Vertrau mir deine Sehnsucht an (Der romantische Liebesroman) (German Edition)
Mienenspiel des Mannes überrascht beobachtet. "Es muss etwas gewesen sein, das Sie stark berührte."
Martin nickte. "Es ist leicht, einem anderen Menschen zu sagen, was er tun soll. Aber es ist nicht einfach, wenn man sich selbst damit einen Spiegel vorhält und nicht die Kraft dazu hat, die Augen zu schließen."
"Das hab ich gespürt. Möchten Sie darüber sprechen, Mar-tin? Ich glaube, Sie tragen eine schwere Last mit sich her-um."
Martin drehte das Gesicht zur Seite. Er fühlte sich plötzlich nackt und völlig durchschaubar. "Ich bin Schuld daran, dass meine Frau tot ist. Sie wollte nicht nach Berlin, aber ich hab sie regelrecht dazu überredet, mit mir zu fahren."
"Sie hätte bestimmt nicht eingewilligt, wenn sie es nicht selbst gewollt hätte. Es ist Unsinn, sich selbst daran die Schuld zu geben", wandte Melanie ein.
Martin schüttelte den Kopf. "Ich habe sie erpresst. Ich sagte ihr, Berlin ist groß, und dort ist es einfach, Bekanntschaften zu knüpfen, vor allem zu den weiblichen Bewohnern. Ich wusste, dass Karin sehr eifersüchtig war, und das habe ich ausgenützt. Hätte sie nicht neben mir gesessen, dann könnte sie heute noch leben und ich wäre nicht allein."
"Aber Sie sind doch gar nicht allein. Stefanie ist Ihnen geblieben, und sie liebt sie von ganzem Herzen."
"Stefanie ist meine Tochter. Sie wird eines Tages einem Mann begegnen, der sie alles andere vergessen lässt. Dann wird es ihr gleichgültig sein, ob ich in einem Heim lande oder auf dem Friedhof. Sie hat auch das Recht dazu, denn ich darf ihr Leben nicht zerstören. Sie hat nicht mehr sehr viel Zeit, eine eigene Familie zu gründen."
"Das wird alles die Zukunft bringen, Martin. Ich darf Sie doch Martin nennen?"
Der Mann stimmte erfreut zu.
"Dann sagen Sie bitte Melanie zu mir." Sie stand auf und neigte sich einen kurzen Moment zu ihm hinab. "Darf ich? Eine neue Freundschaft ist etwas sehr Wertvolles."
Martin hob seine Arme und legte sie auf Melanies Schultern. Dann zog er sie ganz langsam zu sich herunter. Ihr Kuss, der eigentlich für seine Wange gedacht war, landete auf seinen Lippen.
"Danke", sagte Melanie wenig später, als sie sich wieder voneinander gelöst hatten. "Danke für das Vertrauen." Ihre Augen schwammen in Tränen, als sie hastig zum Zaun zurück ging. "Darf ich wiederkommen?", fragte sie und drehte sich noch einmal um.
"Wann immer du willst", antwortete Martin Guske leise. "Ich werde auf dich warten."
* * *
Seufzend blickte Dr. Michael Horbach auf die kleine mes-singfarbene Uhr, die auf dem Schreibtisch stand. Das Bild daneben störte ihn etwas, aber er wagte nicht, es zu entfer-nen. Es zeigte eine bildhübsche Frau, die fröhlich in die Kamera lachte. Gudrun Authenried. Jedes Mal, wenn er sie ansah, spürte er einen kleinen Stich in der Herzgegend, obwohl er sie nicht gekannt hatte.
Eine Stunde noch, dann ging es in den wohl verdienten Feierabend. Heute wollte er mit seinem Kollegen Weeske endlich zum Essen gehen. Seit einer Woche nahmen sie es sich schon vor, aber bis jetzt hatte es noch nicht geklappt.
"Frau Guske ist die nächste", meldete Simone mit ernstem Gesicht. "Sie sagt, es geht um ihren Vater. Sie wollte nicht anrufen."
"In Ordnung." Michael nahm die Krankenakte aus der Hand seiner Sprechstundenhilfe entgegen. "Sie soll hereinkommen. Wie viele Patienten haben wir danach noch?"
"Sie ist die letzte. Sie ist nicht angemeldet. Eigentlich hatten Sie sich den Abend frei halten wollen." Simone lächelte. "Den Tisch hab ich bestellt."
"Danke." Der Arzt klappte den Umschlag auf, dann überflog er hastig die letzten Untersuchungsergebnisse von Martin Guske. Als er aufblickte merkte er, dass er eigentlich gar nichts von dem wahr genommen hatte, was er las. Er sah nur Stefanies Gesicht vor sich, blass und traurig, ihre schönen blauen Augen, in denen sich die Tränen spiegelten und ihren roten Mund, der bestimmt noch nicht oft geküsst worden war.
"Entschuldigen Sie bitte, Herr Doktor."
"Michael", berichtigte Dr. Horbach sie. Er erhob sich, um sie zu begrüßen. "Ist etwas mit Ihrem Vater? Sie kommen ohne Termin, da muss es etwas Ernstes sein. Sie hätten anrufen können."
"Ich wollte zuerst anrufen", sagte Stefanie verlegen. "Aber dann war ich gerade in der Stadt, und da dachte ich, dass ich vielleicht kurz vorbei kommen könnte, um das Rezept selbst abzuholen.
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