Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Kirk Maxwell hinfällig geworden. Das hatte dem Senator bei Varrick inoffiziell den Spitznamen »Maxwell, der Spielverderber« eingetragen. Seine Witwe hatte keine rechtlichen Schritte eingeleitet, aber ihr großsprecherischer Anwalt genoss offensichtlich das Rampenlicht. Er gab bereitwillig Interviews und hatte es sogar in ein paar Fernseh-Talkshows geschafft, der Traum vieler Anwälte. Dafür hatte er sich extra die Haare gefärbt und neue Anzüge gekauft.
    Der Aktienkurs von Varrick war auf 29,50 Dollar gefallen, das war der niedrigste Kurs seit sechs Jahren. Zwei Wall-Street-Analysten, die Massey verabscheute, hatten Verkaufsempfehlungen ausgesprochen.
    »Obwohl Krayoxx erst seit sechs Jahren im Handel ist, entfällt ein Viertel des Umsatzes auf dieses Medikament. Nachdem es vom Markt genommen wurde, ist die Zukunft des Unternehmens unsicher«, schrieb der eine.
    »Die Zahlen sind beängstigend«, meinte der andere. »Sollte wirklich eine Million Krayoxx-Klagen eingereicht werden, kommt Varrick in den nächsten zehn Jahren nicht aus dem Sammelklagensumpf heraus.«
    Zumindest mit dem Wort »Sumpf« hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen. Massey grummelte vor sich hin, während er die morgendlichen Finanznachrichten durchblätterte. Es war noch nicht einmal acht Uhr. Der Himmel über Montville war bewölkt, die Stimmung im Bunker düster, aber er selbst war erstaunlich guter Laune. Mindestens einmal pro Woche – wenn möglich öfter – gönnte sich Mr. Massey das Vergnügen, gleich am Morgen jemanden ordentlich zusammenzustauchen. Heute freute er sich ganz besonders darauf.
     
    Als junger Mann war Layton Koane vier Legislaturperioden lang Abgeordneter gewesen, bevor er nach einer hässlichen Affäre mit einer Mitarbeiterin abgewählt wurde. Nach dem Skandal hatte er zu Hause in Tennessee keine entsprechende Beschäftigung finden können, vor allem, da er als Studienabbrecher keine verwertbaren Fähigkeiten oder Kenntnisse besaß. Geschieden, arbeitslos und pleite landete er im Alter von nur vierzig Jahren wieder in Washington, wo er den Weg einschlug, den so viele gestrandete Politiker vor ihm gegangen waren. In guter amerikanischer Tradition wurde er Lobbyist.
    Unbelastet von ethischen Skrupeln, erlebte Koane in diesem schmutzigen Spiel einen kometenhaften Aufstieg. Er hatte die richtige Nase, ein Gespür dafür, wo etwas zu holen war, das er Auftraggebern zuschanzen konnte, die bereit waren, seine ständig steigenden Honorare zu bezahlen. Als einer der ersten Lobbyisten beherrschte er das komplexe Feld der Mittelzuweisung, der fetten Pfründe, nach denen die Abgeordneten lechzten und die von ahnungslosen Fabrikarbeitern zu Hause in den Stimmbezirken bezahlt wurden. Einen Namen machte sich Koane, als ihm eine bekannte staatliche Universität, die ein neues Basketballstadion brauchte, ein Honorar von einhunderttausend Dollar zahlte. Uncle Sam beteiligte sich mit zehn Millionen an dem Projekt, was allerdings nur aus dem Kleingedruckten einer dreitausend Seiten starken Gesetzesvorlage hervorging, die um Mitternacht verabschiedet wurde. Als eine konkurrierende Universität davon erfuhr, war die Aufregung groß. Aber es war zu spät.
    Durch die Kontroverse erwarb sich Koane einen Ruf, der ihm weitere Mandanten in die Arme trieb. Einer davon war ein Bauträger aus Virginia, der einen Stausee anlegen wollte, um Grundstücke am Wasser teuer verkaufen zu können. Koane berechnete seinem Auftraggeber fünfhunderttausend Dollar und ließ ihn weitere einhunderttausend Dollar an das Wahlkampfkomitee des Abgeordneten für den Bezirk zahlen, in dem der völlig überflüssige Staudamm errichtet werden sollte. Nachdem der finanzielle Teil zur allgemeinen Zufriedenheit geregelt war, nahm sich Koane den Bundeshaushalt vor und fand das nötige Kleingeld – acht Millionen Dollar – im Verteidigungsbudget, wo es für die Pioniereinheit der US Army vorgesehen war. Der Damm wurde gebaut. Der Bauträger verdiente ein Vermögen. Alle waren zufrieden – bis auf die Umweltschützer, die Ökologen und die Gemeinden am unteren Lauf des Flusses.
    So etwas war in Washington an der Tagesordnung und wäre nicht weiter aufgefallen, hätte es da nicht einen hartnäckigen Reporter aus Roanoke gegeben. Alle Beteiligten – der Abgeordnete, der Bauträger, Koane – gingen ziemlich beschädigt aus der Sache hervor, aber Lobbyisten kennen keine Scham, und jede Art von Bekanntheit ist gut. Koanes Geschäft florierte. Nach fünf Jahren

Weitere Kostenlose Bücher