Vertraue mir (German Edition)
keine besondere Qualität, so dass Gabes Nichterkennen glaubhaft schien. Aber sie hatte sich oder auch ihr Spiegelbild erkannt. Sie wusste, die Sekretärin hatte Recht.
Aber nun wurde sie sich bewusst, dass sie ihren eigenen, scheinbar so geliebten Mann nicht wieder erkannt hatte. Sie fuhr mit zitternden Fingern über das Bild. Dieses fing an, sich unter den Tränen, die nun aus ihren Augen liefen, zu wellen. Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann leise und kläglich zu schluchzen. Nun hielt es Gabe nicht mehr aus, so ungerührt dazustehen. Mit einem Satz war er neben ihr und nahm sie in die Arme, mit der unsicheren Annahme, sie würde ihn nun wegstoßen. Stattdessen klammerte sie sich Hilfe suchend an ihn und weinte leise vor sich hin. Gabe fragte vorsichtig: „Nun erinnerst du dich also wieder, du hast ihn erkannt?“ Maura schluchzte lauter, sie bekam fast keine Luft mehr.
„Nein, Gabe, ich erkenne ihn nicht. Meinen eigenen Mann! Verstehst du das? Was bin ich nur für ein Mensch? Diese furchtbaren Dinge, die ich dir angetan habe und antun wollte! Und nun erkenne ich den Menschen nicht wieder, der für mich anscheinend alles bedeutet hat! Ich bin verrückt! Das ist die einzige Erklärung, ich gehöre ins Irrenhaus.“ Gabe wurde blass. Er hörte eine andere verzweifelte Stimme aus der Vergangenheit, die ihm dasselbe zurief. Nein, noch einmal würde er diesen Fehler nicht machen.
“Gabe, hol’ die Polizei, bevor ich dir irgendetwas antue! Bitte, Gabe! Mrs. Zelensky, tun Sie es für Ihren Chef, bevor ich vielleicht wieder durchdrehe!“ Ihre Stimme wurde hysterisch.
Gabe ließ Maura nicht los und sprach sanft auf sie ein. Marion saß schreckerstarrt auf der Sesselkante, innerlich fast schon bereit dem Verlangen der Weinenden nachzugeben. Langsam beruhigte sich Maura. Das laute Schluchzen verebbte langsam, da hörte man Schritte auf dem Flur, die sich entschlossen dem Zimmer näherten.
„Marion, fangen Sie denjenigen ab, schnell bitte!“
Die Sekretärin reagierte umgehend, kam aber zu spät. Sie versuchte noch die Tür zu schließen, aber die Besucherin begann lauthals zu schimpfen.
„Ich weiß, dass er zurück ist! Ich habe den Hubschrauber gesehen und er wird mir nun die Antworten geben, die ich haben will. Lassen Sie mich durch! Sie haben mich nun eine Woche oder mehr abgewimmelt, nun reicht es. Gehen Sie zur Seite! Mr. Bennett, ich muss Sie sprechen, sofort! Wo haben Sie Maura versteckt? O Gott, Maura, Liebes, was hat er dir angetan? Lassen Sie sie sofort los!“
Eine etwa dreißigjährige Frau mit einer roten Lockenpracht, hochgewachsen und schlank wie ein Mannequin, war zur Tür hereingestoben, hatte aber beim Anblick der beiden auf der Couch eine beachtliche Bremsung hingelegt. Gabe blinzelte etwas und verkniff sich mühsam ein Grinsen. Dann nahm er Mauras Gesicht in seine Hände und sagte liebevoll: „Weißt du, eines muss man dir lassen, man langweilt sich keine Minute in deiner Gegenwart. Wer ist denn das nun wieder?“
Maura sah ihn ratlos an. „Ich weiß es nicht, Gabe, tut mir leid. Aber deine Sekretärin kann es uns bestimmt sagen“, schloss sie leicht boshaft, worauf hin Marion etwas rot und der Neuankömmling blass wurde.
„Was soll das heißen, Maura? Was geht hier vor? Haben Sie sie unter Drogen gesetzt? Verdammt, das konnte ja nicht gutgehen.“
Maura zuckte zusammen. „Was konnte nicht gutgehen?“
„Dass du alleine mit ihm reden wolltest. Das war viel zu gefährlich. Komm, ich bringe dich heim und wenn es dir besser geht, kannst du die Polizei immer noch anrufen.“
Gabe schluckte. Dann würde das Ganze von vorne losgehen, wenn man glaubte, dass er Maura etwas angetan hätte.
Aber Maura schüttelte verwundert den Kopf. „Er hat mir nichts angetan, er hat mich gerettet. Und wer bitte sind denn nun Sie?“
Die Rothaarige schüttelte verzweifelt den Kopf.
Gabe wurde ungeduldig. Er bot der jungen Frau mit einer kurzen Handbewegung den Platz gegenüber an. Nachdem sie sich als Mauras WG-Mitbewohnerin mit Namen Elaine Wyman vorgestellt hatte, begann Gabe die Situation zu erklären. Als er geendet hatte, sahen ihn zwei Frauen mit weit aufgerissenen Augen an.
Maura hielt die entsetzten Blicke, die sich auf sie richteten, nicht mehr aus. Sie ging zum Fenster und starrte blicklos hinaus. Von der Skyline und dem wunderschönen Blick hinaus aufs Meer nahm sie nichts bewusst wahr.
Sie dachte verzweifelt: Wie kann ich so ein Monster und mir darüber nicht im Klaren sein?
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