Vertraute Schatten
Genugtuung darüber nicht anmerken zu lassen. Er war zu ihr zurückgekehrt. Das war nichts Großartiges … aber sie hatte das Gefühl, dass es für Damien schon etwas Besonderes war, wenn er auch nur ein klein wenig von seiner Routine abwich. Das verstärkte ihr Gefühl, dass da irgendetwas zwischen ihnen war, irgendeine seltsame Verbindung.
Vielleicht war es Schicksal – jenes Thema, das ihre Dynastie so häufig beschäftigte. Vielleicht war es aber auch etwas viel Gewöhnlicheres. Sie wünschte nur, sie hätte mehr Erfahrung in solchen Dingen.
Ariane öffnete die Tür. Damien lehnte im Türrahmen, ganz der verwegene Gauner. Unter dem Blick, mit dem er sie musterte, liefen ihre Wangen sofort rot an. Sie würde sehr vorsichtig vorgehen müssen. Sich gedanklich mit Damien zu beschäftigen war etwas ganz anderes, als ihn leibhaftig vor sich stehen zu haben.
Er richtete den Blick auf den Dolch, den sie noch immer in der Hand hielt. »Du hast genau drei Minuten, um mich anzuschreien«, sagte er. »Danach, dachte ich, könnten wir ins Kino gehen. Hier ist es todlangweilig.«
Sprachlos starrte sie ihn an. Es dauerte einen Moment, bis sie seine Worte verdaut hatte, die ihrem Ärger sogar dann den Wind aus den Segeln genommen hätten, wenn sie noch richtig wütend auf ihn gewesen wäre. Offensichtlich war er darin Experte. Er war wirklich unmöglich. Wie viele Frauen ihn wohl schon angeschrien und irgendetwas nach ihm geschmissen hatten?
Vermutlich einige.
»Wieso sollte ich dich anschreien wollen?«, fragte sie.
Verblüfft sah er sie an. »Na ja … ich dachte, du wärest sauer auf mich, weil ich allein losgezogen bin.« Er betrachtete sie aufmerksam. »Außer du willst damit sagen, du hast keinen Bock auf Geschrei. Drei Minuten angeschwiegen werden ertrage ich notfalls auch, aber mehr nicht.«
Ariane zuckte mit den Schultern. Sie konnte nur hoffen, dass das bei ihr genauso lässig wirkte wie bei ihm. »Ich bin ein bisschen später als sonst aufgestanden. Und du warst ja nicht die ganze Nacht weg, also wo liegt das Problem? Alles ist bestens.«
Damien ließ den Blick forschend über ihr Gesicht gleiten, und seine offensichtliche Verwunderung war es allemal wert, dass sie ihren Ärger hinuntergeschluckt hatte.
»Alles ist bestens heißt im Klartext: Du willst mich erdolchen, stimmt’s?«
Sie konnte sich das Grinsen kaum verkneifen. »Nein. Ich hole meine Handtasche. Kino ist eine gute Idee.« Sie ging zurück ins Zimmer und spürte, dass er ihr folgte.
»Willst du mich nicht ausfragen? Mich löchern, ob ich irgendwas Brauchbares rausgefunden habe, während ich ohne dich auf der Jagd nach Informationen war?«
Ariane griff nach ihrer Handtasche und öffnete sie, um sich zu vergewissern, dass der kleinste ihrer Dolche noch drin war. »Nein, Damien. Ich gehe davon aus, dass du es mir erzählst, wenn du auf irgendwas Wichtiges gestoßen bist.«
Als sie sich umdrehte, stellte er sich blitzschnell vor sie und starrte auf sie hinunter. Fasziniert betrachtete sie ihn. Wie er reagierte, wenn ihm die Kontrolle über eine Situation entglitt, war … interessant.
»Wie kommst du auf so eine lächerliche Idee? Mit Lügen verdiene ich meinen Lebensunterhalt, Kätzchen. Ich meine, ich hätte das schon mal erwähnt.«
»Wir haben beschlossen zusammenzuarbeiten. Wieso solltest du es mir also nicht erzählen? Mir etwas Wichtiges zu verschweigen wäre ziemlich dumm. Und dumm bist du nicht.«
Das schien ihn nachdenklich zu stimmen. »Na gut. Klingt logisch.«
»Ja. Und wenn Grigori etwas sind, dann logisch.« Sie lächelte ihn an und versuchte, um ihn herumzugehen, aber sofort trat er wieder vor sie, geschmeidig wie eine Katze.
»Dass du mir neulich nachts mit deinem verdammten Riesenschwert den Kopf abhacken wolltest, war aber nicht sehr logisch.« Er stand ganz dicht vor ihr, und seine Stimme hatte diesen samtweichen Ton angenommen, den sie immer anzunehmen schien, wenn er ihr so nahe kam. Und dann sein Geruch – diese Mischung aus teurem Rasierwasser und etwas Undefinierbarem, Unwiderstehlichem.
»Oh doch«, erwiderte Ariane, aber ihre wachsende Erregung nahm ihrer Erwiderung einen Teil ihrer Schärfe. »Dich umbringen zu wollen war durchaus sinnvoll, schließlich hättest du beinahe denjenigen ermordet, der mir als Einziger einen Hinweis hätte geben können.«
Er lachte leise. »Jetzt klingst du wie ein Shade.«
»Ist das ein Kompliment? Und ja, ich kann tatsächlich prima auf mich aufpassen, danke.«
»Nicht
Weitere Kostenlose Bücher