Vertraglich Verpflichtet (Daniel & Juliet - eine Liebesgeschichte, Teil 1) (German Edition)
sondern eher der Schock, dass er überhaupt dazu in der Lage war,
mir mitten ins Gesicht zu schlagen. Ich spürte, wie etwas auf mein T-Shirt
tropfte, kleine rote Punkte waren darauf zu sehen.
»Ich habe dir nichts mehr zu sagen. Und nichts, was du jetzt sagen
willst, würde daran irgendetwas ändern, Daniel.«
Mit diesen Worten öffnete ich die Tür und ging schnell hinaus. Er hielt
mich nicht auf, unternahm auch keinen weiteren Versuch mehr, mit mir zu
sprechen.
In meiner Wohnung angekommen, verriegelte ich sofort die Eingangstür, lautlos
ging ich danach in der stillen, dunklen Wohnung auf und ab. Ich hatte kein
Bedürfnis, das Licht anzuschalten oder Musik zu hören. Trotz meiner Müdigkeit war
ich unfähig, mich zu irgendetwas durchzuringen. Ich wollte weder duschen noch schlafen,
der Hunger war mir längst vergangen. Erschüttert wurde mir klar, dass ich
insgeheim darauf wartete, dass Daniel sich meldete.
Nachdem ich für lange Zeit barfuß durch die leeren Zimmer getigert war,
stieg langsam die Kälte in meinen Körper und ich fröstelte. Es war nun schon
fast halb elf, noch immer kein Zeichen von Daniel. Ich hätte erleichtert sein
sollen. Doch stattdessen hatte ich einen Kloß im Hals.
Was war los mit mir? Wie konnte ich in einer solchen Situation noch
etwas für Daniel empfinden? Wie konnte ich mir innerlich Ausreden zurechtlegen,
um sein Verhalten zu entschuldigen?
Denn genau das tat ich nämlich in diesem Moment. Ich gab mir eine
Mitschuld an seinem Ausraster, schließlich hatte ich ihn mit meinem Verhalten
und meinen Antworten bis aufs Blut gereizt. Er hatte versucht, die Situation zu
deeskalieren, doch dann ich hatte munter weitergestritten bis er letztendlich
die Fassung verlor.
Der Grund unseres Zerwürfnisses war gar nicht klar ersichtlich, der
Anlass eine Nichtigkeit. Aber faktisch hatte alles mit diesen mysteriösen
Anrufen zu tun. Die erst hatten mich so misstrauisch gemacht, meine Angst vor
Daniel geschürt.
Ich nahm das
Handy in die Hand und suchte nochmals den Mailboxeintrag heraus. Sofort bekam
ich eine Gänsehaut, als die Stimme zu sprechen begann.
»Ich
verlasse mich darauf, dass Sie Wallenstein so schnell wie möglich ausschalten.
Melden Sie sich dann wieder bei mir.«
»Gut, dann
ist ja jetzt wenigstens der erste Teil erledigt. Wie gesagt, um das Mädchen
kümmere ich mich selber, dazu brauche ich Ihre Hilfe nicht. Danach sehen wir
weiter. Ich halte Sie auf dem Laufenden, geben Sie mir eine Woche.«
Morgen musste ich unbedingt mehr über diesen Wallenstein herausfinden.
Das erschien mir am vordringlichsten, noch wichtiger war aber vielleicht, wie
von Mr. Burton vorgeschlagen, die Stimmanalyse. Falls es wirklich Daniel war,
der diese Anweisungen gab, musste ich mich auch weiter von ihm fernhalten. Eine
Woche – wenn er mit dem Mädchen wirklich mich meinte, dann konnte ich damit
rechnen, bis spätestens nächsten Mittwoch zu erfahren, was es mit dem Kümmern auf sich hatte.
Vor dem Einschlafen stand ich auf und kontrollierte ein weiteres Mal, ob
meine Wohnungstür von innen verriegelt war und ob ich alle anderen Türen und
Fenster abgeschlossen hatte. Mehr konnte ich im Moment nicht tun.
Sonntag, 20. Mai 2012
Als ich erwachte, war es noch früh am Morgen. Die Sonne war gerade erst
aufgegangen und weiches Licht tauchte die Silhouette der Stadt in goldenen
Glanz. Es versprach, ein herrlicher, warmer Frühsommertag zu werden.
Der Gedanke an die Begebenheiten gestern Abend ließ meine gute Laune
schlagartig wieder verlöschen. Schon als ich allein in die dunkle Wohnung zurückgekommen
war, hatten mich erste Zweifel befallen. Hatte ich überreagiert, als ich Daniel
so kommentarlos verlassen hatte? War ich nicht selbst Schuld daran, dass er
mich geschlagen hatte? Schließlich hatte ich ihn absichtlich gereizt und verärgert,
war ich diejenige, die ihn zuerst weggestoßen hatte.
Auf der anderen Seite hatte Daniel eine rote Linie überschritten und ich
war nicht bereit, ihm zuzugestehen, mich auch in Zukunft so zu behandeln.
Obwohl er selbst erschrocken zu sein schien, war es gut möglich, dass er mich wieder
schlagen würde, wenn ihm etwas nicht passte. Ich musste hier klare Grenzen
setzen.
Entschlossen stand ich auf, ging ins Badezimmer und besah als
allererstes mein Gesicht. Kein schöner Anblick, aber es hätte schlimmer sein können.
Die Schwellung meiner aufgeplatzten Lippe war zwar deutlich zurückgegangen, dafür
war aber mein linkes Auge
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