordnung ansehen und versuchen, eine Struktur auszuarbeiten, die für einheitlichere Honorare sorgt. Einwände?«
Keine.
Da es gerade so gut lief, reichte David einige Unterlagen herum. »Das ist ein Fall, auf den ich gestoßen bin. Er hat großes Potenzial.«
»Nasty Teeth?«, fragte Oscar, während er sich ein Farbfoto der bunten Vampirzähne ansah.
»Richtig. Mein Mandant ist ein fünfjähriger Junge, der nach einer Bleivergiftung ins Koma gefallen ist. Sein Vater hat ihm letztes Jahr zu Halloween einen Satz Vampirzähne gekauft, und der Junge hatte sie stundenlang im Mund. Die Farben, mit denen die Gebisse bemalt wurden, sind mit Blei verseucht. Seite drei ist der vorläufige Bericht eines Labors in Akron, wo ein gewisser Dr. Biff Sandroni die Vampirzähne untersucht hat. Das Ergebnis finden Sie ganz unten auf der Seite – alle fünf Gebisse sind mit Blei beschichtet. Dr. Sandroni ist Experte für Bleivergiftungen, und er sagt, das sei eines der schlimmsten Produkte, die er in den letzten fünfundzwanzig Jahren getestet habe. Er glaubt, dass die Zähne in China hergestellt und von einer der Spielzeugfirmen in den Staaten importiert wurden. Chinesische Fabriken sind berüchtigt dafür, dass sie unzählige Produkte mit Bleifarbe beschichten. Die FDA und die Verbraucherschutzbehörde schlagen Alarm und ordnen Rückrufe an, aber es ist unmöglich, alles zu kontrollieren.«
Rochelle, die das gleiche Material wie Oscar und Wally vor sich liegen hatte, sagte: »Der arme Junge. Wird er es überleben?«
»Die Ärzte glauben es nicht. Sein Gehirn, das Nervensystem und viele Organe sind schwer geschädigt. Wenn er überlebt, wird er in einem sehr schlechten Zustand sein.«
»Wer ist der Hersteller?«
»Das ist die große Frage. Ich habe keinen weiteren Satz dieser Vampirzähne in Chicago finden können, obwohl Helen und ich seit einem Monat danach suchen. Im Internet gibt es sie nicht. In den Katalogen der Spielzeugfirmen auch nicht. Bis jetzt habe
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