Vertraute Schatten
Grigori verfolgt hat, noch darüber, dass der Anführer der Grigori verantwortlich für den ganzen Schwachsinn neulich ist, und schon gar nicht über die weibliche Grigori. Er hat sich nur äußerst widerwillig bereit erklärt, sie dem Anführer der Grigori gegenüber nicht zu erwähnen. Denn wenn Sariel sich nicht bei ihm entschuldigt und ihm ein paar Dinge – vor allem eine Entschädigung für meine Nahtoderfahrung – zusichert, ist der Vertrag zwischen dem Haus der Schatten und den Grigori null und nichtig. Trotzdem muss ich weiterarbeiten und werde vermutlich nicht mal dafür bezahlt.« Er holte tief Luft und legte den Kopf in den Nacken. »Das kommt für mich also dabei heraus, dass ich mich mit einem Haufen Grigori rumschlagen darf. Wenn noch irgendjemandem in meiner Umgebung Flügel wachsen sollten, schlage ich ihm den Kopf ab und zünde ihn an. Allmählich habe ich die Schnauze voll.«
Vlad kicherte leise, und jetzt endlich drehte Damien sich zu ihm um und sah ihn an.
»Das hat dich jetzt nicht verjagt? Verdammt, ich war auch schon mal besser.« Neugierig starrte er auf das in Leder gebundene Buch in Vlads Hand. »Hast du meine Arbeit für mich erledigt? Das will ich jedenfalls schwer hoffen.«
Vlads Mund verzog sich zu einem Lächeln, in dem allerdings auch eine Spur Enttäuschung lag.
»Nein. Nirgendwo wird etwas erwähnt, das sich ›Auferstehung‹ nennt. Ich habe bereits zwei meiner ältesten Bände durchgesehen, aber es taucht nicht mal ein ansatzweise ähnlicher Begriff auf.«
Damien zuckte mit den Schultern, um seine Enttäuschung zu überspielen. Normalerweise war der Dracul ein wandelndes Lexikon, wenn es um alte Vampirgeschichten ging. »Vielleicht hat sie ihn falsch verstanden. Vielleicht hat er ihr nur einen Floh ins Ohr setzen wollen, bevor er in Flammen aufgegangen ist.«
»Ich weiß es nicht. Es ist schon komisch, sich als Vampir jung zu fühlen, aber dies ist eine der Gelegenheiten, wo ich wünschte, ich hätte so viele Jahre auf dem Buckel wie Mormo und Arsinöe.« Vlad schüttelte den Kopf. »Und einen von den beiden zu fragen ist unmöglich, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.«
Damien sah zu, wie Vlad zur Wand ging und das Buch wieder in eins der vielen Regale zurückstellte, die voller wertvoller Bücher standen, von Vampirgeschichten bis zu moderner Literatur. Sein Freund wirkte müde und besorgt, was beides ungewöhnlich für ihn war. Andererseits war es gut zu wissen, dass er nicht der Einzige war, dem es so ging.
Rastlos verlagerte Damien das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und lehnte sich dann an die Rückenlehne eines der Sessel, die im Raum verteilt standen. Zum einen war diese Ruhelosigkeit zweifellos dem bisher so ergebnislosen Abend geschuldet – die einzige auch nur ansatzweise Erfolg versprechende Spur würde er erst morgen weiterverfolgen können, und er
hasste
es zu warten –, aber seine Stimmung hatte auch noch einen anderen Grund, über den er lieber nicht genauer nachdenken wollte. Er verstand nicht recht, was in ihm vorging – aber er hatte den Verdacht, dass es genau das war, was Drake meinte, wenn er davon sprach, dass ein Shade »seinen Biss verlor«. Woraufhin Drake den gemeinten Shade regelmäßig hatte beseitigen lassen.
»Dann ist dein Vertrag also ohne Erklärung oder Entschuldigung von Seiten der Grigori aufgekündigt worden«, sagte Vlad. »Interessant. Selbst Sariel würde normalerweise irgendeine Art von Wiedergutmachung anbieten, wenn einer seiner Männer versucht, den angeheuerten Helfer umzubringen. Mit dem Haus der Schatten legt man sich lieber nicht an.«
»Tja nun – vielleicht hätte er ja Wiedergutmachung angeboten, wenn ich nicht nur eine Gossenkatze wäre, die davon lebt, anderen die Gurgel durchzuschneiden. Aber da ich das nun mal bin, halten mich die meisten Blaublute für … entbehrlich. Abgesehen von dir natürlich.« Damien grinste. »Du bist ja so dermaßen fortschrittlich.«
Vlad warf ihm einen galligen Blick zu und ließ sich in einem der übergroßen, abgenutzten Ledersessel nieder. »Nein, in deinem Fall scheine ich nur eine masochistische Ader zu haben.« Er legte die Beine übereinander, ließ das eine auf dem Knie des anderen ruhen und betrachtete Damien eine Zeitlang. »Apropos fortschrittlich – ich bin überrascht, dass du dich nicht sofort auf die Suche nach deiner neuen Partnerin gemacht hast.«
Damien kniff die Augen zusammen. Er hatte schon darauf gewartet, dass die Sticheleien wieder anfingen.
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