Vertraue mir (German Edition)
Er zwang sich zu einer ruhigen Antwort: „Du warst der Annahme, ich wollte zusätzliche Kosten für die Instandsetzung dieses Teils des Bergwerks einsparen, weil es erwiesenermaßen nicht mehr so rentabel war!“
Maura sah ihn zweifelnd an. Dann stand sie so abrupt auf, dass die beiden anderen erschraken. Sie ging zum Fenster und blickte hinaus.
Erst jetzt registrierte Marion den blutverschmierten Overall und sah ihren Chef fragend an. Gabe schüttelte leicht den Kopf. „Jetzt nicht!“ signalisierte er ihr.
Langsam drehte Maura sich zu ihnen um. Sie wirkte auf einmal sehr müde. Sie hielt sich mit einer Hand am Schreibtisch fest und Gabe hatte den Eindruck, dass sie ein wenig schwankte. Aber sie blieb stehen und sah ihn aus diesen irritierenden hellgrünen Augen an. Dann sagte sie leise:
„Gibt es irgendetwas, womit ich mir selbst beweisen könnte, dass ich diese überaus nette Person bin, die ihr da beschreibt? Denn freiwillig glaube ich das noch nicht. Warum hast du mich denn nie erkannt, wenn ich die Frau deines Lieblingsangestellten bin? Habe ich meinen Mann nie in der Arbeit aufgesucht?“
Gabe nickte. „Ich verstehe, was du meinst. Wir sind tatsächlich nur einmal im gleichen Raum gewesen, bei einer Weihnachtsfeier. Ich hielt die Rede, dann habt ihr getanzt. Und bevor wir uns noch an einen gemeinsamen Tisch setzen konnten, wurdest du zu irgendeinem Notfall gerufen.“
„Ein Notfall, als Anwaltsgehilfin?“
„Du warst nicht immer Anwaltsgehilfin. Du gingst nach deiner Ausbildung zur Army und bist schnell aufgestiegen. Nach wenigen Jahren warst du Ausbilderin für die Fallschirmspringer der Army, daher auch dein Hubschrauberverständnis. An diesem Abend war irgendein Absprung schief gelaufen, bei einem Mann war der Fallschirm nicht aufgegangen. Du solltest mit den Spezialisten den Grund herausfinden. Die Army war geschockt und wollte nicht das Ende unserer Weihnachtsfeier abwarten.“ Gabe war sich des zynischen Untertons bewusst, ignorierte aber Mauras hochgezogene Augenbrauen. „Sonst gab es noch keine Berührungspunkte. Ihr wart erst ein Jahr verheiratet. Und du hattest keinen Grund in der Firma aufzutauchen, da dein Mann nur zum Schreiben seiner Berichte hier war und ansonsten unterwegs.“
Marion Zelensky mischte sich ein. Ihr Widerwillen gegen die andere Frau war bei dieser Diskussion wieder erwacht und sie erinnerte sich, mit welcher klaren Brillanz Maura Callahan auch vor Gericht Fragen und Argumente abgefeuert hatte. Es war die richtige Person, da war sie sich nun wieder sicher. Sie stand auf und sagte mit fast unhöflichem Ton: „Sie können das Ganze sogar Schwarz auf Weiß haben. Ich habe alle Artikel über Ihre Verleumdungen gesammelt. Und das ist nicht strafbar, da habe ich mich vorher schlau gemacht!“
Maura war bei diesem Ton zusammengezuckt. Aber Gabe, der Marion am liebsten gemaßregelt hätte, zwang sich zu schweigen. Denn seine Sekretärin hatte eigentlich Recht. Maura war wie eine Furie durch sein Leben gefegt! Aber die Frage, die er sich so oft in der Vergangenheit gestellt hatte, was um Gottes Willen Tim an so einer Megäre gefunden hatte, war nun beantwortet. Abgesehen von dieser schrecklichen Geschichte war sie hinreißend. Sie war mehr als hübsch, zartfühlend und mutig. Und absolut loyal. Diese Loyalität war wohl etwas zu stark ausgeprägt und hatte sie Tims Tod in einem falschen Licht sehen lassen.
Marion kam mit einem Ordner voller Zeitungsausschnitte zurück. Maura wurde etwas blasser.
Der Ordner wurde energisch vor sie auf den Tisch gelegt und mit Wucht geöffnet. Maura zögerte nur kurz, dann begann sie mit Widerwillen zu lesen.
Es waren Ausschnitte aus vielen verschiedenen Zeitungen bis hin zu Fachjournalen. Der Tenor der meisten Artikel bezog sich auf den Unglauben der Fachwelt, dass Gabriel Bennett schuldig sein könnte.
Aber es gab auch Gegenstimmen. Von Gutachten war die Rede, die von Mauras Anwalt, einem gewissen Vincent Garibaldi, kommentiert wurden. Garibaldi war offensichtlich der Anheizer bei diesem Feuer. Aber Gabe hatte nie herausfinden können, was er daraus für Vorteile zog.
Maura hatte einen Moment den Eindruck, die Bilder begännen sich um sie zu drehen. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Dann las sie langsam weiter. Bei einem Bild von Tim stoppte sie. Sie las seinen Namen, sonst hätte sie nie gewusst, wer dieser lachende junge Mann mit dem tiefdunklen Haar und den dunkel wirkenden Augen war. Sie hatte Bilder von sich gesehen,
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