Vertrau deinem Herzen
richtigen Mann kennenlernt 1 ’, hieß das Werk.
Er erinnerte sich noch gut des Gefühls der Hilflosigkeit, als er da in seinem Krankenhausbett gelegen und seine Freundin mit naiver Ernsthaftigkeit über die intimen Details ihres Lebens hatte sprechen sehen. Der Verrat war wie Schüttelfrost durch seinen Körper vibriert. Tinas Verhalten hatte Erinnerungen geweckt – an all die anderen Male, an denen er verraten worden war.
Warum überrascht es mich? hatte er sich gefragt. Das war es doch, was die Menschen taten. Sie nahmen sich von ihm, was sie wollten, und verließen ihn dann.
Nach dem Attentat war sogar Janet aus dem Unterholz gekrochen und hatte angefangen, sich wieder als seine Mutter zu bezeichnen. Sie hatte an seinem Krankenbett geweint. Die Fotos in den Zeitschriften zeigten sie madonnengleich um seine Genesung betend.
Die Ironie war: Er brauchte diese Frau nicht länger. Sie musste ihn nicht mehr lieben, nicht mehr für ihn beten. Das hätte er gebraucht, als er ein Kind gewesen war. Als er in der Schule war, sich nach Liebe und Bestätigung gesehnt hatte. Er hätte es als Teenager gebraucht, als er sich Sicherheit und Kontrolle herbeigewünscht hatte. Damals war sie nicht für ihn da gewesen. Und als er achtzehn wurde, hatte er seine Zukunft verkauft, um seine Mutter in eine Entzugsklinik inweisen zu lassen. Alles, was er für das College und – ja, er hatte große Träume gehabt! – das Medizinstudium gespart hatte, gab er für den Entzug aus. Das Wunder daran war: Seine Investition zahlte sich aus. Nach neunzig Tagen kam Janet Harris clean und trocken raus, und sie war ihrem Sohn ernsthaft dankbar. Er hatte sie vor der unvermeidlichen Überdosis gerettet, die ihn zum Waisen gemacht hätte.
Sie war ein ganz neuer Mensch, das hatte JD sofort gesehen. „Ich muss neu anfangen“, hatte sie gesagt. „Ich kann nicht an den Orten, bei den Menschen sein, die ein Teil meines Lebens waren, als ich noch abhängig war.“
JD brauchte eine Weile, um zu verstehen, dass er genauso dazugehörte wie die Dealer und Luden, mit denen sie während JDs Kindheit und Jugend herumgehangen hatte.
Ihr Verschwinden in dem Sommer war ein Geschenk gewesen, zumindest hatte er sich das immer eingeredet. Ihre Nüchternheit hatte ihn zwar sämtliche Ersparnisse gekostet, aber sie hatte ihm dafür deutlich gezeigt, was die Zukunft für ihn bereithielt. Er war auf sich allein gestellt. Und das war ihm nur recht.
Dann war der Ruhm über ihn gekommen, und plötzlich war Janet wieder zurück in seinem Leben, die ideale Mutter des amerikanischen Helden. Sie hätte es besser wissen müssen. Sie hätte verstehen müssen, dass die Reporter, die sie umschwärmten, nicht ihre Freunde waren. Sie drehten jeden Stein in ihrem Leben um, und die Enthüllungen, die sie ans Licht brachten, verwandelten Janet wieder in die Frau, die sie JDs ganze Kindheit über gewesen war: eine Abhängige. Zu Janets Glück hatte er nun die finanziellen Möglichkeiten, um sie vor seinem Verschwinden in die beste Entzugsklinik Südkaliforniens einweisen zu lassen. Er hoffte verzweifelt, dass die Leute dort Ahnung von ihrem Job hatten – und dass Janet ihren Teil dazu beitragen und wieder clean werden würde. Jahre des Trockenseins waren in Sekunden von einigen wenigen Reportern zerstört worden. Wie er die Medien hasste!
Als Kind hatte JD immer gedacht, dass er mal Allgemeinmediziner werden würde, der sich von der Geburt bis zum Tod um die Menschen kümmerte.
Aber da hatte er falsch gelegen. Seine wahre Berufung war es, Rettungssanitäter zu sein, wie die Männer und Frauen, die seine Mutter aus der letzten Überdosis zurückgeholt hatten. JD hatte nie erfahren, wie sie hießen, hatte sie nie wiedergesehen. Und das schien irgendwie angemessen zu sein. Für JD war es der ideale Job – er konnte Leuten helfen und sie dann wieder in die Freiheit entlassen. Das war das Beste aus beiden Welten. Als Rettungssanitäter konnte er den Rausch der Befriedigung genießen, jemanden vor dem Tode bewahrt zu haben, und musste sich gleichzeitig keine Gedanken darüber machen, wo derjenige am nächsten Tag, im nächsten Monat oder im nächsten Jahr sein würde. Ein Rettungssanitäter verbrachte durchschnittlich dreizehneinhalb Minuten im Leben eines Opfers, aber in diesem kurzen Augenblick machte er den entscheidenden Unterschied.
Klingt gut, hatte JD zum Anwerber der Armee gesagt. Und nachdem seine Mutter den Rest von seinem Erspartem abgeräumt und sich in der Hoffnung
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