Vertrauen
unserer Illusionen gebaut ist, dann wird es einstürzen. Solche Illusionen, die nurSand für das Fundament unseres Hauses sind, bestehen in der Erwartung, von allen anerkannt und gemocht zu werden, ständig Erfolg haben zu müssen. Wenn unsere Illusionen zerbrochen werden, dann fliegt der Sand, auf den wir unser Haus bauen wollten, auseinander. Und unterhalb des Sandes können wir nach dem Felsen graben, der unser Haus trägt. Das Zerbrochenwerden der Illusionen öffnet uns für ein tieferes Vertrauen, für das Vertrauen, in Gott selbst zu gründen.
Vertrauen auf Seine Nähe
E s gibt ein Sprichwort: „Zeit heilt Wunden“. Man sagt es oft, wenn jemand einen lieben Menschen verloren hat. Aber es tröstet nicht wirklich. Mit der Zeit kann auch die Resignation oder die Verzweiflung wachsen. Und wenn ich in der Trauer bin, hilft es mir nicht, wenn jemand sagt: „Die Trauer wird schon vorübergehen.“ Jetzt tut sie weh. Und jetzt finde ich keinen Weg, von ihr frei zu werden. Der Glaube kann mich in einer solchen Situation trösten. Allerdings darf ich den Glauben nicht als schnelle Lösung missverstehen. Der Schmerz tut trotz des Glaubens weh. Und der Glaube gibt nicht sofort eine Antwort auf mein Leid. Und er löst meinen Schmerz nicht auf. Aber im Glauben fühle ich mich in meiner Not nicht alleingelassen. Ich vertraue darauf, dass Gott bei mir ist. Natürlich sagen manche: „Ich erfahre Gott nicht in meiner Trauer. Er hat mich alleingelassen.“ Das ist eine schmerzliche Erfahrung, die ich nicht vorschnell überspringen darf. Aber wenn ich sie zulasse, kann ich in meinen Schmerz hinein glauben, dass ich trotz allem getragen bin. Für uns Christen ist dabei der Blick auf Jesus, der am Kreuz hängt, der selbst tiefe Einsamkeit, Verlassenheit und Leid erfahren hat, eine Hilfe, sich im Leid von ihm verstanden zu wissen. Denn er hat das Leid selbst in seiner Abgründigkeit durchlebt. Und der Glaube gibt mir das Vertrauen, dass ich durch das Leid und durch die Trauer nicht aus der Liebe Gottes falle. Ich bin auch dort von seiner Liebe umgeben.
Die Hoffnung ist für mich auch ein wichtiger Trost. Hoffnung hat mit Zeit, mit einem Überschreiten bloßerGegenwartsverhaftung zu tun – ohne die Gegenwart zu leugnen. Hoffnung heißt auch nicht, dass künftig alles besser wird. Hoffnung ist etwas anderes als die Erwartung eines bestimmten Zustandes. Denn wenn dieser Zustand so nicht kommt, wie ich mir das vorgestellt habe, wäre die Hoffnung zerbrochen. Hoffnung – so sagt der französische Philosoph Gabriel Marcel, der eine eigene Philosophie der Hoffnung entwickelt hat – ist immer Hoffnung für dich und für mich. Wer hofft, der sagt: Ich hoffe, dass sich in mir etwas wandelt und dass ich besser mit dem Leid umgehen werde. Und ich hoffe für dich, dass deine Trauer sich wandelt und du mit der Kraft in dir in Berührung kommst. Die Hoffnung kann warten. Sie hat Geduld. Es gibt immer Menschen um mich herum, denen es gerade nicht gut geht, die „durchhängen“. Die Hoffnung vertraut darauf, dass sie durch diese Krise hindurch kommen. In der Hoffnung gebe ich den andern nicht auf. Ich vertraue darauf, dass er seinen Weg findet. Und ich kann in Geduld warten, bis der andere wieder in Berührung kommt mit seiner eigenen Kraft.
Paulus bringt Hoffnung und Geduld zusammen: „Hoffen wir auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld.“ (Röm 8,25) In diesem Wort des hl. Paulus kommt noch eine andere Seite der Hoffnung zum Ausdruck. Hoffnung hat immer mit dem Unsichtbaren zu tun. Wir hoffen auf das, was wir nicht sehen, sagt Paulus im Römerbrief (Röm 8,24). Ich sehe in mir noch keine Verwandlung des Leids oder der Trauer. Aber ich hoffe auf das, was in mir noch nicht sichtbar und spürbar ist, auf den Glauben, auf das Heil, auf die innere Kraft, die in mir ist, auf Gott, den ich auch nicht sehe, der mir aber trotzdem zur Seite steht. Ichsehe im andern noch nicht, dass das Gute sich in ihm entfaltet. Ich sehe nur seine Krise, eine Schwäche. Doch ich vertraue auf das, was ich noch nicht sehe. Und indem ich daran glaube, wächst das Verborgene im andern. Hoffen heißt: auf das Unsichtbare setzen und darauf vertrauen, dass es stärker wird als das, was mir jetzt gerade in die Augen fällt.
„Die Sehnsucht
nach Gerechtigkeit
nimmt nicht ab
Aber die Hoffnung“,
das hat Hilde Domin einmal gedichtet. Aber auch wenn es Resignation geben mag, es lässt sich die Hoffnung nicht aufheben: „Der Glaube, den ich am
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