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Vertrau deinem Herzen

Vertrau deinem Herzen

Titel: Vertrau deinem Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Wiggs
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Sportplan auf die Beine, der einem professionellen Triathleten alle Ehre gemacht hätte. Sie war bei Callie, wenn diese ihren Blutzuckerspiegel maß und gemeinsam mit ihrem Gewicht in ein kleines Notizbuch schrieb. Gemeinsam gingen sie jeden Tag fünf Meilen, fuhren mit dem Kajak, schwammen und belohnten sich dann selber mit Kinobesuchen oder anderen Ausflügen, die wiederum zu noch mehr körperlicher Betätigung führten.
    Manchmal bekamen sie sich dabei in die Haare. Aber trotz der Höhen und Tiefen sah Kate inzwischen einen Hauch von Entschlossenheit und erste Erfolge bei Callie. Das Mädchen hatte bereits Gewicht verloren. Das war das Geschenk der Jugend, dass ihr Körper sich so schnell an die neue Ernährung und den Sport gewöhnte. Dass sie in dieser kurzen Zeit schon fünfzehn Pfund weniger auf die Waage brachte, war deutlich sichtbar. Und dank der Salben und Tabletten, die ihr der Arzt verschrieben hatte, wurde auch ihre Haut langsam besser. Die größte Veränderung aber fand in Callies Verhalten statt. Nach der Diagnose war sie am Boden zerstört gewesen, aber sie hatte es geschafft, daraus eine Quelle der Motivation zu machen.
    Das alles hielt Kate tagsüber ganz schön auf Trab. Und hinderte sie zum Glück daran, JDs wegen in tausend Teile zu zerbrechen. Seit sie sich wegen ihres Artikels über Callie gestritten hatten, hatte sie ihn nicht wiedergesehen. Er war zwar aus L. A. zurück, ihrer Meinung nach war es aber an ihm, den ersten Schritt zu tun.
    Vor ihnen erkundete Aaron die Dünen und warf nur ab und zu einen Blick zurück, um zu sehen, wo sie blieben. Um der täglichen Routine zu entfliehen, waren sie nach Dungeness Spit gefahren, einer flachen, sandigen Landzunge, die in die Juan-de-Fuca-Straße hineinragte. Es war eine spektakuläre Landschaft, ein wildes, windgepeitschtes Zuhause für achtzig verschiedene Vogelarten und mit einem alten Leuchtturm an der Spitze.
    „Ich würde mir gern eine Kopie deiner Geburtsurkunde besorgen“, sagte Kate. „Bei dieser Gelegenheit könnten wir mit der Fähre nach Victoria fahren und dort ein wenig shoppen und bummeln gehen.“
    Einen Moment lang blitzte Sehnsucht in Callies Augen auf, aber die verbarg sie schnell. „Auf gar keinen Fall! Das Letzte, was ich will, ist, Aufmerksamkeit zu erregen. Sonst stecken sie mich nur wieder in eine Pflegefamilie.“
    Dieses Thema bereitete Kate schon länger Sorgen. Für kurze Zeit noch lebte Callie in geordneten Verhältnissen. Aber da Kate nun wusste, wie jung das Mädchen war, konnte sie es nicht mehr lange vor sich herschieben, die Sache offiziell mit den Behörden zu besprechen.
    „Du kannst dich nicht dein ganzes Leben lang verstecken“, erwiderte Kate. „Früher oder später – und ich tippe auf früher – geht der Bericht aus der Notaufnahme an den zuständigen Sozialarbeiter, der dann bei uns auf der Matte steht. Und man muss nicht sehr tief graben, um herauszufinden, dass du als Ausreißerin gesucht wirst.“
    „Ich bin nicht weggelaufen. Ich wurde verjagt.“
    Kate ging einige Minuten schweigend neben ihr her. Das war genau die Art Information, die sie für ihren Artikel brauchte, aber inzwischen war sie auch davon nicht mehr hundertprozentig überzeugt. Sie war sich dessen so sicher gewesen – bevor JD ihr Selbstvertrauen untergraben hatte.
    „Bisher hat dich das doch auch nicht gestört.“
    „Bisher dachte ich ja auch, dass du achtzehn bist. Dass du noch drei Jahre von der Volljährigkeit entfernt bist, ändert alles.
    Auf dem Weg zurück schlief Aaron im Auto ein. Callie war angenehm erschöpft und zufrieden mit sich. An manchen Tagen hatte sie das Gefühl, dass ihre Anstrengungen sich auszahlten. Wenn sie ihre Mahlzeiten und den Sport richtig plante, hatte sie viel mehr Energie und spürte richtiggehend, wie sie stärker wurde. Heute war ein guter Tag. Und davon hatte sie schon einige gehabt, was sie erstaunlich fand, wenn sie bedachte, was seit ihrem Geburtstag alles passiert war. Sie hatte die Lüge über ihr Alter enthüllt, und die Welt war nicht untergegangen. Bei ihr war eine chronische Krankheit festgestellt worden, und doch ging das Leben weiter. Nicht nur das – sie kam mit der neuen Situation sogar sehr gut zurecht. Es war wenigstens ein Teil in ihrem Leben, über den sie die Kontrolle hatte.
    Ihre Einstellung schien ein Pendel an einer sehr, sehr langen Schnur zu sein. An manchen Tagen hasste sie einfach alles: ihre Krankheit, sich, ihr Leben, ihre Situation. An anderen, so wie heute,

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