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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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immer noch rund um die Uhr.«
    David nickte nur und hoffte, dass Barkley endlich ging.
    Plötzlich kam Bewegung in den uniformierten Beamten neben der Richterbank. Er befahl, man möge sich erheben. Richter Seawright kam herein und befahl, man möge sich setzen. »Guten Morgen«, sagte er in sein Mikrofon, während er seine Unterlagen zurechtrückte. »Wir haben einiges vor in den nächsten zwei Stunden, und wie immer würde ich es sehr schätzen, wenn sich alle kurzfassen. Ich habe die Beweiserhebung aufmerksam verfolgt, und es sieht so aus, als würde alles zufriedenstellend verlaufen. Mr. Alisandros, haben Sie eine Beschwerde zur Beweiserhebung?«
    Jerry stand kerzengerade da, weil aller Augen auf ihm lagen. Er hatte lange graue Haare, die ihm bis weit in den Nacken reichten. Seine Haut war tief gebräunt, und sein maßgeschneiderter Anzug saß perfekt und betonte seine schlanke Figur. »Nein, Euer Ehren, zurzeit nicht. Ich freue mich, in Ihrem Gerichtssaal zu sein.«
    »Willkommen in Chicago. Ms. Karros, haben Sie eine Beschwerde zur Beweiserhebung?«
    Nadine Karros stand auf. Heute trug sie ein Kleid aus hellgrauer Seide und Leinen, V-Ausschnitt, Empiretaille, bis über das Knie reichend, dazu schwarze Plateaupumps, und die Männer konnten sich nicht sattsehen an ihr. David freute sich allein deshalb auf die Verhandlung, weil er dann eine Modenschau zu sehen bekam. Wally sabberte jetzt schon.
    »Euer Ehren, wir haben heute Morgen Listen mit Sachverständigen ausgetauscht, und daher ist jetzt alles in bester Ordnung«, antwortete sie mit voller Stimme und präziser Diktion.
    »Sehr gut«, sagte Seawright. »Womit wir beim wichtigsten Thema der heutigen Sitzung wären – der Frage, wo diese Fälle verhandelt werden. Die Kläger haben beantragt, alle Fälle dem einheitlichen Verfahren am Bundesgericht in Miami zuzuordnen. Die Beklagte erhebt Einspruch und zieht es nicht nur vor, die Fälle hier in Chicago zu belassen, sondern möchte sie noch dazu trennen und einen Fall nach dem anderen verhandeln, beginnend mit dem Nachlass eines gewissen Percy Klopeck, inzwischen verstorben. Hierzu liegen mehrere ausführliche Schriftsätze vor. Ich habe jedes Wort gelesen. An dieser Stelle lasse ich Kommentare beider Seiten zu, beginnend mit den Anwälten der Kläger.«
    Jerry Alisandros ging mit seinen Notizen zu einem kleinen Podium in der Mitte des Gerichtssaals, das direkt vor und ein gutes Stück unterhalb von der Richterbank stand. Er ordnete seine Unterlagen, räusperte sich und begann mit dem üblichen »Hohes Gericht«.
     
    Für Wally war es der aufregendste Moment in seiner Karriere. Dass er, ein Arme-Leute-Anwalt aus der Southwest Side, jetzt in einem Bundesgericht saß und dabei zusah, wie Staranwälte über die Fälle stritten, die er gefunden hatte, Fälle, für die er Klage eingereicht hatte, Fälle, die er geschaffen hatte – es war fast zu viel für ihn. Er unterdrückte ein zufriedenes Grinsen und fühlte sich sogar noch besser, als er seinen Bauch berührte und einen Finger unter den Gürtel schob. Er hatte fast sieben Kilo abgenommen und seit einhundertfünfundneunzig Tagen keinen Tropfen Alkohol getrunken. Der Gewichtsverlust und der klare Kopf hatten zweifellos etwas damit zu tun, dass er und DeeAnna eine Menge Spaß im Bett hatten. Er warf regelmäßig Viagra ein, hatte ein neues Jaguar-Cabrio (für ihn war es neu, genau genommen war es gebraucht und über sechzig Monate finanziert) und fühlte sich zwanzig Jahre jünger. Während er mit offenem Verdeck durch Chicago führ, träumte er pausenlos von dem Geld aus dem Krayoxx-Verfahren und dem süßen Leben, das vor ihm lag. Er und DeeAnna würden reisen und an Stränden herumliegen, und er würde nur noch arbeiten, wenn es absolut notwendig war. Die Entscheidung, sich auf Sammelklagen zu spezialisieren, war bereits gefallen, damit endlich Schluss war mit den öden Mandaten von der Straße, den billigen Scheidungen und den betrunkenen Autofahrern. Er war sicher, dass er und Oscar sich trennen würden. Nach zwanzig Jahren wurde es langsam Zeit. Oscar war wie ein Bruder für ihn, aber sein Seniorpartner hatte keinen Ehrgeiz, keine Vision, keinen Willen dazu, endlich das ganz große Geld zu machen. Er und Oscar hatten bereits darüber gesprochen, wie er das Geld aus dem Krayoxx-Vergleich vor seiner Frau verstecken konnte, damit sie möglichst wenig davon bekam. Oscar würde eine hässliche Scheidung durchmachen, und Wally würde für ihn da sein und ihm zur

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