Vertraute Schatten
sich nicht gegen uns alle stellen. Glauben Sie mir. Schlafen Sie jetzt erst mal. Wir reden weiter, wenn Sie wieder wach sind.« Mit diesen Worten drehte er sich um und schloss die Tür hinter sich.
Während die Sonne langsam aufging, spürte Ariane, wie sich die Lethargie in ihr ausbreitete und all ihre Glieder schwer wie Blei wurden. Mit letzter Kraft warf sie sich auf das Bett und breitete ihre Flügel aus, sodass sie von ihnen zugedeckt wurde wie von einer Bettdecke. Dann sank sie dankbar in einen traumlosen Tiefschlaf.
Sie wurde wach, als die Sonne gerade erst hinter dem Horizont verschwand.
Wenigstens hatte sie der Schlaf erfrischt, auch wenn ihr noch immer schwer ums Herz war. Auch ihre Nervosität zerrte jetzt mit aller Macht an ihr. Heute Nacht würde sie aufdecken, was die Ältesten ihrer Dynastie getan hatten. Wenn sie das glaubhaft darstellen könnte, würde sie das Schicksal ihrer Dynastie unwiderruflich ändern – beziehungsweise das Schicksal der Dynastie, die einmal die ihre gewesen war. Jetzt war sie nur noch ein Gossenblut.
Andererseits waren es die Gossenblute, die in der letzten Zeit die größten Umwälzungen bewerkstelligt hatten.
Ariane stand auf, duschte und zog eine hautenge weiße Jeans und ein Tanktop an. Dann griff sie zu dem Telefon, das auf dem Nachttisch stand, drückte die Taste für eine Leitung nach draußen und rief Elena an. Sie hatte noch keine Gelegenheit gehabt, mit ihrer Freundin über all das zu reden, was geschehen war. Aber Elena hatte es verdient, von ihr zu hören, bevor sie sich in das stürzte, was heute Nacht geschehen mochte.
»Hallo, Ari. Gerade wollte ich den mächtigen Dracul anrufen und ihm eine Standpauke halten. Wo hast du bloß gesteckt?«
»Ich bin in Chicago. Zurück in Chicago. Ich hätte mich schon früher melden sollen, aber es war irgendwie … interessant. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass bei mir alles in Ordnung ist.«
Elenas Erleichterung war spürbar, und sie schien auch gar nicht böse zu sein. Trotzdem hatte Ariane ein schlechtes Gewissen, weil sie sich nicht mehr gemeldet hatte, seit Sammael wiedergefunden worden war. Damien war nicht der Einzige, der einen besseren zwischenvampirlichen Umgang lernen musste.
Mit wenigen Sätzen erklärte sie ihrer Freundin, was passiert war, erwähnte aber die Dämonenprobleme der Grigori nur am Rande. Von Damien sprach sie überhaupt nicht. Als sie geendet hatte, schwieg Elena zunächst.
»Ich sollte mir auch Flügel zulegen«, sagte sie schließlich mit einem leisen Lachen. »Du hast die letzten beiden Wochen ganz schöne Strecken zurückgelegt.«
»Selbst geflogen bin ich nur hierher. Ein Flugzeug tut es normalerweise genauso.«
»Ja, aber es ist natürlich nicht so cool, als wenn man einfach seine eigenen riesigen Flügel ausbreitet.« Elenas Ton wurde ernst. »Dann wird Sariel also abgesetzt. Wow! Kommst du damit klar? Ich meine … Du bist heute Nacht zwar von den Mächtigsten der Vampirwelt umgeben, aber trotzdem … sonderlich sicher klingt das nicht.«
»Ist es auch nicht, aber ich denke, ich komme zurecht.« Ariane seufzte. »Hoffe ich jedenfalls.«
»Hättest du doch bloß gestern schon angerufen, dann hätte ich meine Arbeit Arbeit sein lassen und wäre gekommen. Du solltest das nicht ohne verlässliche Rückendeckung machen müssen. Apropos – ist der Shade noch in der Nähe?«
Ariane wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Schließlich entschied sie sich für die kürzeste Antwort.
»Nein.«
Elena seufzte. »Verdammt! Ich hätte so gern unrecht gehabt. Es schien so, als hättet ihr beide da wirklich was Gutes am Laufen. Soll ich ihn ausfindig machen und ihm den Hintern versohlen? Das mache ich glatt.«
Ariane lachte, und auf einmal schien ihr Kummer nicht mehr gar so riesig zu sein. »Nein. Ich erzähle es dir demnächst mal ausführlich. Wenn das hier vorbei ist, komme ich mal mit einer Flasche Wein bei dir vorbei.«
»Tu das. Und bleib eine Zeit lang. Die Wohnung steht leer, für alle Fälle.«
»Vielleicht tue ich das wirklich.« Es war nicht einfach, sich darüber Gedanken zu machen. Aber irgendwann würde sie nicht mehr darum herumkommen. Sie musste sich noch immer überlegen, wie es mit ihrem Leben weitergehen sollte. Daran hatte sich nichts geändert. Wenigstens hatte sie in Charlotte eine Freundin, auch wenn die Stadt sie dauernd an Damien erinnern würde. Sie würde sehen.
Es wurde Zeit, das Gespräch zu beenden. Sie hatte bei dem Treffen zwar nur eine kleine
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