Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vertraute Schatten

Vertraute Schatten

Titel: Vertraute Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
Vom Netzwerk:
eines Ältesten in mir habe? Warum ist das so wichtig? Keiner von ihnen wird Anspruch auf mich erheben. Ich bin nichts, niemand. Wie du gesagt hast, ich kenne keine Geheimnisse.«
    »Weil«, antwortete Oren, dem schwarzes Blut aus dem Mundwinkel tropfte, »jeder von uns ein lebendes Geheimnis ist, Ariane. Und du bist eine klägliche Grigori, aber das Blut der Ältesten erhellt deine Seele. Du … du bist wie geschaffen, die Auferstehung zu verhindern … für weitere hundert …«
    Ein heftiger Hustenanfall hinderte ihn am Weiterreden. Als er zu Ende war, schienen Orens Augen klarer, seine Atmung dafür flacher. Sie musste zuschauen, wie er starb. Dabei hatte sie so viele Fragen …
    »Er rüttelt und hungert unter dem Sand«, krächzte Oren, dessen Blick keinen festen Punkt mehr erfasste. »Geh nach Hause, ehe du uns alle vernichtest.«
    Dann ging er, zu Arianes Schrecken, in Flammen auf.
    »Nein!«, schrie sie und lief los. Der Dolch fiel ihr aus der Hand, ohne dass sie dies bewusst wahrgenommen hätte, und sie rannte zu Oren und begann, mit bloßen Händen die Flammen auszuschlagen. Sie hatte fortgewollt – von ihm, von allen Grigori. Sie hatte gewollt, dass er sie in Ruhe ließ. Aber der Tod Orens erschütterte sie bis ins Mark, und in ihr schien etwas zu zerbrechen.
    Als er zu einem Häufchen Schlacke und Asche zerfallen war, taumelte Ariane nach hinten. Ihr war elendiglich übel. Sie hatte einen der ihren getötet.
    Die Schreie von blutüberströmten Menschen, die sie geliebt hatte, an die sie sich aber kaum erinnern konnte, hallten durch ihr Gedächtnis und vermengten sich unter einem gleichgültigen Sternenhimmel mit Arianes ersticktem Weinen.

13
    Er hatte geglaubt, sie würde sterben.
    Damien hatte geglaubt, Arianes Körper zerschmettert und leblos auf dem Boden liegend zu finden oder zu sehen, wie Oren ihre erschlaffte, dem sicheren Tod geweihte Gestalt davontrug. Stattdessen kniete Ariane neben der Asche ihres Angreifers, wider Erwarten am Leben, jedoch so gramgebeugt, dass sie zunächst kaum mehr als ein Gespenst mit glasigen Augen zu sein schien.
    Die Erleichterung, die er bei ihrem Anblick empfunden hatte, hätte ihn beinahe in die Knie gezwungen.
    Es war das erste Mal seit über hundert Jahren, dass er ein derartiges Entsetzen empfunden hatte. Deshalb hatte er auch nicht gewagt, sie zu berühren. Stattdessen war er ein Stück entfernt stehen geblieben und hatte gewartet, bis sie sich wieder gefasst hatte.
    »Du hättest mich das machen lassen sollen«, hatte er schließlich gesagt, als sie wortlos und wie unter Schock auf ihn zugekommen war. »Er hat es nicht verdient, dass du um ihn trauerst. Ich tue das jedenfalls nicht.«
    Das meinte er durchaus ernst, aber er hoffte auch, sie damit zu provozieren – Hauptsache, irgendetwas riss sie aus ihrer Erstarrung und ihrem Elend. Doch Ariane schüttelte nur leicht den Kopf.
    »Ich kann meine Kämpfe schon selbst kämpfen«, war ihr einziger Kommentar gewesen, während sie auf die Straße zugingen. Oh ja, das konnte sie wirklich, dachte Damien. Warum es ihm so viel ausmachte, dass sie das konnte, war eine Frage, die ihn noch länger beschäftigen sollte.
    So auch, als er es sich in Vlad Draculs privatem Flugzeug bequem gemacht hatte.
    Vlad und Damien saßen sich gegenüber, jeder einen Cocktail vor sich. Damien machte sich nicht viel aus Wodka, aber vielleicht ließen sich damit wenigstens seine gereizten Nerven beruhigen. Ariane saß auf der kleinen Ledercouch hinter Vlad und starrte in die Nacht hinaus. Sie hatte sich in dem winzigen Badezimmer so gut wie möglich gereinigt, aber ihr blutbespritztes Kleid erinnerte nur zu gut an das, was geschehen war.
    »Willst du wirklich, dass wir uns bei dir einquartieren?«, fragte Damien, der sich mit Vlads Großzügigkeit, die für ihn etwas Herablassendes hatte, nicht recht anfreunden konnte. »In Chicago gibt es genügend sichere Orte, an die ich Ariane bringen kann und wo von uns beiden garantiert niemand Notiz nimmt. Das wäre für dich auch viel einfacher.«
    Vlad machte eine abwehrende Handbewegung. »Wenn ich euch nicht bei mir haben wollte, hätte ich gar nicht erst nach euch gesucht.« Er sah Damien wissend an. »Krieg dich wieder ein, Damien. Ich will euch nicht bevormunden. Aber es interessiert mich, was ihr macht.«
    »Klar doch«, murmelte Damien. »Du interessierst dich für alles, was dich nichts angeht.«
    »Genau wie du«, erwiderte Vlad mit einem flüchtigen Lächeln und deutete mit dem Kopf in

Weitere Kostenlose Bücher