Vertraute Schatten
war.
»Hallo. Ich bin Lily. Und das muss ich jetzt unbedingt loswerden: Sie sehen großartig aus!«
Ariane zog die Stirn in Falten, musste dann aber doch geschmeichelt lachen. »Oh … danke! Alle scheinen immer zu glauben, ich müsste eher wie ein … nun ja, wie ein Mann aussehen.«
»Welch großes Glück für uns alle, dass das nicht der … oh!«
Lily brach mitten im Satz ab. Ariane hatte, verlegen wegen all der Aufmerksamkeit, ihre Haare nach hinten gestrichen. Sofort richteten sich Lilys Augen auf das Mal. Und dann fiel es Ariane siedend heiß wieder ein: Tanktop. Flügel. Katze. Sie errötete und zog das Haar sofort wieder über das Mal. Zu spät. Lily hatte es gesehen, und Ty ebenfalls. Keiner von beiden machte jedoch Anstalten, sich darüber auszulassen.
»Wie auch immer«, fuhr Lily fort und lächelte sie fast schon übertrieben herzlich an. »Es freut mich, Sie kennenzulernen.« Dann erlosch ihr Lächeln, und sie fügte in ernstem Ton hinzu: »Ein Glück, dass Sie bei Vlad waren, als all das passiert ist. Wissen Sie, ob Sammael bereits in der Wüste angekommen ist?«
»Sicher bin ich mir nicht«, erwiderte Ariane. »Aber er ist unglaublich stark und inzwischen auch völlig wiederhergestellt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er es nicht geschafft haben sollte.«
Vlad bedeutete allen sich zu setzen, und Ariane ließ sich neben ihm auf dem Sofa nieder. Sie wusste, sie musste sich auf die Probleme konzentrieren, um die es jetzt gehen würde, und empfand es fast schon als Erleichterung, nicht mehr über ihr dummes Herz nachdenken zu müssen.
»Ich denke, alles ist so weit vorbereitet. Sobald Mormo das Ritual vollzogen hat, dürften wir genauer wissen, womit wir es hier zu tun haben. Wie ich höre, wollte Sammael sich nicht genauer zu dem Aufenthaltsort dieses … Dings äußern, bevor er mit den anderen Ältesten gesprochen hat, aber ich hoffe, die Wahrsagung wird uns diese Information auch so liefern.«
»Er möchte nicht, dass irgendjemand ohne die Einwilligung seiner Brüder unser Gebiet betritt«, sagte Ariane. »Er schien der Meinung zu sein, dass das für jeglichen Eindringling nur übel ausgehen könnte.« Sie dachte an seine Flügel, so schön und so ungewöhnlich, und an die Art, wie er über Sterbliche sprach, als sei er nie einer von ihnen gewesen. »Ich neige dazu, ihm zuzustimmen.«
Vlad seufzte. »Wenn er doch bloß mehr Vertrauen in die anderen Anführer hätte! Aber … er ist nun mal ein Grigori.«
Lily warf Ariane einen Blick von der Seite zu. »Es ist mir schrecklich unangenehm, Sie das fragen zu müssen. Aber könnte Ihr … äh … Ihr verwandeltes Mal bei der Zeremonie zu irgendwelchen Problemen führen?«
Ariane erstarrte. Auf die Idee war sie noch gar nicht gekommen. Damiens Verschwinden hatte sie so beschäftigt, dass sie sich gar nicht bewusst gemacht hatte, dass sie kein reines Blaublut mehr war. Rasch warf sie Vlad einen Blick zu, der sie glücklicherweise verständnisvoll anlächelte.
»Das habe ich bereits mit Mormo geklärt. Die Veränderungen, die Damiens Blut in Ihnen bewirken, werden nicht so schnell eintreten – wenn überhaupt. Wahrscheinlich ist, dass sogar überhaupt nichts geschieht. Derjenige, der Sie verwandelt hat, ist unglaublich stark. Mormo scheint der Überzeugung zu sein, dass Ihr Blut stark genug ist.«
Erleichtert lehnte sich Ariane zurück. »Dann hat Sam Ihnen also erzählt, dass er mich verwandelt hat.«
»Das hatte ich sowieso vermutet, aber ja, er hat es mir erzählt. Dass Sie ihm etwas bedeuten, ist offensichtlich. Und … ungewöhnlich.«
Lily zog die Nase kraus. »Und er muss sich nicht mit Mormo auseinandersetzen, der Glückliche.«
Ariane, der der bittere Tonfall in Lilys Stimme nicht entgangen war, legte fragend den Kopf auf die Seite. »Sie kennen sie?«
»Ich brauche sie gar nicht zu kennen. Arsinöe und sie finden immer wieder Gründe, die Ausweisung eines Territoriums für meine Leute hinauszuzögern. Arsinöes Territorium ist vorrangig New York, und das Gebiet, das den Empusae gehört, interessiert mich nicht im Geringsten. Vieles von Neuengland gehört theoretisch Arsinöe, praktisch aber niemandem. Und trotzdem höre ich immer wieder nur Nein! Wo kämen wir denn da hin, wenn wir die Dämonenkönigin und ihre Gossenblute unterstützen würden!« Resigniert sah sie Vlad an. »Ich bin es so müde, immer kämpfen zu müssen, aber trotzdem, diesen Krieg werde ich gewinnen, Vlad, das schwöre ich dir.«
Vlad seufzte und legte
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