Vertraute Schatten
stelle«, sagte Ariane. »Er hält mich wahrscheinlich für alles Mögliche, aber bestimmt nicht für einen Feigling.«
Damien schaute sie streng an, doch sie wich seinem Blick aus und zog den kleinen Dolch aus der Scheide an ihrem Oberschenkel. Viel machte er nicht her, aber es musste reichen. Sie hätte nie ihr Schwert im Auto liegen lassen dürfen.
Aber das machte vermutlich sowieso keinen großen Unterschied mehr.
»Warum habe ich von dieser Regel nie etwas gehört?«, schnauzte Damien sie an. »Ich habe nie gehört, dass ein Grigori jemanden getötet hätte.«
»Weil niemand so dumm ist, gegen sie zu kämpfen, und es ist auch nie ein Grigori fahnenflüchtig geworden. Die Grigori sind sehr diszipliniert«, erklärte Diana und sah Ariane nachdenklich an. »Es spricht sehr für dich, dass du so viel für deinen Freund riskiert hast.«
»Darüber lässt sich streiten«, erwiderte Ariane. »Hört mal, ich habe euch in Gefahr gebracht, aber damit muss jetzt Schluss sein. Ich habe falsch eingeschätzt, wie wichtig ihnen die Suche nach mir ist. Das war mein Fehler. Ich hätte es mir denken können. Oren hat ein … ein Problem mit mir.« Sie schaute Diana an. »Es tut mir leid.«
Besorgt lächelnd schüttelte diese den Kopf. »Du musst dich nicht entschuldigen. Für mich und meine Schwestern stellt er keine Gefahr dar, solange wir nicht für dich in den Kampf ziehen. Und du verstehst sicher, warum wir das nicht tun können.«
Ariane nickte. Einen Streit mit den Grigori vom Zaun zu brechen wäre angesichts der aktuellen Schwäche der Empusae ein gewaltiger Fehler.
Vlad runzelte die Stirn. »Du willst also gegen ihn antreten?«
»Ich gehe jedenfalls nicht mit ihm zurück«, bekräftigte Ariane. »Lieber sterbe ich.«
Erst als die Worte ausgesprochen waren, begriff sie, wie ernst es ihr damit war. Wenn Oren sie zurückbrachte, würde sie ohnehin sterben. Ihr Leben würde sie lieber hier verlieren, unter Leuten, denen etwas an ihr lag, als in der gnadenlosen Stille der Wüste.
Damien fluchte leise vor sich hin. »Hör auf damit. Niemand wird sterben, abgesehen von diesem geflügelten Schnüffler da draußen.«
An Damiens bissige Kommentare, an seine Ausraster hatte sie sich inzwischen gewöhnt, von seinen Fähigkeiten als Kämpfer hatte sie bislang kaum etwas mitbekommen, wie sie nun, reichlich spät, feststellen musste – und wenn man seinen ständigen Sprüchen Glauben schenkte, war er einer der besten.
Und das war nicht gelogen.
Damien war schnell wie der Blitz. Er stieß die Tür zum Konservatorium auf und durchquerte den Raum mit einer Geschwindigkeit, dass seine Füße kaum den Boden zu berühren schienen. Bevor Ariane auch nur einen Mucks von sich geben konnte, sprang er durch ein Fenster in die Dunkelheit hinaus.
»Nein«, hauchte sie, während von unten das wütende Fauchen einer Katze zu ihr hochtönte. Sie warf einen skeptischen Blick auf den Dolch in ihrer Hand und schaute zu Vlad.
»Bitte«, flehte sie. Ihr Kopf begann zu pochen. Oren würde Damien töten. Das stand fest. Und obwohl allein der Gedanke, für den Tod eines anderen verantwortlich zu sein, unerträglich schien, war die Vorstellung von Damiens zerschmettertem Körper noch viel schlimmer.
Wortlos zog Vlad einen langen Dolch mit Silbergriff aus einer Scheide an seinem Gürtel und reichte ihn ihr. Sie nahm ihn, bedankte sich kurz, und schon wirbelte sie herum und folgte Damien durch das Fenster. Nur sprang sie nicht nach unten wie ihr Möchtegernretter, sondern klappte die Flügel aus und schoss wie eine Rakete in den nächtlichen Himmel.
Vlad und Diana schauten ihr hinterher, sahen aber nur noch ein letztes Aufblitzen ihrer Flügel.
»Da steckt mehr dahinter«, murmelte Vlad.
»Halt dich da raus«, warnte ihn Diana leise, aber eindringlich. »Was immer in der Wüste los ist, wir müssen abwarten, was Mormo uns rät. Im Moment bewahrt die Empusae nur der Beistand der Dracul vor dem Abgrund.« Sie packte Vlad am Arm. »Sie wird erwachen. Wie immer.«
Er schaute sie aus seinen hellblauen Augen an, in denen die Zweifel nicht zu übersehen waren. »Bis zu dem Tag, an dem sie nicht mehr erwacht, Diana. Du und deine Schwestern müsst auf diesen Tag vorbereitet sein. Und ich selbst habe auch Verpflichtungen.«
Sie holte tief Luft und schien ihn einen Moment lang beschimpfen zu wollen. Doch dann neigte sie nur leicht den Kopf. »Tu, was du für richtig hältst«, sagte sie förmlich.
Dann sah er ihre Seidenschleier wirbeln, und schon
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